Montag, 10. November 2014

25 Jahre neue Deutsche Einheit ohne Mauer

So habe ich die Grenzöffnung der Ex-DDR erlebt


Tja ... gestern war also in Berlin eine Riesenparty wegen des Mauerfalls vor 25 Jahren. Auch sonst war in Deutschland viel Remmi-Demmi zum Thema. Da muss ich mich als Bloggerin wohl auch mal dazu äußern, wie ich das mit der Grenzöffnung der Ex-DDR damals erlebt habe und was ich heute darüber denke.

Als das damals passierte, ging ich gerade als späte Nochmalschülerin auf das Fachgymnasium Preetz und holte das Abitur nach. Logisch haben wir damals viel über Politik diskutiert und hatten auch Lehrkräfte, die wie viele Lehrer politisch sehr engagiert, entsprechend intolerant gegenüber ihren möglicherweise andersdenkenden Schülern und natürlich sehr bemüht waren, ihre persönliche Meinung zum Thema unters Volk und damit den Wähler zu bringen. Wir waren auf dem Fachgym ja überwiegend erwachsen und insofern wahlberechtigt. Die grün denkenden Exemplare hatten damals wenig Meinung dazu. Das war auch gut so, denn die waren bei uns die intolerantesten Lehrkräfte und mega-gefährlich. Man musste sich bei denen mit einer eigenen Meinung immer besonders vorsehen.

In Gemeinschaftskunde hatte ich eine besonders rote Socke, die in ihrer Jugendzeit wohl in einer ähnlichen Einrichtung wie Kommune 1 gelebt haben mag, Jüdin, vom Schicksal her eigentlich schwer geschlagen, weil sie als einzige ihrer Familie das Massaker Hitlers überlebt hat, andererseits durch eine Heirat nach dem Krieg seltsamerweise genauso wie die Kinder jüdischer Abstammung meiner damaligen Nachbarin aus Schellhorn, die auch den Krieg überlebt hatten, wiederum trotz des harten Schicksals steinreich und durch die Grenzöffnung nun wegen der Rückgabe alter Reichtümer erst recht.

Mein Philosophielehrer unterrichtete andere Schüler ebenfalls im Fach Gemeinschaftskunde und auf dem E-Zweig auch welche in E-Technik und Physik. Der war Parteimitglied der CDU und stand natürlich voll hinter Kohl. Er sagte immer bezüglich seiner Kollegin, auch wenn sie gegen die Grenzöffnung sei, das Geld, was ihr dann wegen der früheren Enteignung der Juden zustünde, würde sie sicherlich nehmen und nicht an die Armen verschenken. Ich glaube, sie hat es auch nicht an die Armen verschenkt.

Ich persönlich hatte ja als genetische Ossi-Nachfahrin auch viele Verwandte in der Ex-DDR und insofern reichlich Kontakt rüber in den Osten gehabt. Ich war der Meinung, dass unsere damals schon angeschlagene Wirtschaft die Ossis nicht verkraften würde, denn die waren ja noch mehr pleite als wir es schon waren. Andererseits fand ich, dass wir alles an Asylanten ins Land lassen, was von irgendwoher Zuflucht sucht und deshalb ausgerechnet unsere ja ebenfalls deutschen Brüder und Schwestern ja nun nicht im Stich lassen sollten, auch wenn danach ganz sicher anders als die es sich vorstellen würden, dann rasend schnell den Bach runter gehen würde und sich Deutschland wirtschaftlich davon ganz sicher in Jahrzehnten nicht wieder erholen würde.

So ist es ja auch gekommen. Ich hatte also recht. Ich reagiere oft heute deshalb sehr ungehalten, wenn ausgerechnet die Ossis rumjaulen, dass es ihnen ja jetzt so dreckig geht. Uns geht es genauso dreckig, weil wir sie aufgenommen haben. Hätten wir das damals nicht getan, ginge es uns vielleicht schlecht, aber ganz bestimmt nicht so schlecht, wie es uns jetzt geht. Von mir aus können mich jetzt einige Ossis dafür an den Pranger stellen. Ich bin es gewohnt, ein loses Mundwerk zu haben und auch zu sagen, was ich denke, und das denke ich nunmal.

Unsere Verwandten aus dem Osten waren wir übrigens nach der Grenzöffnung schnell los beziehungsweise den ach so innigen Kontakt zu ihnen. Die eigentlich Geschwister meiner Großeltern lebten genauso wie Oma und Opa selbst ja nicht mehr. Es waren also nur noch Cousinen und Cousins meiner Mutter und so, die wir über Jahrzehnte ja immer mit Paketen und allem, was drüber teuer und schlecht zu kriegen war oder auch Mitbringseln bei den häufigen Besuchen drüben versorgt hatten .. sie Armen da drüben waren ja immer sooooo bedauernswert gewesen, weil es drüben ja nichts zu kaufen gab .. angeblich. Ich habe das schon damals immer anders gesehen, denn alles, was man zum Leben brauchte, war da ja billig ohne Ende ... nur manche Luxusgüter waren teuer. Bei uns war alles teuer, auch das, was man zum Leben braucht und Luxusgüter konnten sich schon damals die meisten Menschem im Westen doch gar nicht leisten, sondern nur einige Großkapitalisten.

Wie wir die los wurden, erzähle ich jetzt. Mein Ex und ich beschlossen, Mama einen Gefallen zu tun und alle die Dörfer abzuklappern, die nicht in Polen lagen, sondern noch in Mac-Pom, wo sie mit Oma und Opa und ihrem ja im Krieg gefallenen Bruder früher gelebt hatte. Also Wohnmobil geliehen, Kinder auch mit rein und los ging es. Ich glaube, Mama war von der Idee weniger begeistert als mein Ex. Als wir auch noch in Wentow die Ex ihres Bruders wiederfanden und die uns spontan später in Preetz besuchen kam, war Mama alles andere als froh darüber. Ich glaube, diese Rundreise hat bei ihr viele fiese Kriegs- und Vorkriegserlebnisse wieder wach gerufen, die sie schon fast erfolgreich verdrängt hatte. Die Hitlerzeit war sicher nichts, an das sich viele Menschen besonders gerne erinnert haben, sondern eine fiese Zeit mit viel Angst und Unfreiheit oder weil man aus Angst auch manches mitgemacht hat genauso wie ja viele es in der Ex-DDR getan haben, auch etwas, wo man später ein schlechtes Gewissen wegen haben konnte .. und in meinen Augen vielleicht gar nicht haben müsste, denn ich denke auch, dass es legitim ist, die Schnauze zu halten und nicht zu sterben, wenn es anders nicht geht.

In meinen Augen brauchen wir weder die Hitlerzeit noch die Zeit der Ex-DDR zurück, denn beides war gleichermaßen Mist und ein Unrechtssystem ohne gleichen und die wirtschaftlichen Vorteile gleichen den Mangel an Freiheit nicht aus. Und wer heute von den Ossis schreit, sie wollen ihre alten Sachen wieder zurück, dem sage ich hier klipp und klar .. und mein Mann Jürgen denkt darüber übrigens ganz genauso ... dann baut doch die Mauer wieder auf, geht zurück und bleibt da bitte, aber baut die Mauer doch noch ein Stück höher, damit Ihr nicht nochmal wieder hierher kommt. Denn wer diesen Staat zurück will, den brauchen wir hier wirklich nicht.

Na ja .. bei unserem Trip in den Osten, der echt witzig war, kamen wir dann auch auf die Idee, doch mal unsere ach so lieben Verwandten im ehemaligen Ost-Berlin zu besuchen, die ja ehemalige Stasi-Funktionäre gewesen sind, was meine Großtante zumindest von dieser Tochter und ihrem Mann nie gut gefunden hat .. ihre andere Tochter war nicht so, das nur mal nebenbei gesagt, aber die haben wir nach der Grenzöffnung dennoch trotzdem aus den Augen verloren, und zwar komplett. Diese hier hatten ja noch von ihrer Mauschelei her im Osten ein ganz tolles Wochenendhaus und Gartengrundstück in Berlin. Wir da also mit 7 Leuten hin, übernachten und uns durchfressen, ohne was mitzubringen !!!!! Geht ja gar nicht .. die Gesichter sehe ich heute noch, als wir da aufgeschlagen sind in der Annahme, sie freuen sich, dass wir über Nacht und zum Frühstück bleiben, bevor wir nach Hause schippern mit unserem Wohnmobil. Ich war so begeistert von dieser "Gastfreundschaft" unserer Ossi-Verwandtschaft, dass ich denen nie wieder auch nur ne Ansichtskarte geschickt habe .. sie uns aber auch nicht. Auch nicht die Nicht-Stasi-Schwester oder Enkelin dazu, denen ich vor der Grenzöffnung so manches an Paketen und Geschenken in den Rachen geschmissen habe .. weil sie ja sooo arm dran waren.

Mögen sie bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Unsere damalige kleine Reise war übrigens sowas von billig, so billig haben wir weder davor noch danach jemals wieder Urlaub gemacht. Da konnte man mit der ganzen Familie essen gehen und noch reichlich Trinkgeld geben und hat weniger ausgegeben als für einige Dosen Erbsensuppe vom Billig-Discounter hier im Westen und so weiter. War Wahnsinn. Aber das mit den Preisen hat sich dann ja schnell angeglichen und heute ist drüben wohl so ziemlich alles genauso teuer wie hier bei uns auch.

Wir waren einige Jahre später nochmal in Hoyerswerda Urlaub machen. Mit Mama und den beiden Kleinen an einem Baggersee da und dann noch in Zittau ne Kollegin besuchen, die nach der Grenzöffnung endlich hat studieren können. War ne Christin, die in Ossiland vorher große Probleme hatte. Da war es auch noch recht günstig drüben, aber nicht mehr ansatzweise so günstig wie ganz zuerst bei diesem ersten Trip mit dem Wohnmobil zu den Dörfern, wo Opa früher als Melkermeister gearbeitet und meine Mama dann ja gewohnt hat.

Ach ja ... mein Mathelehrer auf dem Fachgym, den ich in der 13 kriegte, kam aus dem Osten, ist da weil politisch gegen das System auf's Übelste gefoltert und mishandelt worden. Ich habe über den immer gesagt, er wäre immer noch Sozialist, obwohl er ja dagegen war, denn meine Mathenote ist bei dem von vorher 6 auf 13 Punkte gestiegen .. obwohl mir dieses Fach nie gelegen hat .. aber war gut für meine Abi-Note. Viele von uns haben bei ihm bessere Noten in Mathe gehabt als vorher, was mir was über das ehemalige Schulsystem der Ex-DDR sagt, wo es wohl erheblich leichter gewesen sein muss, über die Runden zu kommen als hier.

Auch das mag vielen Ossis heute zu schaffen machen. Der goldene Westen ist nunmal eine Ecke, wo man mit viel Leistung auch viel erreichen kann, aber ohne nunmal nicht .. aber Ihr wolltet ihn doch haben, nun habt ihr den goldenen Westen.

Ich trau übrigens den Linken auch nicht und muss unserem Ministerpräsidenten recht geben. Viele Ideen der Linken sind toll, aber als ich das neue Parteiprogramm unterschreiben sollte, standen da auch solche Dinge drin wie Rechtsdenkende zu bestrafen .. sie würden also alles genauso machen wie vorher.

Da bin ich spontan aus dieser Partei wieder ausgetreten, die wie ich selbst auch es gut findet, Hartz IV wieder abzuschaffen.

Denn um jeden Preis will ich das nicht und der Preis, wieder sowas wie die Ex-DDR zu kriegen, wäre mir zu noch, um nicht mehr so arm wie jetzt zu sein.

In diesem Sinne.

LG
Renate

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