Ein so denke ich besonders wichtiges Pferdethema
Ich habe gestern Abend einen Auftragstext über "die Fütterung von Pferden mit Kolikneigung" geschrieben, der recht lang werden sollte.
Weil ich das für einen besonderen Lieblingskunden von mir besonders gut machen wollte, habe ich mir dazu dann auch mein Lehrbuch von der Tierärztlichen Hochschule Hannover mit dem Titel "Pferdefütterung" in der 4. erweiterten und aktualisierten Auflage von Professor Meyer und Professor Coenen zur Hand genommen und mir alles zum Thema Kolik dort genau durchgelesen.
Daraus möchte ich vorneweg ein Zitat übernehmen, das ich für besonders wichtig halte:
"Jährlich erkranken von 100 Pferden 10 an einer Kolik. Für ihre Entstehung sind vorrangig Fehler in der Fütterung verantwortlich (Tab. 95 und Abb. 45). Begünstigend wirken wenig oder überanstrengende Bewegung, Aufregung, Streß, Parasitenbefall, Intoxikationen, Infektionen, selten Witterungseinflüsse. Die oft unterstellte besondere Anfälligkeit des Verdauungskanals von Pferden für Koliken besteht nicht, wenn die Tiere artgerecht ernährt werden."
Ist das nicht krass?
Ich habe nun schon mehrfach in meinem Umfeld miterlebt, dass Pferde sogar an einer Kolik gestorben sind, die ich über die Pensionsställe, in denen wir mit unseren Pferden waren, näher kennengelernt habe.
Selbst erlebt habe ich in unserem Wohnort Depenau mit Pferdehaltung hinter dem Haus bei Chiwa mehrere leichte Koliken, immer sonntags passiert, wo ich später durch Aufhängen eines Schildes, doch mit Futter immer zuerst zu mir zu kommen, damit ich es kontrollieren kann, bald herausfand, dass das halbe Dorf am Sonntag unsere Pferde mit Brotresten füttern kam, was dann an diesen Tagen viel zu viel Brot wurde. Nachdem ich die Leute darüber aufgeklärt habe, dass ich das ein wenig unter Kontrolle behalten muss und sie klingeln möchten, bevor sie füttern, hatte Chiwa nie wieder eine Kolik in Depenau. Nixe und Reno hatten dort nie eine Kolik.
Eine Schlundverstopfung erlebten wir einmal bei Nixe, als sie in einem Pensionsstall besonders kurz geschnittene Heulage gefressen hatte. Das passierte mitten in der Nacht, kein Tierarzt zu erreichen, und war gar nicht witzig. Mit einigen großen Schlucken Bacardi, den ein Nachbar von uns noch im Haus hatte, konnten wir diese Schlundverstopfung bei Nixe dann selbst beheben.
In einem anderen Pensionsstall gab es gegen Ende des Frühjahrs nur noch Stroh, weil das Heu alle war. Die Pensionspferde wurden noch nicht auf die Weide gelassen, sondern nur die Zuchtstuten mit ihren kleinen Fohlen.
Wieder war es Nixe, der das viele Stroh nicht bekam. Und sie war nicht das einzige Pferd dort, das leichte Koliksymptome zeigte, obwohl wir täglich stundenlang aus reiner Verzweiflung mit unseren Pferden die Wegkanten abgrasen gingen, aber das reichte nicht aus, um die Schäden dieser Strohfütterung auszugleichen.
Sehr schlimm traf es Nixe nach dem Umzug zu meiner jüngeren Tochter. Mein früherer Schwiegersohn war immer der Meinung gewesen, sie sei zu dick. Sie erlitt dort eine Sandkolik und musste operiert werden. Sie überlebte und meine Tochter verstand schlagartig, dass man auch dicke Pferde nicht hungern lassen darf.
Ich habe auch einmal eine tödliche Kolik miterlebt, weil eine Tierärztin eine Darmbeinlähmung, also ein Rückenleiden, bei einem Pferd in einem anderen Pensionsstall nicht erkannte. Hier lag der Tod dieses armen Tieres nicht an falscher Fütterung, die dort in Ordnung war.
Lange hatten wir dann nichts mehr mit Koliken zu tun, denn unsere Pferde wurden nicht falsch gefüttert und Stallwechsel hatten andere Gründe.
Ausgerechnet in einem Stall mit Stallbetreibern, die uns intelligent und gebildet erschienen, aber offensichtlich ihren durchaus vorhandenen Verstand nicht dazu nutzten, die Pferde in ihrem Zuchtstall und auch die Pensionspferde anständig zu füttern, erlebten wir bei deren eigenen Pferden ständig Koliken bis hin zu einer tödlich verlaufenden, erfuhren, dass das auch nicht die erste tödliche Kolik dort bei eigenen Pferden war und unsere Chiwa kriegte anstatt einer Kolik Hufrehe. Prima blieb wie durch ein Wunder verschont von Koliken, Staubhusten oder Hufrehe. Wahrscheinlich hat sie eine ungewöhnlich robuste Gesundheit.
Der Grund für die ständigen Koliken in diesem Stall lag an vielen Dingen. Dort wurden verschimmelte Heulage und Heu sowie Heulage mit Sumpfschachtelhalmanteilen verfüttert. Die Tiere bekamen zu wenig Wasser, zu kleine Futterrationen an Raufutter, aber heimlich hinter dem Rücken dann Riesenmengen von Kraftfutter dazu. Dass so eine Art zu füttern eine Zeitbombe ist und so kein Wunder, dass dort laufend Pferde sterben mussten, wundert einen leider nicht. Wir sind dann dort panisch geflüchtet. Chiwa war zu dem Zeitpunkt schwer krank und hat mehrere Monate gebraucht, sich in einem anderen Stall davon wieder zu erholen, wo die Fütterung anständig ist, es gutes Heu und Stroh und auch genug davon gibt.
Eine Freundin von uns verlor unlängst ihr Pferd in einem Pensionsstall an einer tödlichen Kolik, wo den Tieren nicht genug Bewegungsmöglichkeiten gegeben wurden, weil es keinen täglichen Winterauslauf seitens der Stallbetreiber, sondern nur Boxenhaltung gab.
Wir sind jetzt Gott sei Dank mit unseren Pferden wieder auf der sicheren Seite.
Die einzige Ausnahme, die das Fachbuch, in dem ich gerade lese, bei Kolik nennt, sind sehr alte Pferde, die im hohen Alter zu Koliken neigen können, weil sie sich aus Altersgründen leider nicht mehr genug bewegen.
Ansonsten werden dort als Gründe für Koliken, die neben der falschen Fütterung Auslöser sein können, Stress, Überanstrengung, zu wenig Bewegung, Vergiftungen, Infektionen und nur ganz selten auch Witterungseinflüsse genannt.
Alles andere liegt nach Auffassung der beiden Professoren, die dieses Buch geschrieben haben, an falscher Fütterung.
Ich möchte Euch deshalb jetzt kurz aufschreiben, was laut der in diesem Buch befindlichen Tabelle 95 alles eine Kolik auslösen kann.
Es geht los bei falscher Futtermittelauswahl und falscher Rationszusammenstellung:
Zu wenig Rohfaser und zu stärkereiches Kraftfutter wie Weizen oder Roggen können den Magen überladen oder verkleistern, Magen und Darmkaratthe auslösen und zu Fehlgärungen führen.
Zu Verstopfungskoliken im Blinddarm und Dickdarm kommt es bei zu viel Stroh in der Ration.
Auch zu langfaseriges Futter wie Rotklee in der Blüte kann eine Kolik auslösen, und zwar dann im letzten Ende des Dickdarms.
Koliken vom Magen beginnend bis hin zum Blinddarm und Dickdarm lösen zu viel junges Grünfutter, Leguminosen wie Klee und Luzerne. Kohl, Äpfel und Brot aus, alles immer dann, wenn zu viel davon gefüttert wird, denn alle diese Futtermittel blähen und sind in zu großen Mengen deshalb sehr gefährlich.
Kleien und Nachmehle im Übermaß wiederum können zur Darmsteinbildung und Koliken aus diesem Grund führen.
Der nächste Punkt sind Koliken aufgrund ungenügender Futterqualität:
Verschimmeltes Futter (nicht nur Heu und Heulage, sondern auch Kraftfutter), schlecht abgelagertes Futter (auch hier nicht nur Heu, sondern auch Kraftfutter), angefaultes Saftfutter oder angefaulte Silage oder geschnittenes Grünfutter, das zu lange auf einem Haufen gelegen und sich erwärmt hat löst nicht nur die unterschiedlichsten Kolikformen, sondern außerdem auch Hufrehe aus.
Auch Stroh mit einem hohen Windhalmanteil ist gefährlich. Ich weiß leider nicht, woran man Stroh dieser Art erkennt. Dieser Begriff begegnet mir zum ersten Mal.
Sehr schmutzes Saftfutter kann neben normalen Koliksymptomen auch eine Sandkolik auslösen. Was das heißt, habe ich oben an der Kolik-Op von Nixe, die eine Sandkolik hatte, ja beschrieben.
Der dritte Aspekt für Koliken sind Fehler bei der Futterzubereitung:
Schlecht zubereitetes Getreide, zu kurz geschnittenes Stroh, zu kurz geschnittenes Gras wie Rasenmäherschnitt und nicht eingeweichte Rübenschnitzel können von der Schlundverstopfung an bis hin zur Dickdarmkolik alle möglichen Koliken auslösen.
Auch das haben wir ja schon mit Nixe bei der kurzen Heulage einmal erlebt.
Der 4. Aspekt der Fehler, die eine Kolik auslösen können, liegt in der Haltungs-, Fütterungs- und Tränketechnik.
Zu wenig Mahlzeiten, zu große Kraftfuttermengen pro Mahlzeit, unregelmäßige Fütterungszeiten, unkontrollierte Möglichkeiten, Kraftfutter oder junges Weidegras zu fressen, plötzlicher Futterwechsel wie rauf auf die junge Weide ohne vorsichtig anzuweiden, zu große körperliche Belastung direkt nach der Fütterung, aber auch zu wenig Bewegung, zu wenig Wasser, aber auch zu kaltes Wasser, alles das kann nicht nur Koliken der unterschiedlichsten Art, sondern auch Hufrehe auslösen.
Zu viel Eiweiß im Futter führt übrigens außer zu einer Kolik meistens nicht zu Hufrehe, sondern eher zu allergischen Reaktionen wie einer Heustauballergie oder dem Sommerekzem.
Ja, was soll ich sagen.
Es ist echt krass, wenn eigentlich eine umsichtige Fütterung Koliken gar nicht entstehen lassen würde, aber offensichtlich so oft Fehler dabei gemacht werden, dass jedes Jahr 10 von 100 Pferden eine Kolik bekommen und viele davon sogar daran sterben müssen.
Macht Euch deshalb bitte unbedingt schlau, was für Futter und wie viel davon Euer Pferd bracht, lernt auch was über Giftpflanzen und achtet unbedingt auch darauf, wie in Eurem Pensionsstall gefüttert wird, falls Ihr Eure Pferde nicht in Eigenregie versorgt.
Und wenn die Gefahr besteht, dass Nachbarn oder Spaziergänger gefährliche Dinge über den Zaun werfen, kann ich Euch nur raten, dass erklärende Hinweise, warum nicht gefüttert werden sollte, besser sind als reine Verbotsschilder.
Reine Verbotsschilder lösen bei den Menschen oft eine Art Protest aus, die es ja oft nur gut meinen und selbst gar keine Unmengen füttern. Wenn Ihr aber erklärt, dass viele Leute was über den Zaun schmeißen können und es dann zu einer lebensgefährlichen Kolik kommen kann, das begreifen viele Spaziergänger eher und beherzigen es dann auch.
LG Renate