Montag, 29. September 2014

Der deutsche Arbeitsmarkt, das Alter und die Liebe

Der schlechte Arbeitsmarkt macht alten Menschen oft das Leben schwer


Ich möchte heute einmal ein etwas anderes Thema aufgreifen als sonst. Es handelt sich dabei um die Arbeitsmarktsituation für ältere Menschen in Deutschland und die Probleme, die daraus für ältere Singles entstehen können.

Mein Mann und ich sind ja selbst in einem etwas höheren Alter durch die Scheidung von unseren Ex-Partnern in die Lage gekommen, dann wieder nach einer neuen Liebe zu suchen. Auch für uns war es im Jahr 2007 nicht einfach, die Arbeit, unsere Beziehung und die 80 km Entfernung, die damals zwischen unseren beiden Wohnorten lagen, so zu überbrücken, dass uns nicht sehr oft die Sehnsucht nach dem anderen gequält hat. Wir konnten die Situation aber dann deshalb managen, weil Randstad an vielen Orten Zweigstellen hat und Jürgen von der Zweigstelle Ahrensburg nach Kiel wechseln und so auch problemlos zu mir umziehen konnte, als wir uns sicher waren, dass wir zusammenpassen und uns trauen, in einer gemeinsamen Wohnung zu leben.

Ich erlebe aber durch die Tatsache, dass ich über viele Jahre in dem sozialen Netzwerk geblieben bin, bei dem ich mich einmal aufgrund der Partnersuche im Alter registriert habe, auch heute noch immer wieder mit, wie schwierig es der Arbeitsmarkt in Deutschland besonders älteren Menschen macht, sich häufig zu besuchen oder den Schritt des Zusammenlebens zu wagen.

Gerade im Moment leidet eine meiner besten Freundinnen aus diesem sozialen Netzwerk sehr darunter, dass ihre neue Liebe 200 km entfernt wohnt, oft auch am Wochenende noch arbeiten muss und Treffen deshalb oft über längere Zeiträume nicht möglich sind. Sie selbst ist bereits Frührentnerin und hat ein schönes eigenes Haus, das natürlich gehalten werden soll. Es wäre ja auch schade darum. Er ist in ihrem Alter und hat einen Arbeitsplatz, aber in diesem Alter natürlich das Problem, dass es in Deutschland so gut wie aussichtlos ist, mit über 50 oder gar über 60 Jahren noch einen neuen Arbeitsplatz an einem anderen Wohnort zu finden. Dort muss er wie heute so oft üblich sehr flexibel sein und oft auch am Wochenende arbeiten. Für die junge Liebe der beiden ist das keine einfache Situation.

Bei einem anderen Freund von mir aus dem gleichen sozialen Netzwerk ist die Lage in etwa umgekehrt. Er ist Witwer, auch Frührentner, hat auch ein eigenes Haus, das er nicht gern aufgeben möchte. Seine neue Liebe wohnt auch weiter weg und hat keine feste Arbeit, aber das Problem, vom Jobcenter aus ständig erreichbar sein zu müssen und auch häufig zu monatelangen Weiterbildungen geschickt zu werden. Auch diese beiden sind über oder fast 60 und leiden oft sehr unter den wochenlangen Trennungen, die sich daraus ergeben.

Diese beiden Paare sind nur Beispiele. Ich erlebe seit Jahren immer wieder mit, wie schwer es der Arbeitsmarkt in Deutschland Menschen macht, sich im Alter neu zu verlieben und eine gemeinsame Zukunft auf die Beine stellen zu können.

Wie einfach war es da doch früher, als ich noch jung war. Da gab es genug Arbeit für alle Menschen und das Alter stellte kein Problem dar, wenn man vor hatte umzuziehen und an einem anderen Ort noch einmal von vorn anzufangen.

Gerade in meinem Alter suchen viele Menschen nach einem neuen Partner. Die Gründe sind nicht selten der Tod eines geliebten Menschen, aber auch oft der Auszug der Kinder, die sogenannte Empty-Nest-Situation, durch die sich dann für allein gelassene Paare, deren Kinder flügge geworden sind, so große Probleme ergeben können, dass es im hohen Alter zur Trennung kommt. Auch die Midlife-Crisis macht älteren Menschen oft zu schaffen. Gerade die Tatsache, dass sie auch noch über den Arbeitsmarkt erleben müssen, wie negativ unsere heutige Gesellschaft ältere Menschen einschätzt, macht es nicht einfacher, damit fertig zu werden, wenn man merkt, dass die Kraft nachlässt, dass man schlechter sieht und hört und deshalb einfach nicht mehr so schnell sein kann wie in der Jugend und auch oft etwas anfälliger für Krankheiten wird.

Früher wurde es toleriert, dass ältere Menschen nun einmal ein wenig an Leistungsfähigkeit einbüßen. Ihre Erfahrung wurde geschätzt und sie erfuhren trotzdem genug Wertschätzung. Heute wird jede Sekunde gemessen, die ein Mensch langsamer arbeitet als ein anderer und die Alten bleiben auf der Strecke. Oft werden sie deshalb sogar im hohen Alter entlassen und müssen dann erleben, auf Bewerbungen gar keine Antwort zu bekommen oder wenn, dann eine Absage nach der anderen. Was sie können, wird nicht anerkennt. Sie werden in Praktika als kostenlose Arbeitskräfte schamlos ausgenutzt oder nur kurzfristig beschäftigt, weil es vom Jobcenter Zuschüsse gibt, um sie anschließend wieder zu entlassen, was dem ohnehin angeschlagenen Selbstbewusstsein schadet. Sie werden, wenn sie wirklich noch Arbeit finden sollten, oft nur in Nebenjobs und schlecht bezahlt eingestellt und büßen so aufgrund von Geldmangel auch sehr an Mobilität ein.

Und das geht auf die Psyche. Viele Beziehungen zerbrechen daran, und das in einem Alter, wo ein Mensch eigentlich den geliebten Partner als Stütze doch so braucht.

Und wenn ältere Menschen dann doch wieder den Mut aufbringen, nach einer neuen Liebe zu suchen und sie sogar finden, dann kommt oft wieder der Arbeitsmarkt ins Spiel und macht Entfernungen von oft nicht einmal 100 km zu einem Riesenproblem, und wenn es noch weiter weg ist, dann noch mehr.

Tja .. armes Deutschland ... was ist aus Dir geworden. Ich habe Dich einmal als blühendes Land erlebt, in dem auch ältere Menschen keine Angst und Not erleben mussten und sich ohne Probleme auch in einen Menschen verlieben konnten, der nicht um die Ecke wohnt.

LG
Renate

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