Vermieterinsolvenz
Unterschied Insolvenzverwaltung zu Zwangsverwaltung
Rechte der Mieter, wenn sowas passiert
Hei ... also eher per Zufall haben wir mal vor längerer Zeit erfahren, dass das Mietshaus, in das wir eingezogen sind, das schon beim Einzug von einer durch wen auch immer eingesetzten Hausverwaltung stand, eigentlich unter Insolvenzverwaltung stand (in dem uns damals vorliegenden Schreiben stand was von Konkursverwaltung). Ich vermute, besagte Konkursverwaltung oder Insolvenzverwaltung hat dann diese Hausverwaltung beauftragt, in ihrem Sinne zu arbeiten.
Warum das nun anders gemacht wurde, entzieht sich unserer Kenntnis, jedenfalls bekamen wir ja nun am Freitag ein Schreiben, ab sofort stünde das Haus nun unter Zwangsverwaltung und die Miete sei beschlagnahmt.
Ich war mal googeln, was einem da eigentlich alles passieren kann, also generell bei Konkursverwaltung, was wohl ein veralteter Begriff für Insolvenzverwaltung ist und was der Unterschied von Insolvenzverwaltung und Zwangsverwaltung ist.
Ich habe da einige Links gefunden, die nicht alle genau das Gleiche aussagen und dann noch eine so denke ich recht gut brauchbare Datei von einem Richter aus Rostock, die ich einfach mal hier rein kopieren werde .. dann kommt der doch recht gute Text nicht weg.
Aus der geht im Prinzip hervor, dass bei so großen Objetkten wie unseren drei Sozialblocks der Insolvenzverwalter genauso wie später der Zwangsverwalter durchaus ähnlich wie vorher der Vermieter im Interesse der Mieter handeln muss, also Betriebskostenvorauszahlungen anständig verrechnen, auch wenn es länger zurück liegt, die Mietkaution zurück erstatten, falls man mal auszieht und das Haus in Ordnung halten usw. und als Mieter hat man auch der Zwangsverwaltung gegenüber Rechte .. selbst bei einem Verkauf muss der neue Käufer die Mieter, wenn es kein kleines Einfamilienhaus und dann Eigenbedarf ist, durchaus übernehmen und man kann nicht einfach raus fliegen.
In lang gleich und die Links noch vorher.
LG
Renate
MIETGERICHTSTAG 2008
7. März 2008
Hans-Georg Eckert, Vors. Richter am OLG a. D., Rostock
Mietvertragsdurchführung und –abwicklung mit dem Zwangsverwalter
Trotz etlicher einschlägiger Entscheidungen des Bundesgerichtshofs werfen die
Durchführung und Abwicklung eines Mietverhältnisses mit dem Zwangsverwalter, der an
Stelle des Grundstückseigentümers und Vermieters die Vermieterrechte und –pflichten
wahrzunehmen hat, ungelöste Fragen auf. Die Interessen des Mieters und des
Zwangsverwalters divergieren. Dem Mieter will das Mietverhältnis ohne Beeinträchtigung
durch die Zwangsverwaltung durchführen und zusätzlich günstige Rechtsfolgen mitnehmen,
die er wegen der finanziellen Engpässe des Vermieters schon abgeschrieben hatte. Umgekehrt
wehrt sich der Zwangsverwalter, der aus dem beschlagnahmten Objekt möglichst viel
„herausholen“ muss, gegen die Schmälerung des Verwaltungsvermögens durch Erfüllung von
Vermieterverbindlichkeiten. Bei dieser Interessenkollision ist nach wie vor vielfach unklar,
ob sich die Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter oder den Zwangsverwalter richten
und umgekehrt, wer Ansprüche gegen ihn erheben kann. Zusätzliche Schwierigkeiten bereitet
das Informationsdefizit des Zwangsverwalters, der zwar die Aufgaben des Vermieters erfüllen
soll, aber nicht über dessen Wissen verfügt.
I. Fortführung des vor Beschlagnahme vollzogenen Mietverhältnisses
1. Verwaltungsauftrag und Beschlagnahmewirkung
Ein vom Grundstückseigentümer eingegangenes Mietverhältnis, das nicht durch Überlassung
des Mietobjekts vollzogen ist, darf der Zwangsverwalter erfüllen, muss es jedoch nicht. § 152
Abs. 2 ZVG bindet ihn ausdrücklich nur an das bereits vollzogene Mietverhältnis. Er ist nicht
Rechtsnachfolger wie der Grundstückserwerber. Auch entspricht seine Funktion nicht der
eines Insolvenzverwalters. Ohne Stellvertreter des Vermieters zu sein, hat der
Zwangsverwalter dessen Rechte wahrzunehmen und dessen Pflichten zu erfüllen.1 Seine
Hauptaufgabe ist die Fruchtziehung, insbesondere die Einziehung der beschlagnahmten
Forderungen. § 148 ZVG verweist auf § 21 Abs. 1 ZVG, der wiederum mit den Regeln zum
Hypothekenverband (§§ 1123 ff. BGB) korrespondiert. Beschlagnahmt sind demnach die
laufenden und rückständigen Mietforderungen, nach § 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB allerdings
nicht offene Forderungen, die mehr als ein Jahr vor Beschlagnahme fällig geworden sind. Da
diese Bestimmung auf Fälligkeit abstellt, ist unerheblich, für welchen
Gebrauchsgewährungszeitraum die Miete bestimmt ist. Wichtig ist dies für die
Nebenkostennachzahlung, die erst mit Abrechnung fällig wird. Bei nachträglicher
Mietzahlung ist die Ausrichtung an der Fälligkeit für die Gläubiger günstig, bei
Vorauszahlung ungünstig. Deshalb schränkt § 1123 Abs. 2 Satz 2 BGB das Fälligkeitsprinzip
ein. Als Teil des Gebrauchsüberlassungsentgelts ist auch der Anspruch auf die
Betriebskostenzahlungen beschlagnahmt;2 selbstverständlich ist dies nicht, denn der
Zwangsverwalter kann sie nicht zur Befriedigung der Gläubiger einsetzen, weil er diese
durchlaufenden Posten entweder an Versorgungsträger, öffentliche Hand, Versicherer usw.
abführt oder aber an den Mieter zurückerstattet. Im Übrigen würde diese Aufteilung bei der
Inklusiv- oder Teilinklusivmiete nicht gelingen.
1 BGH, Urt. v. 3. 5. 2006 – VIII ZR 168/05, NJW 2006, 2626 = NZM 2006, 581= ZfIR 2006, 689 = ZMR
2006, 601.
2 BGH, Urt. v. 26. 3. 2003 – VIII ZR 333/02, NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528.
2
2. Bindung an den Mietvertrag
An den vor Beschlagnahme vollzogenen Mietvertrag ist der Verwalter gem. § 152 Abs. 2
ZVG ohne Sonderkündigungsrecht gebunden. Probleme bereiten die unrentablen
Vermietungen gewerblich genutzter Mieträume oder Wohnungen zu einer extrem niedrigen
Miete, nicht selten unter 50 % der Marktmiete; vielfach ist Mieter eine i. S. d. § 138 InsO
nahestehende Person – z. B. ein Angehöriger des Eigentümers oder eine von ihm gelenkte
Kapitalgesellschaft. Da das ZVG dem Zwangsverwalter keinen der Insolvenzanfechtung (§§
129 ff InsO) entsprechenden Rechtsbehelf gibt, versucht er, mit dem Einwand der
Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) eine Vermietung zu unangemessen niedrigem Entgelt
aufzulösen. In aller Regel ist dies aussichtslos, denn das Äquivalenzmissverhältnis reicht
nicht, zumal der durch die Preisvereinbarung benachteiligte Vermieter (= Eigentümer)
regelmäßig mitgespielt hat. Ein Vertrag, der wegen Gläubigerbenachteiligung gem. §§ 129,
133 Ab. 2 InsO anfechtbar wäre, ist nicht schon deshalb sittenwidrig. Hierzu bedarf es eines
kollusiven Zusammenwirkens des Vermieters und des Mieters mit dem Ziel, die Gläubiger
des Vermieters zu benachteiligen. Ohne die bei der Insolvenzanfechtung bedeutsame
Unterstützung durch Beweisanzeichen muss der Zwangsverwalter die die Sittenwidrigkeit
begründenden Tatsachen, insbesondere in subjektiver Hinsicht, nachweisen, was in der Regel
nicht gelingt, aber auch nicht ausgeschlossen ist.3
3. Information des Zwangsverwalters über Mietvertrag und Mietobjekt
Ein nicht zu unterschätzendes praktisches Problem des Zwangsverwalters ist die
Informationsbeschaffung. Er sieht zwar, welche Mieträume genutzt werden, aufgrund
welchen Rechtsverhältnisses dies geschieht, weiß er nicht. Zwar erlaubt der
Beschlagnahmebeschluss auch den Zugriff auf das Zubehör, also die zur Verwaltung des
Grundstücks notwendigen Unterlagen. Gleichwohl wird es dem Verwalter vielfach nicht
gelingen, sie zu erlangen, insbesondere weiß er nicht, ob sie vollständig sind. Zudem ist die
Herausgabevollstreckung zeitraubend. Vollstreckungsschuldner sind in aller Regel nicht
kooperativ; nicht selten sind sie abgetaucht. Deshalb stellt sich die Frage, inwieweit der
Mieter dem Zwangsverwalter bei der Informationsbeschaffung helfen muss.
a) Besichtigung des Mietobjekts
Keine Bedenken bestehen gegen eine Besichtigung des Mietobjekts durch den
Zwangsverwalter. Sie belastet den Mieter nicht stärker als die eines Kaufinteressenten oder
Erwerbers. Der Zwangsverwalter wird sogar zur Besichtigung im Rahmen seines
Verwaltungsauftrags verpflichtet sein,4 nicht zuletzt auch im Interesse des Schuldners, um
sich ein Bild vom Zustand des verwalteten Objekts zu machen und Gefährdungen frühzeitig
zu erkennen, z. B. Verwahrlosung einer Wohnung.5 Er darf nicht darauf vertrauen, dass dem
Schuldner in der Vergangenheit derartiges aufgefallen wäre.
b) Einsicht in die Vertragsurkunden
Auch wird der Verwalter gem. § 810 BGB Einsicht in die wesentlichen Vertragsurkunden
verlangen können, wenn er sie nicht zeitnah vom Vermieter erlangen kann. Dass der
Verwalter, der wie der Vermieter handelt, ein rechtliches Interesse an der Einsicht in die
Vertragsurkunden hat, liegt auf der Hand. Demgegenüber kann der Mieter nicht einwenden,
der Zwangsverwalter müsse sich wie der Vermieter zurechnen lassen, dass er die
Vertragsurkunden nicht besitze, denn Einsicht kann auch derjenige verlangen, der den Verlust
3 BGH, Urt. v. 4. 2. 2005 – V ZR 294/03, NZM 2005, 433 = ZMR 2005, 431.
4 OLG Köln, Beschl. v. 25. 6. 2007 – 2 U 39/07, ZfIR 2008, 73.
5 Vgl. BGH, Urt. v. 23. 6. 2005 – IX ZR 419/00, NZM 2005, 700.
3
seiner Urkunde zu vertreten hat.6 Übersendung kann der Zwangsverwalter nicht verlangen, er
darf nur beim Mieter einsehen und hat diesem etwaige Kosten zu erstatten (§ 811 BGB).
c) Auskunftspflicht des Mieters
Vielfach verbindet der Zwangsverwalter mit dem Rundschreiben an die Mieter, dass die
Zwangsverwaltung angeordnet und die Miete nunmehr an ihn zu zahlen sei, die Bitte oder
Aufforderung, ihm alle für die Durchführung des Mietverhältnisses relevanten Tatsachen
mitzuteilen. Dass der Mieter nicht wahrheitswidrige Angaben machen darf,7 liegt auf der
Hand; fraglich ist, ob er dieses Schreiben beantworten muss und ob die Nichtbeantwortung
rechtliche Nachteile nach sich zieht. Allein auf das Rundschreiben hin wird er wohl nicht
reagieren müssen.
Gezielte Nachfragen hingegen wird der Mieter beantworten müssen. Grundsätzlich folgt aus
Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch, wenn zwischen den Beteiligten eine
Sonderverbindung besteht, der Auskunft Begehrende in entschuldbarer Weise über das
Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der in Anspruch
Genommene die Auskunft unschwer erteilen kann.8 Über die das Mietverhältnis betreffenden
Umstände ist der Zwangsverwalter in entschuldbarer Weise im Ungewissen, wenn er
erfolglos alles Zumutbare unternommen hat, um die erforderlichen Informationen von dem
Vermieter zu erlangen, und er sich dessen Wissen nicht zurechnen lassen muss. Bei strikter
Wissenszurechnung hingegen hätte der Zwangsverwalter keinen Auskunftsanspruch. Auch
wenn der Zwangsverwalter grundsätzlich wie der Vermieter zu behandeln ist, handelt er aus
eigenem Recht und erfüllt eigene Verpflichtungen. Kenntnisse des Vermieters sind ihm daher
nicht zuzurechnen. Unter der Voraussetzung, dass der Verwalter zuvor alles Erforderliche zur
Informationsbeschaffung getan hat, ist der Mieter auf eine gezielte Aufforderung hin zur
Auskunft verpflichtet. Vor einer erheblichen Belastung schützt ihn die Einschränkung, dass
die Auskunft unschwer zu erteilen ist. Zu bedenken ist auch, dass in den Fällen, in der der
Zwangsverwalter auf die Auskunft des Mieters angewiesen ist, weil sich der Vermieter um
nichts mehr gekümmert hat, die geordnete Verwaltung des Mietgrundstücks auch dem Mieter
Vorteile bringt.
4. Gebrauchsgewährung und Gewährleistung
Gem. § 4 ZwangsverwalterVO hat der Zwangsverwalter den Mieter über die Beschlagnahme
des Mietgrundstücks zur Zwangsverwaltung zu informieren. Den Mietvertrag hat er genauso
zu erfüllen wie der Vermieter. Insbesondere hat er für die Versorgung mit elektrischer
Energie und Wasser, für die Abwasserbeseitigung sowie für die Beheizung zu sorgen.9
a) Mangelbeseitigung
Da die Pflicht zur Gewährung des vertragsgerechten Mietgebrauchs eine Dauerverpflichtung
ist, ist er zur Mangelbeseitigung auch dann verpflichtet, wenn der Mangel vor Beschlagnahme
6 BGH, Urt. v. 28. 4. 1992 – XI ZR 193/91, NJW-RR 1992, 1972
7 Beispiel, AG Dortmund, Urt. v. 19. 11. 2007 – 425 C 7858/07. Der Mieter behauptet wenige Wochen vor
Ablauf der Abrechnungsfrist wahrheitswidrig, der Vermieter habe die Nebenkosten abgerechnet und
Nachforderungen eingezogen; im Vertrauen hierauf versäumt der Zwangsverwalter die fristgerechte
Abrechnung.
8 St. Rspr., z. B. BGH, Urt. v. 7. 5. 1980 – VIII ZR 120/79, NJW 1989, 2463; BGH, Urt. v. 17. 5. 1994 – X ZR
82/92, BGHZ 126, 109 = NJW 1995, 387.
9 Ausführlich dazu Derleder/Knok, ZfIR 2005, 235.
4
des Mietgrundstücks entstanden ist. 10 Der Gegenleistungsaspekt verbietet eine andere Sicht,
denn der Zwangsverwalter, der die Mieten zur Haftungsmasse einzieht, muss auf ihre Kosten
die vertraglichen Hauptpflichten des Vermieters erfüllen. Die im Insolvenzverfahren
relevante Masseunzulänglichkeit (§ 209 InsO) kennt das ZVG nicht. Die Einrede der
wirtschaftlichen Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 2 BGB kann selbst dann nicht greifen, wenn
die Aufwendungen zur Mangelbeseitigung die „Opfergrenze“ überschreiten, denn dem
Gläubiger, dem die Kostenvorschüsse zu hoch sind, bleibt das Recht zur Rücknahme des
Zwangsverwaltungsantrags gem. § 29 ZVG.
b) Mangelanzeige und Verzug mit der Mangelbeseitigung
Der Mieter, der mit der Mitteilung eines Mangels an den Vermieter seiner Anzeigepflicht
gem. § 536c Abs. 1 BGB genügt hat, ist nicht verpflichtet, zur Wahrung seiner Rechte die
Anzeige dem Zwangsverwalter gegenüber zu wiederholen. Der eingetretene Verzug des
Vermieters mit der Mangelbeseitigung wirkt weiter gegen den Zwangsverwalter.11
c) Aufwendungsersatz
Bei Verzug mit der Mangelbeseitigung kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und den
Zwangsverwalter gem. § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB auf Aufwendungsersatz in Anspruch
nehmen. Kritisch ist die Mangelbeseitigung vor Anordnung der Zwangsverwaltung. Der
Ersatzanspruch entsteht mit Abschluss der Mangelbeseitigungsmaßnahme12 und der Mieter
kann ihn gegen den Vermieter geltend machen. Die strikte Gleichbehandlung des
Zwangsverwalters und Vermieters,13 die den Zwangsverwalter zur Erfüllung der offenen
Ansprüche des Mieters verpflichtet, ist beim Aufwendungsersatz hinnehmbar, denn die
Gläubiger profitieren von der Maßnahme des Mieters. Die Mangelbeseitigung erhöhte den
Wert der Immobilie und ließ die Mietminderung entfallen. Der Mieter hingegen wäre doppelt
belastet, wenn er an den Zwangsverwalter die dank seines Einsatzes ungekürzte Miete zu
zahlen hätte, aber seinen Aufwendungsersatz gegen den Vermieter nicht durchsetzen könnte.
d) Schadensersatz
Der Mieter, der nach Anordnung der Zwangsverwaltung infolge eines vorher eingetretenen
Mangels einen Schaden erleidet, kann den Zwangsverwalter gem. § 536a Abs. 1 BGB auf
Schadensersatz in Anspruch nehmen. Auf den schon vor Beschlagnahme entstandenen
Schadensersatzanspruch lassen sich die Erwägungen zum Aufwendungsersatz nicht
übertragen. Dass die Gläubiger grundsätzlich Vorteile aus dem Mietverhältnis ziehen,
rechtfertigt nicht ihre Haftung für alle vor Beschlagnahme aufgelaufenen Verbindlichkeiten
des Vermieters, denn die Schmälerung der Haftungsmasse durch den Schadensersersatz wird
nicht durch einen Vorteil kompensiert.
5. Einziehung der Miete
Die Beschlagnahme der Mietforderungen wirkt ab Zustellung des Zahlungsverbots gem. §§
22 Abs. 2, 151 Abs. 3 ZVG gegen den Mieter, aller Regel ohne oder vor förmlicher
Zustellung ab Kenntniserlangung, z. B. durch die Mitteilung des Zwangsverwalters gem. § 4
10 Vgl. zur Vermieterinsolvenz BGH, Urt. v. 3. 4. 2003 - IX ZR 163/02, NZM 2003, 472 = ZMR 2003, 418 =
ZIP 2003, 854 = ZfIR 2003, 457; zum Eintritt des Grundstückserwerbers in das Mietverhältnis gem. § 566 BGB
BGH, Urt. v. 19. 6. 2006 – VIII ZR 284/05, NZM 2006, 696 = ZMR 2006, 761.
11 Vgl. BGH, Urt. v. 9. 2. 2005 – VIII ZR 22/04, NJW 2005, 1187 = NZM 2005, 253 = ZMR 2005, 354, zum
Eintritt des Grundstückserwerbers in das Mietverhältnis.
12 BGH NJW 1988, 705 = MDR 1988, 226 = ZMR 1988, 20.
13 BGH, Urt. v. 16. 7. 2003 –VIII ZR 11/03, ZIP 2003, 1899 = ZfIR 2003, 1012 = NJW 2003, 3342 = NZM
2003, 849; Urt. v. 3. 5. 2006 – VIII ZR 168/05, ZfIR 2006, 689 = NJW 2006, 2626 = NZM 2006, 581= ZMR
2006, 601.
5
ZwVO. Solange dem Mieter die Beschlagnahme nicht bekannt ist, kann er schuldbefreiend an
den Vermieter zahlen (§§ 136, 135 Abs 2 BGB). Da es gerade Aufgabe des Zwangsverwalters
ist, alle rechtlich und tatsächlich durchsetzbaren Nutzungen zu ziehen, ist er den Gläubigern
gegenüber verpflichtet, alle zulässigen Mieterhöhungen durchzuführen. Als
Wohnraumvermieter muss er die zulässigen Mieterhöhungsverlangen anbringen, ggf.
mehrfach bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Bei der Gewerberaummiete hat er
Anpassungsvereinbarungen umsetzen; haben Vermieter und Mieter den Eintritt der
Anpassungsvoraussetzungen einer automatischen Wertsicherungsklausel vergessen, hat der
Verwalter dies in den zeitlichen Grenzend es § 1123 BGB für die Vergangenheit
nachzuholen.
Einwendungen des Mieters gegen die Mietforderung bleiben erhalten, soweit das Gesetz nicht
Ausnahmen hiervon anordnet. Zu diesen Ausnahmen gehört § 1124 Abs. 2 BGB.
Korrespondierend mit den Bestimmungen zum Eintritt des Grundstückserwerbers in das
Mietverhältnis (§§ 566b ff BGB) und zur Vermieterinsolvenz (§ 110 InsO) sind Verfügungen
des Vermieters (Schuldners) über die nach Beschlagnahme fällig werdenden Mietforderungen
den dinglichen Gläubigern gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf eine spätere Zeit als den
bei Beschlagnahme laufenden Kalendermonat, bei Beschlagnahme nach dem 15. des Monats
auf den Folgemonat bezieht. Im Gegensatz zu § 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es nach §
1124 Abs. 2 BGB auf den Überlassungszeitraum an. Grundgedanke ist der
Gegenleistungsaspekt, demzufolge den zur Gebrauchsgewährung verpflichteten Gläubigern
die Miete zukommen muss.
Vorausverfügung ist insbesondere die Vorauszahlung der Miete. Das Reichsgericht sah die
schon bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarte Vorausleistung des Mieters nicht als
Vorausverfügung i. S. des damaligen § 574 BGB und des § 1124 Abs. 2 BGB an.
Grundstückserwerber, Zwangs- und Konkursverwalter, so die Begründung, müssten den
Mietvertrag so befolgen, wie die Vertragsparteien ihn abgeschlossen hätten; § 574 BGB a.F.
und § 1124 Abs. 2 BGB regelten nur spätere Verfügungen nach Vertragsschluss.14 Aus
sachenrechtlicher Sicht war der schuldrechtliche Eingriff in das stärkere dingliche Recht
bedenklich.15 Der BGH, der der Auffassung des Reichsgerichts zunächst nicht widersprochen
hatte,16 beurteilt auch die im Ursprungsmietvertrag selbst vereinbarte Vorausleistungen nach
§§ 574 a.F. (jetzt § 566b) BGB und 1124 Abs. 2 BGB.17 Die Vorauszahlung grenzt er von der
den Gläubigern gegenüber wirksamen einmaligen Leistung danach ab, ob periodisch fällige
Mietforderungen entstehen oder die Vertragsparteien von vornherein eine einmalige
Mieterleistung vereinbaren.18 Ist Letzteres nachweislich der Fall, so hat der Zwangsverwalter
dem Mieter den Mietgebrauch ohne Anspruch auf die Gegenleistung zu gewähren.
Ausnahmsweise sind den dinglichen Gläubigern gegenüber über die zeitlichen Grenzen des § 1124
Abs. 2 BGB hinaus auf die Miete anzurechnende Geld- oder Sachleistungen des Mieters
(Baukostenzuschuss oder sonstige Finanzierungsleistungen) wirksam, die vereinbarungsgemäß der
14 RGZ 127, 116; RGZ 136, 407; RGZ 144, 194.
15 Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., (1957), § 135, IV. Fn 30.
16 Urt. v. 6. 6. 1952 – V ZR 79/51, BGHZ 6, 202 = NJW 1952, 867.
17 BGH, Urt. v. 3. 6. 1953 – VI ZR 223/52, NJW 1953, 1182 = ZMR 1953, 246; BGH, Urt. v. 17. 12. 1954 – V
ZR 4/54, BGHZ 16, 31 = NJW 1955, 182; BGH, Urt. v. 11. 7. 1962 – VIII ZR 98/61, BGHZ 37, 346 = NJW
1962, 1860 = ZMR 1962, 366; a.A. Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Bearb. 2002, § 1124 Rz. 26.
18 BGH, Urt. v. 5. 11. 1997 – VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106 = NJW 1998, 595 = ZfIR 1998, 292; BGH, Urt.
v. 25. 4. 2007 – VIII ZR 234/06, NJW 2007, 2919 = NZM 2007, 561 = ZMR 2007, 677.
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Finanzierung der Herstellung oder Instandsetzung des Gebäudes dienten.19 Diese Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, die bis heute widerspruchslos zitiert wird,20 entstand in den Aufbaujahren nach
dem Zweiten Weltkrieg. Damals ging es darum, den Mieter zu schützen, der ohne Baukostenzuschuss
oder eine sonstige finanzielle Beteiligung keinen Wohn- oder Geschäftsraum erlangen konnte und
daher den Vermieter ohne dingliche Absicherung kreditieren musste (sog. Aufbaumieter). Der Mieter
sollte nicht durch seine Aufbauleistung und die Zahlung der vollen Miete ohne deren Anrechnung
doppelt belastet werden. Die Bindung an die Aufbau- und Kreditvereinbarung war dem Erwerber und
dem dinglichen Gläubiger zuzumuten, weil der mit dem Finanzierungsbeitrag des Mieters geschaffene
Wert ihnen zugute kam.21 Der wirtschaftliche und soziale Hintergrund ist seit Jahren ein anderer; den
„Aufbaumieter“ der 50-er und 60-er Jahre des vorigen Jahrhunderts gibt es nicht mehr. Kein
Mietinteressent ist gezwungen, finanziell zur Herstellung des Mietobjekts beizutragen und dem
Vermieter einen ungesicherten Kredit zu gewähren. Deshalb und in Hinblick auf die damit
begründete22 Streichung des § 57c ZVG23 sollte die Rechtsprechung zum Schutz des Mieters, der sich
an der Herstellung des Mietobjekts finanziell beteiligt, überdacht werden. Sollten
Finanzierungsleistungen entgegen § 1124 Abs. 2 BGB weiter gegen den Zwangsverwalter wirken, so
hätte der Gesetzgeber bei den sehr umfangreichen Änderungen des ZVG durch das 2.
Justizmodernisierungsgesetz die frühere BGH-Rechtsprechung kodifizieren müssen; daher ist von
seinem bewussten Schweigen auszugehen.24
6. Aufrechnung gegen Mietforderungen des Zwangsverwalters
a) Aufrechnung gegen Mietforderungen aus der Zeit vor Beschlagnahme
Grundsätzlich sichert § 392 BGB das Recht, gegen die beschlagnahmte Forderung
aufzurechnen. Da die Aufrechnungserklärung gem. § 389 BGB auf den Eintritt der
Aufrechnungslage zurückwirkt, kann der Mieter ungeachtet der Beschlagnahme der
Mietforderungen aus dem vorangegangenen Jahr (§ 1123 Abs. 2 BGB) nach Beschlagnahme
gegen diese mit einem vorher entstandenen und fällig gewordenen Gegenanspruch, z. B. auf
Aufwendungsersatz, aufrechnen. § 94 InsO, der das Fortwirken der Aufrechnungslage nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens bekräftigt, erlaubt nicht den Umkehrschluss auf die
Zwangsverwaltung, denn diese Vorschrift dient nur der Klarstellung.25 Unzulässig ist
allerdings die Aufrechnung mit einem Anspruch, den der Mieter nach Beschlagnahme der
Mietforderung erwirbt, z. B. durch Abtretung (§ 392 BGB).
b) Aufrechnung gegen Mietforderungen aus der Zeit nach Beschlagnahme
In Übereinstimmung mit den Regeln zur Unwirksamkeit von Vorausverfügungen über die
Miete begrenzt § 1125 BGB die Wirkungen des § 392 BGB und sorgt durch eine
Beschränkung des Aufrechnungsrechts dafür, dass dem den Mietgebrauch gewährenden
Zwangsverwalter die nach dem in § 1124 Ab. 2 BGB genannten Zeitraum fälligen Mieten
zufließen. Eine zeitliche Vorverlagerung der Aufrechnungslage zum Schutz des Gläubigers,
der darauf vertrauen durfte, seine Ansprüche gegen den Schuldner durch Aufrechnung mit
19 BGH, Urt. v. 3. 6. 1953 – VI ZR 223/52, NJW 1953, 1182 = ZMR 1953, 246; BGH, Urt. v. 26. 11. 1954 – V
ZR 24/53, BGHZ 15, 296 = NJW 1955, 301; BGH, Urt. v. 17. 12. 1954 – V ZR 4/54, BGHZ 16, 31 = NJW
1955, 182; BGH, Urt. v. 11. 7. 1962 – VIII ZR 98/61, BGHZ 37, 346 = NJW 1962, 1860 = ZMR 1962, 366.
20 Staudinger/Emmerich, BGB, Bearb. 2006, § 566b Rz. 15; MünchKomm-Häublein, BGB, 5. Aufl., § 566c Rz.
12, 13; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 9. Aufl., § 566b Rz. 9; Bamberger/Roth/Herrmann, BGB, § 566c
Rz. 4; Palandt/Weidenkaff, BGB, 67, Aufl., § 566c Rz. 3; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1124 Rz. 4.
21 Flankiert wurde diese Rechtsprechung durch den mit Gesetz vom 20. 8. 1953, BGBl. I S. 952, eingeführten §
57c ZVG, der das Recht des Erstehers zur vorzeitigen Kündigung nach § 57a ZVG ausschloss, wenn sich der
Mieter finanziell an dem Aufbau oder der Instandsetzung des Gebäudes beteiligt hatte.
22 BT-Drucks. 16/3038 S. 42. Als weiteres Argument wird der verbreitete Missbrauch des Kündigungsschutzes
angeführt.
23 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22. 12. 2006, BGBl. I S. 3416, 3422.
24 Vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 25. 10. 2000 – 4 U 40/00, OLG Report 2001, 17 = ZInsO 2001, 239 (nur
Leitsatz), zu § 110 InsO.
25 MünchKomm-Brandes, InsO, 2. Aufl., § 94 Rz. 1.
7
Gegenforderungen realisieren zu können, kennt das ZVG – im Gegensatz zur
Insolvenzordnung (§ 95 InsO)26 - nicht. Dies bringt Härten für den Mieter mit sich, dem es
vor Anordnung der Zwangsverwaltung nicht gelungen ist, einen berechtigten Anspruch gegen
den Vermieter durch Aufrechnung gegen die monatlich fälligen Mietforderungen
durchzusetzen.
Unbeschränkt aufrechnen kann der Mieter mit Gegenforderungen gegen den Zwangsverwalter, z. B.
mit dem Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen zur Mangelbeseitigung nach Anordnung der
Beschlagnahme oder auf Auskehrung eines Nebenkostenguthabens.27 Da § 1125 BGB auf § 1124 Abs.
2 BGB verweist, gilt die hier kritisierte Rechtsprechung zum Fortwirken eines Finanzierungsbeitrages
des Mieters gegen den dinglichen Gläubiger28 auch für seine Befugnis, mit dem Anspruch auf
Rückzahlung eines Mieteraufbaudarlehens gegen die laufenden Mietforderungen aufzurechnen.
c) Vertragliches Aufrechnungsverbot
Die statthafte Aufrechnung gegen vor Beschlagnahme aufgelaufene Mietrückstände (§ 392
BGB) und die Miete für den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Monat, ggf. den
Folgemonat (§ 1125 i. V. m. §1124 Abs. 2 BGB) kann der Zwangsverwalter nicht unter
Hinweis auf ein im Mietvertrag enthaltenes, den Anforderungen des § 309 Nr. 3 BGB
genügendes Aufrechnungsverbot abwehren. Grundsätzlich gilt es zwar zu seinen Gunsten
weiter. Jedoch ist anerkannt, dass sich ein in Vermögensverfall geratener Schuldner nicht auf
ein zulässiges Aufrechnungsverbot berufen kann,29 wenn der Gläubiger ohne Aufrechnung
seinen Anspruch nicht durchsetzen könnte. Dies ist anzunehmen, da der
Vollstreckungsschuldner bei Anordnung der Zwangsverwaltung über seine oder eine seiner
Immobilien in aller Regel generell finanziell angeschlagen ist und nach Entzug der
Nutzungen aus dem beschlagnahmten Grundstück kaum über andere liquide Mittel verfügen
wird.
7. Abrechnung der Betriebskosten, Rückzahlung und Nachzahlung
a) Passivlegitimation des Zwangsverwalters
aa) Abrechnung über die zur Zeit der Beschlagnahme laufende Abrechnungsperiode
Soweit der Zwangsverwalter Vorauszahlungen eingezogen hat, lässt sich seine
Abrechnungspflicht mit dem einleuchtenden Satz begründen, dass derjenige, der die
Vorauszahlungen erlangt, auch über die Nebenkosten abzurechnen, ggf. ein Guthaben an den
Mieter auszukehren oder die Nachzahlung zu beanspruchen hat.30 Nichts anderes kann gelten,
wenn der Mieter innerhalb eines Abrechnungszeitraums zunächst an den Vermieter und nach
Beschlagnahme des Grundstücks an den Zwangsverwalter vorausgezahlt hat. Sich wegen der
Abrechnung, Nach- oder Rückzahlung mit zwei Abrechnungspflichtigen
auseinanderzusetzen, ist dem Mieter, dessen Rechte die Zwangsverwaltung möglichst nicht
beeinträchtigen soll, nicht zuzumuten.
bb) Abrechnung über den der Beschlagnahme vorangegangenen Abrechnungszeitraum
Auch für einen Abrechnungszeitraum, der vor seiner Bestellung liegt, aber nicht allzu lang
zurückliegt, hat der Zwangsverwalter abzurechnen. Dies folgt aus seinem umfassenden
Auftrag, zum Schutz des Mieters die Vermieterpflichten zu erfüllen, die der
26 Zum Vermieterinsolvenzverfahren BGH, Urt. v. 21. 12. 2005 - IX ZR 7/06, ZIP 2007, 239 = NZM 2007,
162.
27 OLG Rostock, Beschl. v. 20. 1. 2006 – 3 U 154/05, NJW-RR 2006, 954 = NZM 2006, 247
28 Vgl. BGH, Urt. v. 11. 7. 1962 – VIII ZR 98/61, BGHZ 37, 346 = NJW 1962, 1860 = ZMR 1962, 366.
29 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 362/87, NJW-RR 1989, 124 = ZIP 1988, 1340; Urt. v. 11. 12. 1990 – VIII
ZR 355/89, NJW-RR 1991, 971.
30 BGH, Urt. v. 4. 4.2007 – VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR
2007, 529.
8
Vollstreckungsschuldner nach Entzug der Nutzung und Verwaltung des Grundstücks nicht
mehr wahrnehmen kann.31 Aus der Abrechnungspflicht folgen die Berechtigung, die von der
Beschlagnahme erfasste Nachzahlung zu Gunsten der Haftungsmasse einzuziehen, und
umgekehrt die Verpflichtung, ein etwaiges Guthaben an den Mieter auszukehren, Letzteres
auch dann, wenn der Mieter die Vorauszahlungen noch an den Vollstreckungsschuldner
geleistet hatte.32 Gegenüber dem Einwand, der Rückzahlungsanspruch des Mieters falle in die
Rangklasse 5 des § 10 Abs. 1 ZVG und der Zwangsverwalter dürfe ihn gem. § 155 Abs. 2
ZVG erst nach der Befriedigung der Vollstreckungsgläubiger tilgen,33 zählt der BGH die
Rückzahlung zu den Kosten der Zwangsverwaltung gem. § 155 Abs. 1 ZVG. Auch sieht er
keine dem Zweck der Zwangsverwaltung widersprechende Bevorzugung des Mieters
gegenüber anderen Gläubigern, vielmehr leitet er aus § 152 Abs. 2 ZVG den Schutz des
Mieters ab. Dieser Rechtsprechung des für die Wohnraumvermietung zuständigen VIII.
Zivilsenats schließt sich der für Insolvenz- und Zwangsverwaltungsrecht zuständige IX.
Zivilsenat als Hüter der Gläubigerinteressen in seinem Urteil vom 11. 10. 2007 an.34 Die
Zwangsverwalter tröstet der BGH mit dem Rat, die vom Schuldner vereinnahmten, aber nicht
verbrauchten Nebenkostenvorauszahlungen von diesem herauszuverlangen;35 dieser Regress
gleicht in rechtlicher Hinsicht die Benachteiligung der Haftungsmasse im Verhältnis zum
Mieter aus.
cc) Abrechnung über geraume Zeit vor Beschlagnahme beendete
Abrechnungszeiträume
Nicht geklärt ist die zeitliche Begrenzung der Abrechnungspflicht für Abrechnungsperioden,
die geraume Zeit vor Anordnung der Zwangsverwaltung endeten. Im Urteil vom 3. 5. 200636
unterstreicht der BGH den umfassenden Verwaltungsauftrag bei einem im Zeitpunkt der
Beschlagnahme laufenden Mietverhältnis. Der dem Schutz des Mieters dienende § 152 Abs. 2
ZVG, so der BGH, begrenze die Beschlagnahmewirkungen nicht auf nach der
Beschlagnahme entstandene Ansprüche des Mieters, sondern ordne sie unabhängig vom
Eintritt der Wirkung der Beschlagnahme an. Der Zwangsverwalter hätte demnach auch für die
zurückliegenden Zeiträume abzurechnen, bei konsequenter Befolgung des Urteils vom 3. 6.
2006 sogar über eine Abrechnungsperiode, die mehr als ein Jahr vor Beschlagnahme endete.
Augenscheinlich stört es den BGH nicht einmal, dass der Verwalter bei
Wohnraumvermietung etwaige Nachzahlungen wegen der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3
Satz 2 BGB nicht zur Haftungsmasse ziehen könnte, während er umgekehrt ein
Abrechnungsguthaben an den Mieter auszukehren hätte. Diese Handhabung, die nicht in
Einklang zur Verteilung der Abrechnungspflichten nach dem gesetzlichen Vermieterwechsel
infolge Veräußerung des Mietgrundstücks steht,37 ist unter der Prämisse konsequent, dass der
Zwangsverwalter im Rahmen seiner umfassenden Aufgaben alle Vermieterpflichten zu
erfüllen hat. Andererseits sollte sich der Verwaltungsauftrag an der in § 1123 Abs. 2 BGB
genannten Zeitspanne ausrichten.38 Es besteht kein Grund, dem Mieter, der zuvor nicht auf
Abrechnung gedrungen hat oder mit der Einbehaltung der laufenden Nebenkostenzahlungen
31 BGH, Urt. v. 26. 3. 2003 - VIII ZR 333/02, NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528; Urt. v. 3.
5. 2006 – VIII ZR 168/05, NJW 2006, 2626 = NZM 2006, 581= ZfIR 2006, 689 = ZMR 2006, 601.
32 BGH, Urt. v. 26. 3. 2003 - VIII ZR 333/02, NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528.
33 Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 6 ZwVwV Rz. 30.
34 IX ZR 156/06, ZIP 2007, 2375 = NZM 2008, 100 = ZfIR 2008, 27.
35 BGH, Urt. v. 11. 10. 2006 – IX ZR 156/06, ZIP 2007, 2375 = NZM 2008, 100 = ZfIR 2008, 27.
36 Urt. v. 3. 5. 2006 – VIII ZR 168/05, NJW 2006, 2626 = NZM 2006, 581= ZfIR 2006, 689 = ZMR 2006, 601.
37 Dazu BGH, Urt. v. 4. 4.2007 – VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 =
ZMR 2007, 529.
38 Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 6 ZwVwV Rz. 29; Stöber, ZVG, 18.
Aufl., § 152 Anm. 12.9.
9
zufrieden war, einen zusätzlichen Abrechnungspflichtigen und ggf. Rückzahlungsschuldner
zu geben, obwohl dem Zwangsverwalter der Zugriff auf die errechnete Nachzahlung gem. §
1123 Abs. 2 BGb verwehrt ist..
b) Offene Nach- und Rückzahlungsansprüche aus der Abrechnung des Vermieters
aa) Nachzahlung
Die Einziehung der vom Vermieter errechneten Nachzahlung vor der Beschlagnahme ist nach
§ 1124 Abs. 1 Satz 1 BGB den Gläubigern gegenüber wirksam. Die von ihm errechnete, aber
noch nicht eingezogene Nachzahlung ist von der Beschlagnahme erfasst. § 1123 Abs. 2 Satz 1
BGB stellt auf die Fälligkeit der Forderung ab. Je später die Nachzahlung fällig wird, desto
günstiger ist dies für den Zwangsverwalter. Da sie erst mit Zugang der prüffähigen
Abrechnung beim Mieter fällig wird,39 steht die Nachzahlung in vollem Umfang dem
Zwangsverwalter zu, auch wenn sie anteilig auf Monate vor dem in § 1123 Abs. 2 Satz 1
BGB genannten Zeitraum entfällt.
bb) Rückzahlung des Guthabens an den Mieter
Wenn der Vermieter vor Anordnung der Zwangsverwaltung abrechnet, wird der aus
Überzahlungen vor Beschlagnahme resultierende Erstattungsanspruch vor der Beschlagnahme
fällig. Die Frage, wen der Mieter auf Auszahlung des von dem finanziell angeschlagenen
Vermieter nicht ausgezahlten Guthabens in Anspruch nehmen kann, lässt sich nur schwer
beantworten, weil es gute Gründe sowohl für als auch gegen die Passivlegitimation des
Zwangsverwalters gibt. Dass bei einem Grundstück mit mehreren Mietobjekten der
Zwangsverwalter die von der Beschlagnahme erfassten Nachzahlungen einzieht und die
rückforderungsberechtigten Mieter an den illiquiden Vollstreckungsschuldner verweist, mag
stören, gleichwohl taugt diese Asymetrie nicht zur Begründung einer mit der Beschlagnahme
der Nachzahlungsansprüche korrespondierenden Belastung der Zwangsverwaltungsmasse.
Ebenso wenig lässt sich mit dem weitgehenden Verlust der Befugnis des Mieters, seinen
Rückzahlungsanspruch durch Aufrechnung gegen die laufenden Mietforderungen des
Vermieters durchzusetzen, argumentieren, denn § 1125 BGB begrenzt ausdrücklich zum
Schutz der Gläubiger das Aufrechnungsrecht. Einerseits betont der BGH, dass den
Gläubigern, die von dem fortlaufenden Mietverhältnis profitieren, auch die Schmälerung der
Haftungsmasse zuzumuten ist. Da der Zwangsverwalter zur Abrechnung und ggf.
Rückzahlung verpflichtet ist, wenn der Vermieter vor Beschlagnahme nicht abgerechnet hat,
ist die Belastung der Gläubiger jedenfalls kein untragbares Ergebnis. Anderseits lässt der
BGH die Nachforderungsberechtigung und die Rückzahlungslast der Abrechnungspflicht
folgen.40 Bis zur Beschlagnahme war der Vermieter abrechnungspflichtig; hat er abgerechnet,
so schuldet er die Rückzahlung des Guthabens.
c) Einrede des Unvermögens (§ 275 Abs. 2 BGB)
Dass der Zwangsverwalter für die Zeit nach Beschlagnahme nicht von seiner
Abrechnungspflicht befreit werden kann, bedarf keiner Begründung. Kritisch ist die
Abrechnung für die vor seiner Bestellung liegenden Zeiträume, weil der Vermieter die
Unterlagen nicht aufbewahrt, sich um nichts gekümmert hat, gar verschwunden ist oder jede
Kooperation verweigert. Mit diesem praktischen Problem brauchte sich der BGH nicht zu
befassen, denn seine Fälle spielten vor 2002. Jetzt gilt § 275 BGB; Unmöglichkeit und
39 BGH, Beschl. v. 19. 12. 1990 – VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836 = ZMR 1991, 133; BGH,
Urt. v. 8. 3. 2006 – VIII ZR 78/05, NJW 2006, 1419 = NZM 2006, 340 = ZMR 200, 358.
40 BGH, Urt. v. 26. 3. 2003 - VIII ZR 333/02, NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528.
10
Unvermögen sind nicht nur eine Frage der Zwangsvollstreckung – gem. § 888 ZPO41 -,
sondern auch des materiellen Rechts.
Ein absolutes Leistungshindernis gem. § 275 Abs. 1 BGB besteht nicht, denn die Wiederbeschaffung
der Abrechnungsunterlagen ist grundsätzlich möglich, weil der Verwalter von Versorgungsträgern,
Behörden und Versicherungen Duplikate erlangen kann. Dass dies nicht nur Zeit, sondern auch Geld
kostet, steht dem nicht entgegen. In Betracht kommt allenfalls ein Leistungshindernis gem. § 275 Abs.
2 BGB. Diese Bestimmung gibt dem Schuldner der Leistung – hier dem Verwalter – die Einrede des
Unvermögens, wenn die Aufwendungen zur Leistung – hier zur Erstellung der Abrechnung,
insbesondere zur Beschaffung der Informationen und Abrechnungsunterlagen - „unter Beachtung des
Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis
zu dem Leistungsinteresse des Schuldners – hier des Mieters - steht,“ so wörtlich § 275 Abs. 2 Satz 1
BGB. In der Praxis stellt sich die Frage, ob der Zwangsverwalter Versorgungsträger oder
Versicherungen verklagen muss, die die Herausgabe von Unterlagen oder Herstellung von Duplikaten
für die zurückliegende Zeit mit der Begründung verweigern, damals sei nur der Vermieter ihr
Vertragspartner gewesen. Diesen Prozess mit unsicherem Ausgang wird man dem Zwangsverwalter
ersparen können. Auch ohne Rechtsstreit können die Kosten, z. B. für die Herstellung von Duplikaten,
und der Zeitaufwand unverhältnismäßig hoch sein.42 Es besteht kein Grund, die Gläubiger bzw. den
Zwangsverwalter schlechter als andere Schuldner zu behandeln. Die Gefahr einer vorschnellen
Leistungsbefreiung besteht nicht; ein erheblicher Zeit- und Kostenaufwand genügt nicht, er muss
unverhältnismäßig sein.
Ohne Abrechnungspflicht entfällt das bei Abrechnungsverzug dem Mieter grundsätzlich
gegebene Recht, zur Durchsetzung des Anspruchs auf Abrechnung die laufenden
Nebenkostenvorauszahlungen einzubehalten.43 Trotzdem ist der Mieter nicht rechtlos, denn §
275 Abs. 4 BGB lässt seine Sekundäransprüche unberührt. Nach §§ 280 Abs. 1, 283 BGB
kann er zum Schadensausgleich Ersatz des nicht errechneten Guthabens verlangen. Hierzu
genügt der Vortrag von Tatsachen, die dem Gericht die Schätzung seines Guthabens gem. §
287 ZPO ermöglicht, z. B. Zahlen aus früheren oder nachfolgenden Abrechnungen.
d) Ausschluss der Nachforderung gem. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB
Der einmal eingetretene Ausschluss der Nachforderung gem. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB wirkt
gegen den Zwangsverwalter. Tückisch für ihn ist seine Bestellung kurz vor Ablauf der Frist
zur Abrechnung für das Vorjahr, etwa im November oder Dezember. Mangels
Abrechnungsunterlagen und sonstiger Informationen kann er häufig nicht fristgerecht
abrechnen, sondern schafft die Abrechnung erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist. Ob er sich
entschuldigen kann, ist streitig. Die mieterfreundliche Auffassung44 betont, dass der
Zwangsverwalter wie der Vermieter zu behandeln sei und sich dessen Fehler zurechnen
lassen müsse. § 152 Abs. 2 ZVG schütze den Mieter, der durch die Anordnung der
Zwangsverwaltung keine Nachteile erleiden dürfe. Zweck des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB sei
es, dem Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist die Gewissheit zu geben, dass er nicht mit
einer Nachforderung zu rechnen braucht.
41 BGH, Beschl. v. 11. 5. 2006 - I ZB 94/05, NJW 2006, 2706 = NZM 2006, 639 = ZMR 2006, 608.
42 Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 6 ZwVwV, Rz. 29, lassen das
Kostenargument nicht gelten und wollen die Gläubiger gem. § 161 Abs. 3 ZVG auf Zahlung eines Vorschusses
in Anspruch nehmen.
43 Dazu BGH, Beschl. v. 11. 4. 1985 – VIII ARZ 16/83, BGHZ 91, 62 = NJW 1984, 2466; BGH, Beschl. v. 19.
12. 1990 – VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836 = ZMR 1991, 133.
44 AG Dortmund, Urt. v. 19. 11. 2007 – 425 C 7858/07 (nicht rechtskräftig, Az. des LG Dortmund: 1 S 211/07);
Schmid DWW 2004, 288, 291.
11
Vorzuziehen ist die Gegenansicht, die zu Gunsten des Zwangsverwalters für einen
abgemilderten Verschuldensmaßstab eintritt 45 oder ihm Versäumnisse des Vermieters nicht
zurechnet.46 Der Vermieter ist nicht Erfüllungsgehilfe des späteren Zwangsverwalters.
Obwohl dem abrechnungspflichtigen Vermieter in aller Regel nach Eingang der letzten
Belege mehrere Monate zur Abrechnung bleiben, kann er dem Ausschluss der Nachforderung
mit der Entschuldigung der Fristversäumnis entgehen. Demgegenüber wird der
Zwangsverwalter erst mit seiner Bestellung abrechnungspflichtig, ggf. wenige Wochen vor
Ende der Abrechnungsfrist. Mit der Abrechnung erfüllt er eine eigene Pflicht, nicht eine des
Vermieters; daher wirkt dessen Wissen oder Fehlverhalten nicht gegen den Zwangsverwalter.
§ 166 Abs. 1 BGB ist ohnehin nicht entsprechend anzuwenden, denn diese Vorschrift rechnet
Wissen des Vertreters dem Vertretenen zu. Das Argument, der Zwangsverwalter sei wie der
Vermieter zu behandeln, bedeutet nicht, dass er jedes Fehlverhalten des Vermieters wie
eigenes Verschulden zu vertreten hat, sondern dass er ohne Vorbelastung die Chance zur
Exkulpation gem. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB haben muss. Es kommt daher nur darauf an, ob
der Zwangsverwalter die Fristversäumung zu vertreten hat. Entschuldigt ist er, wenn er nach
seiner Bestellung alles für die alsbaldige Abrechnung Erforderliche veranlasst. Dem
Normzweck des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB widerspricht diese Sicht nicht. Die Sicherheit, die
der Mieter mit Ende der Abrechnungsfrist erlangt, ist nicht absolut, denn er, der die Interna
des Vermieters nicht kennt, muss stets – ohne Vorwarnung - mit einer Entschuldigung und
Nachforderung des Vermieters rechnen. Ist er hingegen von der Zwangsverwaltung
unterrichtet, so ist er vorgewarnt. Sein Vertrauen, nach Fristablauf nicht einer Nachforderung
ausgesetzt zu sein, ist weniger gerechtfertigt als bei Fortdauer des Mietverhältnisses ohne
Zwangsverwaltung. Unbegrenzt Zeit hat der Zwangsverwalter nicht. Der Bundesgerichtshof
gewährt dem entschuldigten Vermieter nach Wegfall des Abrechnungshindernisses eine
dreimonatige Frist.47 Auf die Zwangsverwaltung übertragen bedeutet dies nicht, dass der
Zwangsverwalter spätestens drei Monate nach seiner Bestellung abrechnen muss, denn das
Abrechnungshindernis entfällt erst, wenn ihm alle hierzu erforderlichen Informationen und
Unterlagen vorliegen. Diese hat er allerdings unverzüglich zu beschaffen.
Der Schutz des Mieters, der von der laufenden Zwangsverwaltung Kenntnis hat, gebietet es nicht, den
Zwangsverwalter entgegen § 556 Abs. 3 Satz 4 BGB zur Teilabrechnung über einzelne bestimmte
Nebenkosten zu verpflichten, soweit ihm die Unterlagen zur Verfügung stehen.48
e) Abrechnung nach Aufhebung der Zwangsverwaltung
aa) Aufhebung wegen Antragsrücknahme oder Befriedigung der Gläubiger
Nach Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Rücknahme des Antrags (§ 29 i.V.m. § 161
ZVG)49 oder Befriedigung der Gläubiger (§ 161 Abs. 2 ZVG) ist spiegelbildlich zu der mit
Bestellung begründeten Passivlegitimation des Verwalters nicht mehr er, sondern der
Vollstreckungsschuldner als nunmehr wieder zur Verwaltung seiner Immobilie berechtigte
Vermieter zur Nebenkostenabrechnung, ggf. zur Rückzahlung an den Mieter, auch insoweit
verpflichtet, als der Zwangsverwalter die Vorauszahlungen eingezogen hat.50
45 AG Zwickau, Urt. v. 24. 9. 2004 – 2 C 363/04, Rpfleger 2005, 101; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen,
Zwangsverwaltung, 4. Aufl., § 6 ZwangsverwalterVO, Rz. 29; Haut Rpfleger 2003, 602, 604; Drasdo NJW
2005, 1549, 1552.
46 LG Dortmund, Urt. v. 4. 5. 2007 – 17 S 233/06, IGZInfo 2007, 110.
47 BGH, Urt. v. 5. 7. 2006 – VIII ZR 220/05, NJW 2006, 3350 = NZM 2006, 740 = ZMR 2006, 847.
48 LG Dortmund, Urt. v. 4. 5. 2007 – 17 S 233/06, IGZInfo 2007, 110.
49 Zum Wegfall der Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters BGH, Urt. v. 8. 5. 2003 - IX ZR 385/00,
ZfIR 2003, 571 = NJW-RR 2003, 1419 = WM 2003, 1176.
50 Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 Rz. 372; Drasdo NJW 2005, 1549, 1552.
12
bb) Aufhebung nach Zuschlag in der Zwangsversteigerung
Der Ersteher, der gem. § 566 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis eintritt, ist zur Abrechnung,
ggf. zur Rückzahlung verpflichtet, wenn die Zwangsverwaltung nach Zuschlag in der
Zwangsversteigerung (§ 12 ZwangsverwalterVO i.V.m. § 161 ZVG) während einer laufenden
Abrechnungsperiode aufgehoben wird.51 Nicht eindeutig zu beantworten ist die
Passivlegimation, wenn die Abrechnungsperiode vor dem Zuschlag endete. Bei dieser
zeitlichen Abfolge ist jedenfalls ohne Rücksicht auf die Fälligkeit nicht der Erwerber
abrechnungspflichtig.52 Mit der knappen Begründung, derjenige, der die Vorauszahlungen für
einen Abrechnungszeitraum erhalten habe, solle auch abrechnen, ggf. ein Guthaben
zurückzahlen bzw. die Nachzahlung fordern, bestätigt der BGH dies in dem Urteil vom 4. 4.
2007,53 das den Erwerb durch Zuschlag während laufender Zwangsverwaltung betrifft. Die
den Mieter interessierende Frage, ob den Zwangsverwalter oder den Grundstückseigentümer
als vormaligen Vermieter die Abrechnungspflicht trifft, beantwortet der BGH nicht, denn er
brauchte nur über die Abrechnungspflicht des Erstehers zu entscheiden. Die Begründung, die
denjenigen in die Pflicht nimmt, der die Vorauszahlungen erhalten hat, deutet auf die
Passivlegitimation des Zwangsverwalters hin. Die Aufhebung der Zwangsverwaltung schließt
diese nicht zwingend aus, weil er im Rahmen der ihm obliegenden ordnungsgemäßen
Abwicklung54 abrechnen kann.55 Für den Mieter wäre dies die günstigste Lösung.
Andererseits besteht kein Grund, dem Vollstreckungsschuldner, der nicht mehr an der
Erfüllung der Vermieterpflichten und Wahrnehmung der Vermieterrechte gehindert ist, diese
Aufgabe zu erlassen. Er, nicht der Zwangsverwalter, ist Veräußerer i.S.d. § 566 BGB und er
war als Vermieter an dem Mietverhältnis beteiligt, in das der Ersteher eingetreten ist.
8. Behandlung der Sicherheit
a) Anspruch auf Sicherheitsleistung gegen den Mieter
Da die Sicherheitsabrede zu Gunsten des Zwangsverwalters wirkt,56 kann dieser die
Sicherheitsleistung einfordern, falls der Mieter sie noch nicht gestellt hat. Insbesondere stehen
dem Zwangsverwalter die erst nach Beschlagnahme fälligen Raten (§ 552 Abs. 2 BGB) zu.
b) Weiterleitung der Kaution durch den Vollstreckungsschuldner an den
Zwangsverwalter
Akzessorische Sicherheiten (Bürgschaft, Vermieterpfandrecht) gehen auf den
Zwangsverwalter über. Vom Vermieter/Vollstreckungsschuldner kann er die Abführung der
vom Mieter gestellten Kaution verlangen. Der V. Zivilsenat des BGH hilft dem
Zwangsverwalter insofern, als er in dem Beschlagnahmebeschluss schon den dahingehenden
Vollstreckungstitel sieht.57 Dies erlaubt den Zugriff auf die gegenständlich vorhandene
Sicherheit, etwa Sparbuch oder die Forderung gegen die Bank, nützt aber nichts, wenn der
Vermieter die Kaution nicht von seinem Vermögen getrennt hat.
c) Vom Vermögen des Zwangsverwalters getrennte Anlage
51 Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.9.
52 BGH, Urt. v. 14. 9. 2000 - III ZR 211/99, NZM 2001, 158; Urt. v. 3. 12. 2003 – VIII ZR 168/03, NJW 2004,
851.
53 VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR 2007, 529.
54 Dazu BGH, Urt. v. 8.5. 2003 – IX ZR 385/00, BGHZ 155, 38 = NJW-RR 2003, 1419 = ZIP 2003, 1466 =
ZfIR 2003, 571.
55 So im Ergebnis Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.9.
56 BGH, Urt. v. 16. 7. 2003 – VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342 = NZM 2003, 849 = ZIP 2003, 1012 = ZfIR
2003, 1012.
57 Beschl. v. 14. 4. 2005 – V ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1032 = MDR 2005, 1012..
13
Für die Wohnraumvermietung schreibt § 551 Abs. 3 BGB ausdrücklich die vom Vermögen des
Vermieters getrennte Anlage vor; ohne eine entgegenstehende Abrede ist der Vermieter auch bei
gewerblicher Vermietung dazu verpflichtet.58 Zweck ist die Absicherung gegen die Insolvenz des
Vermieters. Diese Gefahr besteht bei der Zwangsverwaltung nicht. Gleichwohl wird der
Zwangsverwalter diese Anlage beizubehalten haben, wenn er die Kaution vom
Vollstreckungsschuldner erlangt. Auch neue Kautionen hat er getrennt von den zur Verteilung an
die Gläubiger bestimmten Erträgen der Grundstücksnutzung anzulegen.59 Gerade bei einer nicht
sehr ertragreichen Zwangsverwaltung ist nicht auszuschließen, dass der Gläubiger seinen Antrag
zurücknimmt und weitere Einnahmen ausbleiben.
d) Ansammeln eines Kautionsguthabens aus den Mieteinkünften
Die Rechtsprechung des BGH zum Eintritt des Zwangsverwalters in die Sicherungsvereinbarung60
ist nicht ausdehnend in dem Sinn zu interpretieren, dass er, ohne die Kaution erlangt zu haben,
zunächst einen Betrag in entsprechender Höhe ansammeln und von der Zwangsverwaltungsmasse
getrennt anlegen müsse; bis zum Nachweis dieser Anlage dürfe der Mieter die laufenden
Mietzahlungen zurückbehalten.61 Diese gesetzeskonforme Anlage setzt den Erhalt der Kaution
voraus. Der Mieter ist durch die BGH-Rechtsprechung hinreichend geschützt. Wenn er zuvor
seinen Anspruch auf die vom Vermögen des Vermieters getrennte Anlage nicht durchgesetzt hat,
ggf. durch Einbehaltung der laufenden Mietzahlungen, besteht kein Bedürfnis, ihn zur
Zurückbehaltung der dem Zwangsverwalter geschuldeten Mietzahlungen zu berechtigen. Es bleibt
somit das Restrisiko, dass der Mieter mit seinem Kautionsrückzahlungsanspruch ausfällt, falls die
Zwangsverwaltung „masseunzulänglich“ endet.
9. Kündigung des Mietverhältnisses
Auf Vermieterseite kann nur der Zwangsverwalter das Mietverhältnis kündigen und eine
Kündigung ist an ihn zu richten. Da er wie der Vermieter zu behandeln ist, gehen Kündigungslagen
auf ihn über. So kann er das Mietverhältnis gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB außerordentlich
kündigen, wenn der Mieter vor Anordnung der Zwangsverwaltung in Zahlungsverzug geraten ist.
Umgekehrt verliert der Mieter infolge der Beschlagnahme nicht sein Recht zur außerordentlichen
Kündigung, z. B. wegen Verzugs des Vermieters mit der Mangelbeseitigung.
Bei Wohnraumvermietung ist der Zwangsverwalter nicht gehindert, gem. § 573 BGB ein Mietverhältnis zu
kündigen, um dem Vollstreckungsschuldner oder einem seiner Angehörigen eine Wohnung zu überlassen. §
149 ZVG verbietet nicht die Vermietung, d. h. entgeltliche Gebrauchsüberlassung, an den Schuldner.
Allerdings sollte der Verwalter die Zustimmung des Vollstreckungsgerichts einholen.62
10. Abwicklung des während der Zwangsverwaltung endenden Mietverhältnisses
a) Rückgabe, Nutzungsentschädigung und Schadensersatz
Nach § 21 Abs. 1 ZVG, auf den § 148 ZVG verweist, erfasst die Beschlagnahme nur die
Miet- und Pachtansprüche. Ob auch der an ihre Stelle tretende Anspruch auf die
Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung der Mietsache nach Vertragsende
beschlagnahmt ist, kann dahinstehen, jedenfalls ist der Zwangsverwalter berechtigt, die
58 OLG Frankfurt, Urt. v. 29. 5. 1991- 17 U 110/90, NJW-RR 1991, 1416 = ZMR 1991, 1416; KG, Beschl. v.
1.10. 1998 – 20 W 6592/98, NJW-RR 1999, 738 = NZM 1999, 376; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des
gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rz. 703; Schmidt-Futterer/Blank, § 551 BGB Rz. 112;
Boecken/Schifferdecker ZfIR 2004, 133, 135; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.13. a).
59 Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.13.
60 BGH, Urt. v. 16. 7. 2003 – VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342 = NZM 2003, 849 = ZIP 2003, 1012 = ZfIR
2003, 1012.
61 So für die Vermieterinsolvenz Derleder NZM 2004, 568, 578; zur Zwangsverwaltung äußert Depré, ZfIR
2007, 313, 314, ähnliche Befürchtungen.
62 Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.4.
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Ansprüche wegen rechtsgrundloser Nutzung der beschlagnahmten Immobilie geltend zu
machen.63 Auch kann er Ersatz des Mietausfalls wegen einer vom Mieter zu vertretenden
vorzeitigen Vertragsbeendigung verlangen, denn ersatzberechtigt kann nur derjenige sein, der
infolge des Rückgabeverzugs geschädigt ist.
b) Rückerstattung der Kaution
Zur Rückgewähr der Kaution an den Mieter ist der Zwangsverwalter auch dann verpflichtet,
wenn der Vermieter sie nicht von seinem Vermögen getrennt angelegt und nicht an den
Zwangsverwalter abgeführt hat.64 Aus § 566a BGB folgt dies nicht, denn die Beschlagnahme
des Grundstücks zur Zwangsverwaltung ist kein der Veräußerung gleichstehender
Rechtsübergang. Die gem. § 152 Abs. 2 ZVG auf den Zwangsverwalter übergehenden
Vertragspflichten begrenzt der BGH nicht auf die mit der Gebrauchsgewährung unmittelbar
zusammenhängenden Pflichten, sondern bezieht die Pflichten aus der Kautionsabrede wegen
der treuhandähnlichen Bindung ein. Die Schmälerung der Haftungsmasse zu Gunsten des
Mieters nimmt er als vom Gesetz gewollt hin.
Mit der in neueren Entscheidungen hervorgehobenen Erwägung, der Mieter, der sich die
gesetzeskonforme Anlage der Kaution nicht nachweisen lasse, verdiene keinen Schutz durch
einen zusätzlichen Rückerstattungsschuldner,65 hat der BGH bei der Zwangsverwaltung
bislang nicht argumentiert. Dass sie auch zur Zwangsverwaltung passt, liegt auf der Hand,
zumal deren Anordnung ein Glücksfall für den Mieter ist, der die nicht vom Vermögen des
Vermieters getrennt angelegte Kaution von diesem nicht zurückerlangt hätte.66 Nachdem der
für Zwangsverwaltung zuständige IX. Zivilsenat des BGH sich jüngst der Rechtsprechung des
für die Wohnraummiete zuständigen VIII. Senats ausdrücklich angeschlossen hat,67 dürfte
gleichwohl die BGH-Rechtsprechung nunmehr „gefestigt“ sein.
Bei der Rückerstattungspflicht des Zwangsverwalters bleibt es, wenn das Mietgrundstück nach
Beendigung des Mietverhältnisses zwangsversteigert und die Zwangsverwaltung deshalb aufgehoben
wird, denn das Vertragsende als das den Rückzahlungsanspruch auslösende Ereignis fällt in die Zeit
der Zwangsverwaltung. Der Ersteher kommt als Rückzahlungsschuldner nicht in Betracht, weil er
nicht in diese Abwicklungspflicht eintritt.68
c) Ausgleich werterhöhender Investitionen des Mieters
Auch wenn dem Mieter kein Aufwendungsersatz nach § 539 Abs. 1 BGB und den Regeln zur
Geschäftsführung ohne Auftrag zusteht, ist der Vermieter, der infolge vorzeitiger
Vertragsbeendigung in den Genuss werterhöhender Investitionen des Mieters gelangt, auf
dessen Kosten „in sonstiger Weise“ gemäß § 812 BGB ungerechtfertigt bereichert. Die
Bereicherung besteht nicht in dem Zeitwert der Aufwendungen bei Rückgabe des
63 BGH, Urt. v. 23. 7. 2003 – XII ZR 16/00, NZM 2003, 871 = ZMR 2003, 827; Urt. v. 29. 6. 2006 – IX ZR
119/04, NZM 2006, 677 = ZfIR 2006, 733.
64 Vgl. BGH, Urt. v. 16. 7. 2003 – VIII ZR 11/03, NJW 2003, 3342 = NZM 2003, 849 = ZIP 2003, 1012 =
ZfIR 2003, 1012; Urt. v. 9. 3. 2005 - VIII ZR 330/03, NJW-RR 2005, 1029 = NZM 2005, 596 = ZfIR 2005,
769.
65 Zur Rückzahlungspflicht des Grundstückserwerbers: Urt. v. 4. 4. 2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 =
NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR 2007, 529; zur Vermieterinsolvenz: Urt. v. 20. 12. 2007 – IX ZR
132/06.
66 Depré ZfIR 2006, 313.
67 Urt. v. 11. 10. 2007 - IX ZR 156/06, ZIP 2007, 2375 = NZM 2008, 100 = ZfIR 2008, 27.
68 BGH, Urt. v. 4. 4. 2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR
2007, 529.
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Mietobjekts, sondern in der Erhöhung des Ertragswerts des Grundstücks.69 Nach Veräußerung
des Grundstücks ist Schuldner dieses Anspruchs der in das Mietverhältnis gem. § 566 BGB
eingetretene Erwerber.70 Bereichert ist er, weil das Mietobjekt nicht mehr mit der Vermietung
zu einer niedrigen Miete „belastet“ ist und er deshalb einen höheren Ertrag als zuvor erlangt.
Diese Erwägungen treffen auch auf den Zwangsverwalter zu, wenn und soweit er bei der
Neuvermietung eine Miete erzielt, die wegen der Investitionen des früheren Mieters höher als
zuvor ist. Um den Spitzenbetrag sind die Gläubiger bereichert.
II. Abwicklung des vor Beschlagnahme beendeten Mietverhältnisses
Ein vor Anordnung der Zwangsverwaltung beendetes Mietverhältnis fällt nicht unter die den
Mieter schützende Regelung des § 152 Abs. 2 ZVG.71 Hat er das Mietobjekt vor
Beschlagnahme zurückgegeben, so wird der Zwangsverwalter sich nur ausnahmsweise mit
dem Mietverhältnis zu befassen haben (z. B. Einzug von Zahlungsrückständen aus dem
letzten Jahr vor Beschlagnahme).
1. Mietrückstände, Nutzungsentschädigung und Rückgabe
Unabhängig davon, ob der Mieter das Mietobjekt noch nutzt oder vor Beschlagnahme des
Mietgrundstücks zurückgegeben hat, stehen dem Zwangsverwalter die offenen Mieten zu,
soweit diese nicht nach § 1123 Abs. 2 Satz 1 BGB von der Beschlagnahme ausgenommen
sind. Da die ordnungsgemäße Verwaltung die Durchsetzung der Ansprüche einschließt, die
aus einer rechtsgrundlosen Nutzung des verwalteten Grundstücks resultieren, steht dem
Zwangsverwalter die Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB zu.72 Auch ist die Mietsache
ihm zurückzugeben.
2. Abrechnung der Betriebskosten für die zurückliegende Zeit, Rück- und Nachzahlung
Die BGH-Rechtsprechung betrifft nur Mietverhältnisse, die zur Zeit der Beschlagnahme
rechtlich fortbestehen. Bei zuvor beendeten kommt es darauf an, ob diese faktisch weiter
laufen, d. h. ob der Mieter das Mietobjekt noch nutzt oder ob er es vorher zurückgegeben hat.
Erheblich ist zudem, ob für einen vor Beschlagnahme beendeten Abrechnungszeitraum oder
für den zu dieser Zeit laufenden abzurechnen ist.
a) Fortdauernder Mietgebrauch zur Zeit der Beschlagnahme
aa) Abrechnung über die bei Beschlagnahme laufende Abrechnungsperiode
Die Nebenkostenabrechnung gehört zweifelsfrei zu den Aufgaben des Zwangsverwalters. Da
ihm die Nutzungsentschädigung einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen zusteht, ist er
hierzu wie bei einem rechtlich fortbestehenden Mietverhältnis auch dem Mieter gegenüber
verpflichtet. Die - ohnehin von der Beschlagnahme erfasste - Nachzahlung kann der
Zwangsverwalter einziehen. Zweifelhaft ist allenfalls, ob er auch ein Guthaben aus der Zeit
auskehren muss, in der der Mieter an den Vermieter gezahlt hat. Insoweit lässt sich eine
Aufteilung mit der Begründung vertreten, der in Rückgabeverzug befindliche Mieter müsse
nicht an allen Vorteilen der Zwangsverwaltung teilhaben. Andererseits ist eine derartige
Aufspaltung unpraktikabel. Den Gläubigern ist die Belastung zuzumuten, weil sie von dem
faktisch weiterlaufenden Mietverhältnis profitieren.
bb) Abrechnung über die vor Beschlagnahme abgelaufene Abrechnungsperiode
69 BGH, Urt. v. 22. 5. 1967 – VIII ZR 25/65, NJW 1967, 2255; BGH, Urt. v. 4. 4. 1990 – VIII ZR 71/89, BGH,
Urt. v. 5. 10. 2005 – XII ZR 43/02, NJW-RR 2006, 294 = NZM 2006, 15 = ZfIR 2006, 92 = ZMR 2006, 185.
70 Urt. v. 5. 10. 2005 – XII ZR 43/02, NJW-RR 2006, 294 = NZM 2006, 15 = ZfIR 2006, 92 = ZMR 2006, 185.
71 BGH, Urt. v. 3. 5.2006 - VIII ZR 210/05, ZfIR 2007, 207 = NJW-RR 2006, 1021 = NZM 2006, 680.
72 BGH, Urt. v. 23 . 7. 2003 - XII ZR 16/00, NJW-RR 2003, 1308 = NZM 2003, 871 = ZMR 2003, 827.
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Der Schutz des (früheren) Mieters erfordert es nicht, die BGH-Rechtsprechung zur
Abrechnung für die zurückliegende Abrechnungsperiode zu übernehmen.73 Gleichwohl wird
der Zwangsverwalter abzurechnen haben, weil er eine etwaige Nachzahlung zur
Haftungsmasse zu ziehen hat. Dem Mieter gegenüber ist er dazu ebenso wenig verpflichtet
wie zur Auskehrung eines etwaigen Guthabens. Eine dahingehende Verpflichtung zu Lasten
der Gläubiger würde den in Rückgabeverzug befindlichen Mieter belohnen, der sich bei
rechtzeitigem Auszug nur an den Vermieter hätte halten können.
b) Auszug des Mieters vor Beschlagnahme
aa) Abrechnung über die bei Beschlagnahme laufende Abrechnungsperiode
Ob der frühere Mieter den Zwangsverwalter auf Abrechnung in Anspruch nehmen kann, ist
zweifelhaft. Jedenfalls gehört die Abrechnung zur ordnungsgemäßen Verwaltung und eine
Nachzahlung steht den Gläubigern zu, weil sie erst mit der Abrechnung des
Zwangsverwalters fällig wird. Da der Verwalter keine Vorauszahlungen eingezogen hat,
besteht kein Grund, die Haftungsmasse mit einer etwaigen Rückzahlung zu belasten.
bb) Abrechnung über die vor Beschlagnahme abgelaufene Abrechnungsperiode
Nicht abrechnungspflichtig ist der Zwangsverwalter nach Beendigung des Mietverhältnisses
und Auszug des Mieters vor Beschlagnahme.74 Es besteht kein Bedürfnis, den Mieter zu
schützen, der den Vermieter nicht auf die vor Beschlagnahme fällige Abrechnung in
Anspruch genommen hat.
Kritisch ist die Abrechnungspflicht nach Rückgabe des Mietobjekts, aber vor Fälligkeit der
Abrechnung. Grundsätzlich ist den Gläubigern die Verringerung der Haftungsmasse nicht
zuzumuten, wenn sie von dem beendeten Mietverhältnis keinerlei Vorteile haben.75 Im
Umkehrschluss folgt daraus die Abrechnungspflicht des Verwalters, wenn er die
beschlagnahmte rückständige Miete bzw. Nutzungsentschädigung einschließlich
Nebenkostenvorauszahlungen aus der in § 1123 Abs. 2 BGB genannten Zeitspanne zur
Haftungsmasse gezogen hat. Hat hingegen der Vermieter diese vereinnahmt, so bleibt er
abrechnungspflichtig, ohne einwenden zu können, hierzu ohne die das Mietgrundstück
betreffenden Unterlagen nicht in der Lage zu sein; er hat Anspruch auf Einsicht in die Belege
(§ 810 BGB)
3. Rückzahlung der Kaution
a) Auszug des Mieters vor Beschlagnahme
Zur Rückerstattungspflicht des Zwangsverwalters bei einem vor Beschlagnahme beendeten
Mietverhältnis besagt das Urteil vom 16. 7. 2003 nichts, seine Tragweite wurde daher in der
Folgezeit kontrovers diskutiert. Im Urteil vom 3. 5. 200676 stellt der BGB klar, dass der
Zwangsverwalter nicht zur Rückerstattung der Kaution verpflichtet ist, wenn das
Mietverhältnis vor Beschlagnahme endete und das Mietobjekt zurückgegeben wurde.
Tragender Gesichtspunkt ist die Erwägung, dass den Gläubigern die Verringerung der
Haftungsmasse nicht zuzumuten ist, wenn sie von dem beendeten Mietverhältnis keinerlei
Vorteile hatten. Auch greift das vom BGH zum Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis77
und zur Vermieterinsolvenz78 betonte Argument, dass der Mieter, der sich die vom Vermögen
73 BGH, Urt. v. 26. 3. 2003 - VIII ZR 333/02, NJW 2003, 2320 = NZM 2003, 473 = ZfIR 2003, 528; Urt. v. 3.
5. 2006 – VIII ZR 168/05, NJW 2006, 2626 = NZM 2006, 581= ZfIR 2006, 689 = ZMR 2006, 601.
74 Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 152 Anm. 12.14.
75 BGH, Urt. v. 3. 5. 2006 - VIII ZR 210/05, NJW-RR 2006, 1021 = NZM 2006, 680 = ZMR 2006, 603.
76 VIII ZR 210/05, NJW-RR 2006, 1021 = NZM 2006, 680 = ZMR 2006, 603.
77 Urt. v. 4. 4. 2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR 2007, 529.
78 Urt. v. 20. 12. 2007 – IX ZR 132/06
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des Vermieters getrennte Anlage der Kaution nicht hat nachweisen lassen, keinen Schutz
durch einen zusätzlichen Rückerstattungsschuldner verdient.
b) Fortdauernder Mietgebrauch zur Zeit der Beschlagnahme
Wie aber ist abzugrenzen, wenn das Mietverhältnis vor Beschlagnahme endete, der Mieter es
aber weiterhin nutzt und erst danach zurückgibt? Diese Frage lässt der BGH in seinem Urteil
vom 3. 5. 200679 ausdrücklich unbeantwortet.
Bei Anordnung der Zwangsverwaltung in der Zeit zwischen Vertragsende und Rückgabe des
Mietobjekts hat der Zwangsverwalter die gem. § 546a BGB vom Mieter geschuldete
Nutzungsentschädigung zur Haftungsmasse zu ziehen;80 die Gläubiger haben also Ansprüche,
bei deren Erfüllung tatsächliche Einnahmen aus diesem Abwicklungsverhältnis haben. Dies
spricht für die Passivlegitimation des Zwangsverwalters. Diese Sicht bringt die Gefahr mit
sich, dass die Nachteile für die Gläubiger größer sind als die Vorteile, namentlich dann, wenn
Nutzungsentschädigung nur für einen oder zwei Monate anfällt, während Kaution in Höhe
dreier Monatsmieten zurückzuzahlen ist. Auf die Höhe der Vor- und Nachteile abzustellen, ist
kein Ausweg.
Der bei Anordnung der Zwangsverwaltung andauernde Mietgebrauch, in der Regel
Rückgabeverzug und Vorenthaltung, taugt nicht zur Begründung der Passivlegitimation des
Zwangsverwalters, weil der fortdauernde Mietgebrauch unberechtigt ist. Den
Zwansgverwalter auf Kosten der Gläubiger in die Rückzahlungspflicht aus der
Kautionsabrede eintreten zu lassen, würde den im Rückgabeverzug befindlichen Mieter
belohnen, der als Folge seines Verzugs einen neuen Schuldner des
Kautionsrückzahlungsanspruchs erlangte. Dem im Rückgabeverzug befindlichen Mieter
würde das Risiko genommen, dass der Vermieter die Kaution nicht von seinem Vermögen
getrennt angelegt hat. Wer diese Risikoverteilung, die der BGH im Urt. vom 4. April 2007
betont,81 für vorrangig hält, wird bei jeglicher Beendigung des Mietverhältnisses vor
Beschlagnahme den Zwangsverwalter nicht zur Kautionsrückzahlung verpflichten, und zwar
ohne Rücksicht darauf, ob der Mieter zuvor das Mietobjekt zurückgegeben hat.
Zum Abschluss: Die Zwangsverwaltung bringt für den Mieter vielfach Vorteile, besonders
dann, wenn der Vermieter sich zuvor um nichts mehr gekümmert hat. Kompliziert bleiben die
Aktiv- und die Passivlegitimation. Ob sich die hier vorgeschlagenen, stark nach den einzelnen
Fallgestaltungen unterscheidenden Lösungen durchsetzen, bleibt abzuwarten. Wenn
Vermieter oder Zwangsverwalter Ansprüche mit zweifelhafter Aktivlegitimation anmelden,
sollte der Mieter vorsorglich jeweils den anderen fragen. Gerieren sich beide als
Anspruchsinhaber oder darf der Mieter berechtigte Zweifel haben, empfiehlt sich die
Hinterlegung (§ 372 Satz 2 BGB).
VIII ZR 210/05, NJW-RR 2006, 1021 = NZM 2006, 680 = ZMR 2006, 603.
80 BGH, Urt. v. 16. 7. 2003 - XII ZR 16/00, NJW-RR 2003, 1308 = NZM 2003, 871.
81 VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818 = NZM 2007, 441 = ZfIR 2007, 766 = ZMR 2007, 529, dort unter Rz. 11.
Der o. a. Text ist aus dieser pdf hier: