Viele Welten-Theorie
Ich habe neulich im Fernsehen was gesehen, das nur fast an das ran kommt, was ich für mich persönlich als eine Art religiöse Einstellung betrachte .. ich denke nämlich schon sehr lange,dass es ganz sicher viele Universen gibt, die sich sehr ähneln und sowas wie Wiedergeburt so aussieht, dass wir wie in einer Art Zellteilung in jedem Universum wieder da sind, uns aber weiter entwickeln .. und so auch zu erklären ist, dass man zuweilen das Gefühl hat, sich an was zu erinnern bzw. etwas zu erahnen, das passieren wird, also eine Art Hellsichtigkeit erlebt .. und es passiert ja meistens dann auch wirklich, wovon man gedacht hat, dass es passieren würde.
Mir ist das jedenfalls schon oft passiert, dass ich instinktiv was wusste, das später wirklich so gekommen ist.
Dann saß ich halt neulich abends mit Jürgen vor der Glotze und zuerst kam was über die Heisenbergsche Unschärfentheorie, die ich schon immer total interessant fand und danach was über die "Viele Welten-Theorie". Das hab ich Euch mal in Wikipedia gesucht.
LG
Renate
http://de.wikipedia.org/wiki/Viele-Welten-Interpretation
Viele-Welten-Interpretation
Die
Viele-Welten-Interpretation (engl.
many-worlds interpretation oder
MWI, dt. Abkürzung auch
VWI) ist eine
Interpretation der Quantenmechanik, die auf
Hugh Everett III zurückgeht. Sie gilt heute neben der traditionellen
Kopenhagener Interpretation als die populärste Interpretation der Quantenmechanik.
[1] Die Viele-Welten-Interpretation ist auch bekannt als
Everett-Interpretation,
Vielgeschichten-Interpretation,
EWG-Interpretation (nach Everett,
John Archibald Wheeler und R. Neil Graham) oder
Viele-Welten-Theorie, wobei die VWI allerdings ebenso wie die meisten anderen Interpretationen
keine alternative Theorie ist, da sie sich im Experiment nicht von der herkömmlichen
Quantenmechanik unterscheidet.
Everett entwickelte 1957 den Ansatz dieser Interpretation von der Betrachtung relativer quantenmechanischer
Zustände. Er war darauf bedacht, den
Kollaps der Wellenfunktion, welcher in der
Kopenhagener Interpretation immer wieder zu Kritik geführt hatte, zu vermeiden und somit der
Schrödingergleichung eine möglichst uneingeschränkte Gültigkeit zukommen zu lassen
[2]. Ihr Name geht auf den amerikanischen Physiker
Bryce DeWitt
zurück, welcher als Erster vorschlug, die unterschiedlichen Zustände
des Quantensystems nach einer Messung als Welten aufzufassen.
[3]
Motivation und grundlegende Konzepte
Die
Kopenhagener Interpretation
galt zu Everetts Zeiten als die vorherrschende Lehrmeinung. Viele
Physiker sahen jedoch einen Widerspruch zwischen der deterministischen
Zeitentwicklung eines quantenphysikalischen Zustandes nach der
kontinuierlichen
Schrödingergleichung und der Forderung nach einem probabilistischen und instantanen
Kollaps der Wellenfunktion im Augenblick einer Messung (vgl. auch
Postulate der Quantenmechanik). Damit sieht die Kopenhagener Interpretation zwei
komplementäre Dynamiken: Zum Einen die
reversible
und deterministische Entwicklung des Zustandes in einem unbeobachteten
System, zum Anderen eine sprunghafte, irreversible und nichtlokale
Änderung des Zustandes bei einer Messung. Die Väter der Kopenhagener
Interpretation rechtfertigten dies mit der Notwendigkeit die von
klassischen Begriffen, welches eine Unterteilung des Gesamtsystems in
klassischen und quantenmechanischen Bereich unausweichlich macht: Nur
wenn ein Messergebnis mit klassischen Begriffen beschreibbar ist, kann
das Messergebnis als eindeutiges und irreversibel eingetretenes Ereignis
("Faktum") gelten.
Everetts Motivation war es vornehmlich, das Kollapspostulat sowie die
Wahrscheinlichkeitsinterpretation
aus den anderen Axiomen abzuleiten. Er zielte auf eine Vereinfachung
der Axiomatik der Quantenmechanik. Er wollte dadurch auch eine
Möglichkeit der internen Anwendung der Quantenmechanik, also eine
Anwendung des Formalismus auf ein rein quantenmechanisches System geben
[2].
Dies ist in der Kopenhagener Interpretation aufgrund der Unterteilung
in klassische und quantenmechanische Bereiche nicht möglich. Diese
Fragestellung war insbesondere für die Entwicklung einer konsistenten
Theorie der
Quantengravitation von großem Interesse. Ein oft zitiertes Beispiel für eine solche interne Anwendung ist die Formulierung einer
Wellenfunktion des Universums, also die Beschreibung eines rein quantenmechanischen Universums ohne außenstehenden Beobachter.
In seinem ursprünglichen Artikel
“Relative State” Formulation of Quantum Mechanics von 1957
[2] zielt Everett darauf ab, die Quantenmechanik
nur
von der deterministischen Entwicklung eines Zustandes gemäß der
Schrödingergleichung zu rekonstruieren, er verzichtet also auf ein
Kollapspostulat und versucht, den Messvorgang nur unter Benutzung der
Schrödingergleichung zu beschreiben. Er legt dabei Wert darauf, dass der
Wellenfunktion keine
a-priori-Interpretation
zukommt, diese müsse erst aus der Korrespondenz mit der Erfahrung
gewonnen werden. Der Rahmen der Interpretation sei allerdings durch die
Theorie bestimmt. Everett betont, dass auch eine Beschreibung des
Beobachters im Rahmen der Theorie notwendig sei.
Everett entwickelte zunächst das Konzept der „relativen Zustände“ von
zusammengesetzten Systemen: Kommt es zu Wechselwirkungen zwischen
Teilen des Systems, so sind die Zustände dieser Teile nicht mehr
unabhängig voneinander, sondern auf eine bestimmte Art und Weise
korreliert.
Unter diesem Gesichtspunkt behandelt er auch die Messung an einem
Quantensystem. Den Beobachter definiert Everett dabei durch ein
beliebiges Objekt mit der Fähigkeit, sich an das Ergebnis der Messung zu
erinnern. Dies bedeutet, dass sich der Zustand des Beobachters durch
das Ergebnis der Messung verändert. Die Messung wird somit lediglich als
spezielle Art der Interaktion zweier Quantensysteme behandelt. Sie ist
damit, anders als in vielen anderen Interpretationen,
nicht von den Axiomen her ausgezeichnet.
Indem er die relativen Zustände des Beobachters zum beobachteten
System formal im Sinne der dynamischen Entwicklung der
Schrödingergleichung analysiert, ist Everett in der Lage, einige Axiome
der Kopenhagener Interpretation zu reproduzieren, allerdings ohne einen
Kollaps der Wellenfunktion. Stattdessen verzweigt sich die
Wellenfunktion in verschiedene Abschnitte, welche zueinander keine
Kohärenz mehr aufweisen, also nicht mehr miteinander interagieren können. Diese Zweige sind es, welche
Bryce DeWitt später als die namensgebenden „vielen Welten“ bezeichnet, wobei die vielen Welten allerdings
keine räumlich getrennten Welten, sondern getrennte Zustände im jeweiligen
Zustandsraum
sind. Everett selber sprach zunächst nur von „relativen Zuständen“,
seine Interpretation bezeichnete er als „Correlation Interpretation“, er
verstand diese als Metatheorie zur Quantenmechanik.
Rezeption
Unter Anleitung seines Doktorvaters
John Archibald Wheeler
veröffentlichte Everett eine verkürzte Version seiner Dissertation
(„The Theory of the Universal Wave Function“) unter dem Titel „‘Relative
State’ Formulation of Quantum Mechanics“ im Fachmagazin
Reviews of Modern Physics. Vorausgegangen waren unter anderem Gespräche mit einem der Väter der Kopenhagener Interpretation,
Niels Bohr,
der sich ablehnend gegenüber Everetts Arbeit äußerte. Daraufhin pochte
Wheeler, selbst Schüler von Bohr, auf eine Neufassung, welche vor allem
die scharfe Kritik Everetts an der Kopenhagener Interpretation
verkürzte. Obgleich den meisten führenden Physikern Everetts Arbeit
bekannt war, wurde seine Formulierung in der folgenden Dekade nahezu
ignoriert. Frustriert und unverstanden zog sich Everett schließlich aus
der Physik zurück und widmete sich der militärpolitischen Beratung des
Pentagons in Fragen des Nukleareinsatzes
[4].
Im Jahre 1970 veröffentlichte der amerikanische Physiker Bryce DeWitt in
Physics Today
einen Aufsatz mit dem Titel „Quantum mechanics and reality“, der die
Everett'sche Interpretation auffasste und neu zur Diskussion stellte. In
diesem Aufsatz führte er auch den Begriff
Many-Worlds-Interpretation ein
[3]. In den Folgejahren gewann die Viele-Welten-Interpretation stark an Popularität, was auch auf die Entwicklung der
Dekohärenztheorie
zurückzuführen ist. Diese geht ebenfalls von einer möglichst
weitreichenden Gültigkeit der Schrödingergleichung aus, was dem Konzept
der Kopenhangener Interpretation zuwiderläuft.
[5].
Auch im Bereich der
Quantenkosmologie und
Quantengravitation
erfreute sich der Everett'sche Ansatz einer wachsenden Beliebtheit, da
es bisher die einzige Interpretation war, in der es überhaupt sinnvoll
war, von einem Quantenuniversum zu sprechen
[6].
Die Idee der universellen Wellenfunktion wurde ebenfalls von einer
Reihe Physikern aufgenommen und weiterentwickelt, unter anderen Wheeler
und DeWitt bei der Entwicklung der
Wheeler-DeWitt-Gleichung der Quantengravitation
[6], sowie
James Hartle und
Stephen W. Hawking (Hartle-Hawking-Randbedingung für eine universelle Wellenfunktion)
[7].
Die Viele-Welten-Interpretation entwickelte sich von einem
Nischendasein zu einer populären Interpretation, zu dessen grundlegenden
Ansatz sich viele der führenden Physiker des späten 20. Jahrhunderts
bekannten (u.a.
Murray Gell-Mann,
[8] Stephen W. Hawking,
[9] Steven Weinberg[10][11]). Das Konzept der Viele-Welten-Interpretation wurde auch versucht weiterzuentwickeln, daraus entstand beispielsweise die
Consistent-Histories-Interpretation,
die versuchte, das Grundkonzept von Everetts Ansatz, die universelle
Gültigkeit der Schrödingergleichung, weiterzuführen, allerdings ohne die
Existenz vieler Welten.
Heute ist die Viele-Welten-Interpretation neben der traditionellen
Kopenhagener Interpretation die populärste Interpretation der
Quantenmechanik
[1]. Es finden sich viele Vertreter, insbesondere im Bereich der Quantenkosmologie und der in den 80ern und 90ern entwickelten
Quanteninformation. Zu den populärsten Verfechtern der Viele-Welten-Interpretation gehören zurzeit der israelische Physiker
David Deutsch und der deutsche Physiker
Dieter Zeh,
einer der Väter der Dekohärenztheorie. Widerstand kommt vor allem von
Physikern, welche die Quantenmechanik lediglich als Rechenanleitung im
mikroskopischen Bereich sehen und die grundsätzliche Unverständlichkeit
der Quantenmechanik betonen („Shut-up-and-calculate“). Ein bekannter
Vertreter dieser Position ist der deutsche Nobelpreisträger
Theodor Hänsch[12].
Formaler Zugang
Grundlegende Bemerkungen
Die Viele-Welten-Interpretation bezieht sich im Wesentlichen auf ein Postulat
[13]:
Insbesondere mit dem Weglassen der Reduktion des Zustandsvektors ergeben sich aus diesem Postulat zwei wichtige Folgerungen:
- Da das Universum als Ganzes per definitionem ein isoliertes System ist, entwickelt sich auch dieses gemäß der Schrödingergleichung.
- Messungen können keine eindeutigen Ergebnisse haben. Stattdessen
sind die unterschiedlichen Messergebnisse auch in unterschiedlichen
Realitätszweigen („Welten“) realisiert (vgl. Beispiel).
Ein wichtiger Vorteil der VWI ist somit, dass sie im Gegensatz zur
Kopenhagener Interpretation a priori keine Unterscheidung von
klassischen und quantenmechanischen Zuständen kennt. Diese ergibt sich
erst aus der Berechnung von Dekohärenzzeiten; bei einer sehr kleinen
Dekohärenzzeit kann ein System als
quasiklassisch betrachtet werden. Rein formal ist allerdings in der VWI jedes System zunächst ein Quantensystem.
Relative Zustände
Everett entwickelte seinen Ansatz zunächst von einem Konzept der „relativen Zustände“, welche er wie folgt einführte:
Ein Gesamtsystem
bestehe aus zwei Teilsystemen
und
, der
Hilbertraum des Gesamtsystems
ist das
Tensorprodukt der Hilberträume der beiden Teilsysteme.
sei in einem
reinen Zustand , dann gibt es zu jedem Zustand
von
einen „relativen Zustand“
von
. Damit lässt sich der Zustand des Gesamtsystems als
schreiben, wobei
und
Basen der Teilsysteme sind. Für beliebige
lässt sich nun ein relativer Zustand im Bezug auf das Gesamtsystem folgendermaßen konstruieren:
- ,
wobei
eine Normierungskonstante ist. Dieser Zustand des Systems ist unabhängig von der Wahl der Basis
. Es gilt außerdem:
Somit ist es offensichtlich sinnlos, den Teilsystemen bestimmte
(unabhängige) Zustände zuzuordnen. Es ist nur möglich, einem Teilsystem
einen relativen Zustand bezüglich eines bestimmten Zustandes des anderen
Teilsystems zuzuordnen, die Zustände der Teilsysteme sind somit
korreliert, hieraus folgt eine fundamentale
Relativität der Zustände bei der Betrachtung von zusammengesetzten Systemen.
Einfache zusammengesetzte Systeme sind beispielsweise
verschränkte Systeme wie bei Experimenten zur Verletzung der
Bellschen Ungleichung: In diesem Fall kommen beide
Spinkomponenten
als Basis infrage, es ist erst möglich, eine sinnvolle Aussage über den
Zustand eines Teilsystems zu machen, wenn der Zustand des anderen
Systems feststeht. Dadurch ist es auch nicht sinnvoll, von einer
absoluten Zerlegung des Zustands des Gesamtsystems nach Zuständen der
beiden Teilsysteme zu sprechen, nur eine relative Zerlegung bezüglich
eines bestimmten Zustandes der beiden Teilsysteme.
Der Beobachtungsprozess
Der Beobachter mit den o.g. Eigenschaften wird durch einen Zustandsvektor
beschrieben, wobei
die Ereignisse sind, die der Beobachter bisher registriert hat.
Everett untersuchte mehrere Fälle von Beobachtungen. Dabei lässt sich
das zu untersuchende Quantensystem stets durch den Zustand
beschreiben. Die Zustände des Beobachters seien dabei zu verschiedenen
Messdaten klassisch unterscheidbar, es gibt keine Kohärenzen zwischen
einzelnen Zuständen des Beobachters.
Everett betrachtete nun zunächst mehrfache Beobachtungen eines Systems:
- .
Registriert der Beobachter einmal das Ergebnis
,
so wird die Messung stets dasselbe Ergebnis ergeben, Wiederholung des
Experiments am selben System führt daher zum selben Ergebnis. Analoge
Betrachtungen zeigen, dass die Durchführung derselben Messung an
verschiedenen, identisch präparierten Systemen, im Allgemeinen zu
verschiedenen Messergebnissen führt sowie dass mehrere Beobachter am
selben System auch immer dasselbe messen.
Das nächste Ziel ist es nun, einer Sequenz von Messungen
ein
Maß
zuordnen, welches für einen Beobachter innerhalb des Systems die
Wahrscheinlichkeit der Beobachtung einer bestimmten Sequenz darstellt.
Dazu betrachtete Everett zunächst eine Superposition
orthonormierter Zustände
, welche durch
gegeben ist, wobei
bereits
normiert sein soll. Damit ist direkt ersichtlich, dass
gilt. Nun forderte Everett, dass das Maß für den Zustand
, welches nur von
abhängen kann, gleich der Summe der Maße der
ist, damit gilt:
- .
Diese Gleichung hat als einzige Lösung
, somit hat eine Ereigniskette der o.g. Form das Maß
- .
Wird dies faktorisiert, so kann
als Wahrscheinlichkeit für das Ereignis
aufgefasst werden, was der
Born'schen Regel entspricht.
Es existieren auch andere Herleitungen der Born'schen Regel aus dem
reduzierten Satz von Axiomen, bekannt sind u.a. die von Deutsch
[14] und Hartle
[15].
Beispiel
Als Beispiel kann ein
Doppelspaltexperiment mit einem einzigen Teilchen (z.B. ein
Elektron)
herangezogen werden. Ein Beobachter misst dabei, durch welches Loch das
Teilchen gegangen ist. Das System Doppelspalt-Beobachter sei
näherungsweise isoliert. Das Teilchen kann an Spalt 1 oder Spalt 2
registriert werden, dies seien die (orthogonalen) Zustände
und
.
Des Weiteren wettet der Beobachter einen Geldbetrag darauf, dass das
Teilchen bei Spalt 1 registriert wird, seine Erwartungshaltung
wird sich also bei der Messung in Freude
oder Enttäuschung
umwandeln.
Nun kann gemäß der Schrödingergleichung ein
unitärer Zeitentwicklungsoperator definiert werden. Dieser muss dementsprechend die Form
haben. Bezogen auf das Experiment sind folgende Anforderungen an den Operator gestellt:
- (Der Beobachter ist glücklich, wenn das Teilchen bei Spalt 1 registriert wird)
- (Der Beobachter ist enttäuscht, wenn das Teilchen bei Spalt 2 registriert wird)
Vor der Messung befindet sich das Teilchen in Superposition von zwei Zuständen,
, der Beobachter befindet sich in Erwartungshaltung
, der Zustand des Gesamtsystems ist also
. Wird nun die Messung durchgeführt, so wird dies mathematisch beschrieben, indem der Operator
auf den Zustand des Gesamtsystems
angewandt wird:
Das Ergebnis ist also eine Superposition des zusammengesetzten
Systems Teilchen am Doppelspalt und Beobachter. Dies ist offensichtlich
kein
eindeutiges Ergebnis, stattdessen findet sich eine Superposition der
zwei möglichen Ergebnisse. Dieses Ergebnis wird in der VWI so
interpretiert, dass sich im Augenblick der Messung das Universum
verzweigt und die beiden mathematisch geforderten Ergebnisse in
verschiedenen Welten realisiert sind. Dies ist konsistent, da der
glückliche Beobachter formal keine Möglichkeit hat, mit dem
unglücklichen Beobachter zu interagieren: Die beiden Zustände stehen im
Konfigurationsraum vollständig orthogonal aufeinander, somit ist durch
die mathematische Struktur dieses Ergebnisses jegliche Interaktion
ausgeschlossen.
Anhand dieses Beispiels kann auch ein weiterer wichtiger Umstand illustriert werden: Es findet an
keiner
Stelle eine nicht durch den Formalismus induzierte Aufspaltung statt.
Die stattfindende Verzweigung ist vollständig durch die Dynamik der
Zustände von Beobachter und System beschrieben, sie ist also kein
weiteres, unabhängiges Postulat. Dies bedeutet, dass der Messprozess in
der VWI keine ausgezeichnete Bedeutung hat - er wird lediglich als
Unterklasse gewöhnlicher Interaktionen behandelt.
Kritik
Der wohl bekannteste und häufigste Kritikpunkt an der VWI ist ihre
extravagante Ontologie: Ihr wird vorgeworfen, das Prinzip der
Einfachheit (
Ockhams Rasiermesser)
zu verletzen, da sie zwar die Existenz von Myriaden von verschiedenen
Welten voraussagt, jedoch selber den Beweis dafür liefert, dass diese
nicht beobachtbar sind. Vertreter der VWI halten dem entgegen, dass die
vielen Welten kein unabhängiges Postulat sind, sondern aus der
universellen Gültigkeit der Schrödingergleichung folgen. Dies verkürzt
und vereinfacht die Axiomatik der Quantenmechanik, demzufolge bevorzugt
Ockhams Rasiermesser die VWI vor der Kopenhagener Interpretation.
[16]
Ein von Kritikern häufig hervorgehobenes Problem der
Viele-Welten-Interpretation ist die Frage, wie sie die Zufälligkeit von
Quantenereignissen erklären kann. Gemäß der VWI wird bei einer Messung
jedes Ergebnis tatsächlich realisiert. Dies wirft die Frage auf,
inwiefern es sinnvoll ist, von einer Wahrscheinlichkeit zu sprechen,
wenn doch tatsächlich alle Ergebnisse eintreten.
[17]
Vertreter der VWI pochen hier auf eine strikte Unterscheidung von
Außen- und Innenperspektive und argumentieren, dass für einen Beobachter
aus der Innenperspektive ein Ereignis trotz der deterministischen
Entwicklung eines Zustandes gemäß der Schrödingergleichung zufällig
wirken kann.
[13]
Die Kritiker betonen, dass die VWI selbst in den Interpretation von
Hartle und Farhi-Goldstone-Gutmann einen "übernatürlichen Beobachter"
erfordere, um die Wahrscheinlichkeitsinterpretation von Messungen
überhaupt plausibel zu machen. Selbst dann würden die Erfahrungen realer
Beobachter nicht erklärt.
[18]
Ein ebenfalls häufig geäußerter Kritikpunkt an der VWI ist das so genannte „Basisproblem“ („Problem of preferred Basis“)
[19].
Da der Formalismus von den Axiomen her keine bevorzugte Basis festlegt,
gibt es abgesehen von der intuitiv gewählten Aufspaltung in die
klassischen Basiszustände stets unendlich viele Möglichkeiten für die
Aufspaltung eines Quantenzustandes in verschiedene Welten. 1998 gelang
es allerdings
Wojciech Zurek mit Methoden der Dekohärenztheorie zu zeigen, dass die „klassischen Basen“ durch die Struktur des
Hamiltonoperators sowie dem Wert des
Plankschen Wirkungsquantums
mathematisch insofern bevorzugt sind, als dass sie über einen längeren
Zeitraum stabil sind. Dies hat zur Folge, dass die Objekte in diesen
Zuständen lange genug bestehen, um von quasiklassischen Messgeräten
wahrgenommen zu werden
[20].
Verschiedene Physiker weisen außerdem darauf hin, dass die Frage nach
der bevorzugten Basis bzw. der Umstand, dass wir wohldefinierte Objekte
in klassischen, makroskopischen Zuständen wahrnehmen, wohl auch mit der
Evolution des Menschen in diesem Universum zusammenhängt
[21][22][23].
Carl Friedrich von Weizsäcker weist darauf hin
[24], dass kein nennenswerter Unterschied zwischen der VWI und der Kopenhagener Interpretation im Rahmen einer
Modallogik
zeitlicher Aussagen bestehe, wenn rein semantisch "wirkliche" durch
"mögliche Welten" ersetzt werde: die vielen Welten beschreiben den sich
durch die Schröderingergleichung entwickelnden Möglichkeitsraum; die von
einem realen Beobachter gemachte Beobachtung ist die Realisierung einer
der formal möglichen Welten. V. Weizsäcker erkennt an, dass der
Everett'sche Ansatz der einzige unter den üblichen Alternativen sei, der
"
nicht hinter das schon von der Quantentheorie erreichte Verständnis zurück-, sondern vorwärts über sie hinausstrebt"
[25].
Everett sei jedoch "konservativ" bei der Gleichsetzung von Realität und
Faktizität geblieben. Sein eigentlicher - philosophischer - Einwand
gegen die VWI ist, dass die Existenz einer Menge von Ereignissen
("Welten") gefordert werde, die "
nicht Phänomene werden können". Die Quantenphysik sei aber gerade aus dem Versuch gefolgert, Phänomene konsistent zu beschreiben und vorherzusagen.
[26]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b Tegmark, M. (2009). „Many Worlds in Context". http://arxiv.org/abs/0905.2182v2
- ↑ a b c Hugh Everett, III: „Relative State“ Formulation of Quantum Mechanics. In: Rev. Mod. Phys.. 29, 1957, S. 454–462, doi:10.1103/RevModPhys.29.454
- ↑ a b Bryce DeWitt: Quantum mechanics and reality. In: Phys. Today. 23, 1970, S. 30, doi:10.1063/1.3022331.
- ↑ Peter
Byrne: Viele Welten: Hugh Everett III – ein Familiendrama zwischen
kaltem Krieg und Quantenphysik, Springer Berlin Heidelberg; Auflage:
2012 (30. April 2012), ISBN 978-3642251795
- ↑ H.D. Zeh: Dekohärenz und andere Quantenmißverständnisse, http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as3/KarlsruheText.pdf
- ↑ a b Bryce DeWitt: Quantum Theory of Gravity. I. The Canonical Theory. In: Phys. Rev.. 160, 1967, S. 1113–1148, doi:10.1103/PhysRev.160.1113.
- ↑ James Hartle, Stephen W. Hawking: The Wave function of the Universe. In: Phys. Rev. D. 28, 1983, S. 2960–2975, doi:10.1103/PhysRevD.28.2960.
- ↑ Murray Gell-Mann: The Quark and the Jaguar: Adventures in the Simple and the Complex. Owl Books, 2002, ISBN 0716727250.
- ↑ Stephen W. Hawking: Black Holes and Thermodynamic. In: Phys. Rev. D. 13, 1976, S. 191-197, doi:10.1103/PhysRevD.13.191.
- ↑ Steven Weinberg: Dreams of a Final Theory. Vintage, 1994, ISBN 0679744088.
- ↑ Frank J Tipler: The Physics of Immortality: Modern Cosmology, God and the Resurrection of the Dead. Anchor, 1997, ISBN 0385467990.
- ↑ Interpretationen der Quantenmechanik - Interview Theodor Hänsch. drillingsraum.de, 29. August 2011, abgerufen am 5. Mai 2012.
- ↑ a b Tegmark, M. (1997) „The Interpretation of Quantum Mechanics: Many Worlds or many words?“ arXiv:quant-ph/9709032v1
- ↑ Deutsch, D., (1999) ‘Quantum Theory of Probability and Decisions’, Proceedings of the Royal Society of London A 455, 3129-3137
- ↑ Hartle, J. B., (1968) ‘Quantum Mechanics of Individual Systems’, American Journal of Physics 36, 704-712.
- ↑ H.D. Zeh: Wozu braucht man „viele Welten“ in der Quantentheorie? http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~as3/VieleWelten.pdf
- ↑ Adrian Kent: Against Many-Worlds Interpretations. In: Int. J. Mod. Phys. A. 1990, S. 1745-1762, arXiv:gr-qc/9703089v1, doi:10.1142/S0217751X90000805.
- ↑ Adrian Kent: Against Many-Worlds Interpretations. In: Int. J. Mod. Phys. A. 1990, S. 1745-1762, arXiv:gr-qc/9703089v1, doi:10.1142/S0217751X90000805.
- ↑ H.P. Stapp: The basis problem in many-worlds theories. In: Canadian Journal of Physics. 80, 2002, S. 1043-1052, doi:10.1139/p02-068.
- ↑ Wojciech H. Zurek: Decoherence, Einselection and the Existential Interpretation (the Rough Guide). In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London A. 356, Nr. 1743, August 1998, S. 1793-1821, doi:10.1098/rsta.1998.0250.
- ↑ Murray Gell-Mann, James Hartle: Quantum Mechanics in the Light of Quantum Cosmology. In: Wojciech H. Zurek (Hrsg.): Complexity, Entropy and the Physics of Information. Westview Press, 1990, ISBN 0201515067, S. 425-459.
- ↑ David Deutsch: The Fabric of Reality: Towards a Theory of Everything. Penguin, 2011, ISBN 0140146903.
- ↑ Roger Penrose: Shadows of the Mind: A Search for the Missing Science of Consciousness. Vintage Books, 1995, ISBN 0099582112.
- ↑ Carl-Friedrich
von Weizsäcker (1985) Aufbau der Physik. Elftes Kapitel: Das
Deutungsprobelm der Quantentheorie. Carl Hanser Verlag, München/Wien. S.
563ff und Dreizehntes Kapitel: Jenseits der Quantentheorie, S. 605f
- ↑ Carl-Friedrich
von Weizsäcker (1985) Aufbau der Physik. Elftes Kapitel: Das
Deutungsproblem der Quantentheorie. Carl Hanser Verlag, München/Wien. S.
564
- ↑ Carl-Friedrich von Weizsäcker (1985) Aufbau der Physik. Dreizehntes Kapitel: Jenseits der Quantentheorie, S. 606