Montag, 18. November 2013

Dissertation über die Giftwirkung von Ackerschachtelhalm und Sumpfschachtelhalm

Bisschen mehr Input darüber, was darin für Pferde und andere Lebewesen giftig ist


Einen Link zu der gesamten Dissertationtion hänge ich gleich vorn an. Die ist nämlich über 200 Seiten lang. Daraus kopiere ich nur kleine Teile für Schnell-Leser. Wer es genau wissen möchten, sollte sich alles durchlesen, das ist nämlich sehr interessant, weil es nicht nur die Thiaminase ist, die in beiden Sorten Schachtelhalm giftig ist.

In dem Zusammenhang, dass Schachtelhalm auch viel Selen enthält, ist gerade bei unserem Pony, das ja nun immer wieder im letzten Stall krank wurde, auch wichtig,dass sie dann entgegen der Absprache mit mir wiederholt .. auch nach dem letzten Reheschub im Sommer wieder ... mit viel zu großen Mengen selenhaltiger Pelletts, die künstliches Selen enthalten haben, zugefüttert wurde, was vermutlich nicht der Auslöser war, aber alles noch viel schlimmer machte. Als dritten Aspekt hatten wir dann letzten Winter auch noch Schimmel in der Heulage. Generell aber auch eben die Unsicherheit, nie zu wissen, ob selbst das Heu .. das dann ja in Großballen angeboten wird, was eine Weile dauert, bis so einer alle ist ... nicht mit Schachtelhalm kontaminiert ist, weil in der Senke, wo welcher wächst, ja immer wieder Heu und Heulage gemacht worden sind, egal was ich gesagt habe.

Es hieß dann, das sei ja nur Ackerschachtelhalm und der sei ungefährlich, was eben nicht stimmt, der ist nur nicht ganz so giftig wie Sumpfschachtelhalm, weil die Konzentration dieser Gifte darin wohl nicht ganz so hoch ist.

Mehr dazu im Link und den folgenden Auszügen daraus.

LG Renate


INAUGURAL – DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer Doktorin
der Veterinärmedizin
- Doctor medicinae veterinariae -
( Dr. med. vet. )
vorgelegt von
Anna Katharina Hünsche
Magdeburg
Hannover 2010 
 
 
Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Josef
Kamphues,
Institut für Tierernährung, Hannover 
 
 
1 EINLEITUNG
Der Sumpfschachtelhalm (
Equisetum palustre
) gilt schon seit langer Zeit als giftige Pflanze,
die insbesondere in Feuchtgrünlandgebieten vorkommt
. Aufgrund der futterwirtschaftlichen
Nutzung dieser Flächen stellt das Vorhandensein des
Sumpfschachtelhalmes eine Gefahr für
die Gesundheit von landwirtschaftlichen Nutztieren
dar. Vielseitige staatliche
Bekämpfungsmaßnahmen im Sinne einer Gebietsentwässe
rung verbunden mit intensiver
Düngung und landwirtschaftlicher Flächennutzung füh
rten im 20. Jahrhundert zu einer
weitgehenden Verdrängung der Giftpflanze. Allerding
s wurde in jüngster Zeit Grünland in
landeseigene Naturschutzgebiete umgewandelt, um som
it wieder die Bedingungen für
artenreiche Biozönosen zu verbessern. Infolge der e
xtensiven Bewirtschaftung und Anhebung
des Grundwasserstandes in diesen Biotopen wurden wi
eder günstige Voraussetzungen für
eine Ausbreitung des Sumpfschachtelhalms (SSH) gesc
haffen. Im niedersächsischen
Verbreitungsatlas der Gefäßpflanzen ist eine Ausbre
itung bereits dokumentiert. Eine deutliche
Zunahme in den letzten 5 – 10 Jahren stellt die Ber
eitschaft der Landwirte, diese
Feuchtgrünlandgebiete als Weide oder zur Heu- bzw.
Silagegewinnung zu nutzen, in Frage. 
 
 
Um weiterhin die notwendigen Pflegemaßnahmen im Ein
klang mit der landwirtschaftlichen
Nutzung durchzuführen, initiierten die öffentlichen
Träger der Flächen ein Verbundprojekt.
Hiermit sollten verschiedene Fragen, die mit der Th
ematik Sumpfschachtelhalm verbunden
sind, bearbeitet werden. In drei Naturschutzgebiete
n sollten im Rahmen von Teilprojekten
verschiedene Nutzungs- bzw. Bekämpfungsstrategien e
rarbeitet werden, um daraus später
Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Hauptsäch
lich steht das Palustrin als sekundärer
Inhaltstoff des Sumpfschachtelhalms im Verdacht, Au
slöser von Gesundheitsstörungen
vielfältigster Art zu sein. In diesem Zusammenhang
ist das Wissen um den Palustringehalt im
verwendeten Pflanzenmaterial und dessen Toxizität v
on besonderer Bedeutung. Zum
Zeitpunkt des Projektbeginns im Sommer 2008 existie
rten für das Palustrin keine etablierten
Analysenverfahren. Die Etablierung eines Palustrin-
Standards, welcher nachfolgend für die
Analyse von SSH-Proben eingesetzt werden konnte, er
folgte im Institut für Pharmazeutische
Biologie der Technischen Universität Braunschweig.
Dieser Standard konnte anschließend
vom Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (In
stitut für Pflanzenbau und Bodenkunde,
Braunschweig) zur Analyse des Palustringehaltes des
in der vorliegenden Studie verwendeten
 
Sumpfschachtelhalms eingesetzt werden (LANDWIRTSCHA
FTSKAMMER
NIEDERSACHSEN 2008
1
). Als Teil des erwähnten Verbundprojektes soll die
vorliegende
Dissertationsschrift unter Beachtung veterinärmediz
inischer Gesichtspunkte das
Gefährdungspotential des SSH für landwirtschaftlich
e Nutztiere und Pferde näher
charakterisieren. Die hierzu vorliegenden Informati
onen aus der Literatur sind zum Teil nicht
nur veraltet, sondern auch widersprüchlich. Vor die
sem Hintergrund zielen die vorliegenden
Untersuchungen auf die Klärung der Frage, mit welch
en Auswirkungen und evtl.
Gesundheitsstörungen zu rechnen ist, wenn Grundfutt
er für Schafe, Pferde und auch Rinder
mit Sumpfschachtelhalm kontaminiert ist. 
 
...

2.1 Taxonomische Zuordnung und Vorkommen von Sumpfs
chachtelhalm (SSH)
Vom Sumpfschachtelhalm, der umgangssprachlich auch
als Duwock, Kuhtod, Haarmoos,
Kuhmoos, Pferdeschwanz, Schaftheu, Kattsteert oder
Rowbold bezeichnet wird (GLET 1930;
DÜLFFER-SCHNEITZER 2005; STÖBER 2006), ist heute nu
r noch eine Familie mit einer
Gattung und einer geringen Anzahl von Arten anzutre
ffen. Von den 32 Arten sind 10
endemisch, von denen die bekanntesten Vertreter Ack
er-, Sumpf-, Teich- und
Waldschachtelhalm sind (MAYER 1968). Die taxonomisc
he Zuordnung kann nach
WEBERLING und SCHWANTES (2000) wie folgt vorgenomme
n werden: 
...
 U
m den Sumpfschachtelhalm
(SSH) von dem ebenfalls weit verbreiteten Ackerscha
chtelhalm (
Equisetum arvense
)
abgrenzen zu können, kann ein einfaches Unterscheid
ungsmerkmal verwendet werden. Das
erste Astglied fällt beim Sumpfschachtelhalm kürzer
als die Stängelscheide aus (WIESNER
1967; FROHNE u. PFÄNDER 2004). Weitere Merkmale, di
e zur Differenzierung zwischen
den beiden Arten herangezogen werden können, sind d
ie unterschiedlich gefärbten
Scheidenzähne der Asthüllen. Beim Sumpfschachtelhal
m sind die Scheidenzähne breit und
schwarz, beim Ackerschachtelhalm schmal und weiß be
randet (FROHNE u. PFÄNDER
2004). Nach DÜLFFER-SCHNEITZER (2005) und eigenen B
eobachtungen können die
Scheidenzähne aber auch beim SSH leicht weiß berand
et sein. Als weiteres
Unterscheidungsmerkmal gilt die Anzahl der Zähne pr
o Stängelscheide. Bei dem
Ackerschachtelhalm sind es 10 – 12, die Stängelsche
ide des SSH hat 7 – 8 Zähne (SCHÖPKE
2000). Der Teichschachtelhalm fällt durch den große
n Durchmesser des Stängels und die
wenigen Seitenzweige auf. Die Mittelhöhle ist sehr
groß, daher erscheinen die Wände der
Pflanze sehr dünn (KRIES 1962). 
...

- Verbreitung
Typischerweise ist der immergrüne SSH auf nassen Wi
esen, in Uferregionen und flachen
Mooren zu finden (DÜLFFER-SCHNEITZER 2005). Diese P
flanze gehört zu den zehn
Schachtelhalmarten, die auf der Nordhalbkugel wachs
en. Über Europa, Asien und
Nordamerika erstreckt sich der Bewuchs zwischen 40°
bis 70° nördliche Breite (KRIES
1962). Der Standort, von welchem das in der vorlieg
enden Untersuchung eingesetzte
SSH-Material stammt, und die genaue Bewuchsdichte (
Pflanzen pro m²) können der Karte
„Vorkommen Sumpf-Schachtelhalm – Naturschutzgebiet
(NSG) Asseler Sand “ (Stand Juni
2007) entnommen werden (s. Anhang 1). Aus dieser Ka
rte ist ersichtlich, dass auf den in
dieser Studie genutzten Sammelflächen (Flurstück 1/
1 und 3/1) die Dichte des
Sumpfschachtelhalmbewuchses > 30 Pflanzen/m² beträg
t. Die angrenzenden Flurstücke in 
 
westlicher Richtung von 1/1 sind ebenfalls stark mi
t SSH bewachsen. Die Flurstücke in
westlicher Nachbarschaft von 3/1 weisen indes nur e
in kleinflächiges Vorkommen auf. Diese
Flächen sind stärker entwässert und werden insgesam
t intensiver genutzt
1
. In östlicher
Nachbarschaft befinden sich neben Ackerland v.a. Ob
stplantagen. Diese wurden in der
Vergangenheit angelegt, da das beträchtliche SSH-Vo
rkommen eine Bewirtschaftung der
Flächen zur Raufuttergewinnung nicht zuließ. Im Dur
chschnitt sind in dem Gebiet des NSG
„Asseler Sand“ ein bis drei Sumpfschachtelhalmpflan
zen/m² vorhanden, nur sporadisch steigt
der Bewuchs auf mehr als drei Pflanzen/m² an. In di
rekter Elbnähe (nördliche
Himmelsrichtung) liegen die Flächen höher und sind
sandiger, d.h. es findet hier eine bessere
Durchlüftung des Bodens statt
1
. Dadurch wachsen dort lediglich zwischen ein bis d
rei
Pflanzen/m². Nur vereinzelt steigt die Dichte auf d
rei bis zehn Pflanzen/m² und nur ein
Flurstück in unmittelbarer Elbnähe weist ein Vorkom
men von mehr als 30 Pflanzen/m² auf.
Bereits 1970 wurde auf entsprechendem Kartenmateria
l die Ausbreitung von SSH im
Naturschutzgebiet „Asseler Sand“ gekennzeichnet. An
gaben über Bewuchsdichten lagen
jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht vor
2
...

2.2 Inhaltsstoffe
Die im SSH nachzuweisenden hohen Aschegehalte lasse
n sich in erster Linie auf
Einlagerungen von Kieselsäure in die Epidermis der
Pflanze zurückzuführen (HAUKE 1978;
COOPER u. JOHNSON 1984; PERRY u. FRASER 1991; SCHMI
DT 1997). Die Rohasche
enthält dabei zwischen 31 und 72 % Kieselsäure (KRI
ES 1962). Ähnliche Werte können dem
Acker- und Riesenschachtelhalm unterstellt werden (
HODSON et al. 2005; SANDHU et al.
2010). Nur die Lebermoose weisen noch höhere Gehalt
e auf (HODSON et al. 2005). Durch
die Kieselsäureeinlagerungen in die Zellwände soll
die Stabilität verbessert werden (CURRIE
u. PERRY 2009). Außerdem dient die Ablagerung als p
hysikalische Barriere gegen Pilze und
als Fraßschutz (YOSHIDA et al. 1962; MASSEY et al.
2007). Im SSH liegt eine Vielzahl von
Alkaloiden und organischen Säuren vor (KNIGHT u. WA
LTER 2003). Auch die Alkaloide
stellen aufgrund ihrer Toxizität einen wirkungsvoll
en Mechanismus dar, welcher die Pflanze 
 
vor Fraßschäden schützen soll (SCHUMANN 2008). Zu d
en sekundären Inhaltsstoffen zählen
neben den potentiell giftigen Alkaloiden Palustrin
und Palustridin sowie einer Reihe nicht
näher identifizierter Alkaloide (GREEN et al. 1969)
auch Thiaminasen. In Spuren sind
Palmitin-, Aconit-, Oxal-, Linolensäure und Nicotin
zu finden (KARRER et al. 1949;
WÖHLBIER u. BECKMANN 1950; WIESNER 1967; LIEBENOW u
. LIEBENOW 1993;
ROTH et al. 2008). Zu den weiteren Inhaltsstoffen z
ählen ätherische Öle, Flavequisetin sowie
Mangan- und Eisensalze (KARRER et al. 1949; KERN 19
57; WIESNER 1967). Einige der
genannten Inhaltsstoffe können grundsätzlich auch S
chadwirkungen entfalten. Da sie nur in
Spuren vorkommen, sind sie aber eher für den Pflanz
enstoffwechsel relevant und gelten für
Tiere in diesen Konzentrationen als unbedenklich (T
EUSCHER u. LINDEQUIST 1994). 
...

2.2.1 Alkaloide
In die Gruppe der Alkaloide können neben dem Palust
rin mehr als 20.000, größtenteils
pflanzliche Stoffe eingeordnet werden, welche in Bl
üten, Blättern, Wurzeln und Früchten
gespeichert werden können. Es handelt sich um sekun
däre Inhaltsstoffe, die im Rahmen des
Kohlenhydrat-, Fett- und Aminosäurenstoffwechsels e
ntstehen (BRIEMLE 2000). Das
heterocyclisch gebundene Stickstoffatom im Molekül
kennzeichnet diese meist alkalisch
reagierenden Verbindungen (BREITMAIER 2002). Die he
rvorgerufenen Effekte sind
vielfältig (BREITMAIER 2002). In der Medizin finden
Alkaloide u.a. als Arzneimittel
(Vinblastin, Codein, Scopolamin) Verwendung und sin
d an diversen Stoffwechselvorgängen
im Organismus beteiligt (FACCHINI 2001).
Die Einteilung der Inhaltsstoffe, die für die Giftw
irkung einer Pflanze nötig sind, nimmt
LODGE (1963) folgendermaßen vor:
1.
Direkt für Tiere giftige Inhaltsstoffe: in diese Gr
uppe gehören Alkaloide, Phytotoxine,
Oxalsäuren und Selen (dosisabhängig).
2.
Substanzen, die eigentlich harmlos sind, aber unter
bestimmten Bedingungen in eine
toxische Form umgewandelt werden können: das Glykos
id Amygdalin ist dieser
Gruppe zuzuordnen. Durch das Enzym Glucuronidase ka
nn Amygdalin in Cyanid
umgewandelt werden, welches toxisch ist. 
 
3.
Auf Pflanzen vorkommende Mikroorganismen können Sto
ffwechselprodukte bilden,
die zu Vergiftungen führen. 
 
Die Frage nach dem genauen Wirkungsmechanismus des
Palustrins ist bisher nicht
abschließend geklärt. Bereits 1890 versuchte PAUCAR
ZYNSKI erstmalig, ein Alkaloid aus
dem SSH zu isolieren. In einem heute unter tierschu
tzrechtlichen Aspekten als kritisch zu
betrachtenden Versuch injizierte der Wissenschaftle
r isoliertes Alkaloid in das Colon eines
Kaninchens, welches daraufhin verstarb. Weitere s.c
. Injektionen bei Fröschen und Kaninchen
verliefen ohne entsprechende Symptome. In umfangrei
chen Studien wurde sich der
Bedeutung des Palustrins gewidmet, welches als Haup
talkaloid eingestuft wird (GLET et al.
1936; WÄLCHLI u. EUGSTER 1978), während die Mischun
g aus diversen Alkaloiden als
Equisetin bezeichnet wird (LOHMANN 1904). Aufgebaut
ist das makrozyklische
Piperidinalkaloid Palustrin (HABERMEHL et al. 2008)
aus Spermidin und einer
C
10
-Carbonsäure (HÄNSEL u. HÖLZL 1996). Von einigen Au
toren wird das Palustrin als
auslösende Noxe für die klinischen Symptome bei Wie
derkäuern nach Aufnahme von SSH
diskutiert (WIESNER 1967; LIEBENOW u. LIEBENOW 1993
; HABERMEHL 1985; ROTH
et al. 2008). Bisher fehlen aber entsprechende Unte
rsuchungen, welche die Toxizität
ausreichend bestätigen (TEUSCHER u. LINDEQUIST 1994
). Grundsätzlich gelten alle
Pflanzenteile als giftig, die Toxizität soll auch i
m Heu und in der Silage erhalten bleiben 
 
(GERLACH 1929; TOETZKE 1931; COOPER u. JOHNSON 1984
; KNIGHT u. WALTER
2003; GASTEINER 2001; DÜLFFER-SCHNEITZER 2005). Erw
ähnenswert ist die
Beobachtung von UOTILA (1956), dass im Juni gesamme
lter SSH „toxischer“ wirke als das
Material, welches aus dem Herbst stammte. Worauf di
ese Annahme basiert, wird allerdings
nicht erklärt. In Proben, welche über einen Zeitrau
m von acht Jahren gelagert und in
regelmäßigen Zeitabständen untersucht wurden, konnt
e keine Reduktion des Alkaloidgehaltes
festgestellt werden (WÖHLBIER u. BECKMANN 1950). Gr
ößere Unterschiede zeigen sich
jedoch zwischen verschiedenen Chargen (s. Tab. 1).
Dabei variierte der Alkaloidgehalt nicht
nur innerhalb eines Jahres zwischen 82 - 302 mg/100
g TS, sondern auch im zeitlichen
Verlauf von nur fünf Jahren zwischen 15 - 302 mg/10
0 g TS. 
...
 
 Aufgrund des allgemein
niedrigen Gehaltes an Palustrin im SSH wird vermute
t, dass Vergiftungssymptome
demzufolge nicht allein durch dieses Alkaloid ausge
löst werden können (KERN 1957). 
...

2.3 Thiamin
Im Folgenden soll gesondert auf das Vitamin B
1
eingegangen werden, da es infolge der
Aufnahme von SSH zu einer Hypovitaminose B
1
bei Pferden kommen soll. Das auch unter
dem Synonym „Aneurin“ bekannte Thiamin ist wasserlö
slich und kann daher kaum im
Körper gespeichert werden (BRÄUNLICH u. ZINTZEN 197
6). Die Thiaminversorgung von
Pferden wird kontrovers diskutiert. Während einige
Autoren davon ausgehen, dass die
Vitamin B
1
-Versorgung beim Pferd von der Aufnahme über die Fu
ttermittel abhängt
(ROBERTZ 2008), gehen andere davon aus, dass im Dic
kdarm, besonders im Caecum, eine
mikrobielle Thiaminsynthese und –resorption stattfi
ndet (CARROLL et al. 1949; LINERODE
1967; MEYER u. COENEN 2002). Jedoch ist die Resorpt
ion aus dem Darmlumen nur im
geringen Umfang möglich bzw. das mikrobiell gebilde
te Thiamin scheint für eine
bedarfsgerechte Versorgung nicht auszureichen (CARR
OLL et al. 1949). Der Verlauf des
Thiaminmangels bei Tieren mit einhöhligen Magen kan
n nach BRIN (1964) in fünf Stufen
unterteilt werden:
1.
Vorstufe: umfasst einen Zeitraum von fünf Tagen von
der Einstellung der
Vitamin B
1
–Zufuhr bis zur schwächer werdenden Ausscheidung üb
er den Harn.
2.
Biochemische Stufe: in dieser Phase ist nach zehn T
agen eine reduzierte
Transketolase-Aktivität in den Erythrozyten festste
llbar. 
...

3.
Physiologische Stufe: nach 21 – 28 Tagen kommt es z
u Inappetenz, Hyperästhesie und
zu KM-Verlust.
4.
Klinische Stufe (30. – 300. Tag): es kommt zu einer
verlangsamten Herzfrequenz und
Polyneuritis.
5.
Anatomische Stufe: in der pathologisch-anatomischen
Untersuchung können eine
Hypertrophie des Herzens sowie Degenerationen und H
ämorrhagien im ZNS
diagnostiziert werden.
Ein ähnlicher klinischer Verlauf wurde von CARROLL
et al. (1949) beobachtet. Somit sind
neurologische und kardiovaskuläre Störungen bei der
Hypovitaminose B
1
für Pferde und v.a.
junge Wiederkäuer typisch (BRÄUNLICH u. ZINTZEN 197
6). Zudem werden unspezifische
äußere Symptome wie Anorexie, Tachykardie, Ataxie,
Muskelschwäche und Paralyse
beschrieben. In der Sektion fallen dilatierte Herzk
ammern, Herzvergrößerungen und Ödeme
auf (HAGER et al 1995). 
...
 Nordamerika
nische Wissenschaftler geben in
ihren Berichten zumeist an, dass Vergiftungsfälle d
urch die Aufnahme von Acker- oder
Sumpfschachtelhalm verursacht werden können. Bei de
r Beschreibung der Symptome,
Sektionsbefunde usw. differenzieren die Autoren nic
ht immer zwischen den Arten, sondern 
 
nennen nur noch den Gattungsbegriff „Equisetum“ (HE
NDERSON et al. 1952; UDALL
1954; COOPER u. JOHNSON 1984; SCIMECA u. OEHME 1985
). Demzufolge bleibt
unklar, welche der beiden Pflanzenarten Auslöser fü
r die beschriebenen klinischen Symptome
war. Der Vollständigkeit halber werden die Studien
dieser Wissenschaftler trotzdem in den
entsprechenden Kapiteln erwähnt. Auffällig ist auch
, dass nur eine geringe Anzahl
nordamerikanischer Berichte über Vergiftungserschei
nungen vorliegt. Eine mögliche
Erklärung könnte in der geringen Verbreitung des SS
H auf diesem Kontinent zu finden sein.
Darüber hinaus ermöglicht die dünnere Besiedelung,
dass dort wirtschaftende Landwirte nicht
auf die Nutzung besonders belasteter Flächen angewi
esen sind (KRIES 1962).
...

2.4.2
Pferde
Von einigen Autoren wird die Empfehlung ausgesproch
en, kontaminierte Flächen nur durch
„unempfindliche“ Pferde beweiden zu lassen (GASTEIN
ER 2001), ohne dass jedoch definiert
wird, welche Pferde als unempfindlich einzustufen s
ind. Mitunter wird auch berichtet, dass
Pferde - im Gegensatz zu Wiederkäuern - den Sumpfsc
hachtelhalm gern aufnehmen
(KRAUSE 1916; MAGNUSSON u. MAGNUSSON 1990). Aus ver
schiedenen
Beobachtungen lässt sich zudem schlussfolgern, dass
es bei Pferden vornehmlich durch die
Aufnahme von Ackerschachtelhalm, bei Rindern hingeg
en durch SSH zu klinischen
Symptomen einer Vergiftung kommt (COOPER u. JOHNSON
1984). Es ist allerdings nicht 
 
gesichert, ob diese Einschätzung auf entsprechenden
botanischen Untersuchungen oder nur
auf Vermutungen basiert. KERN (1957) vertritt die A
nsicht, dass Pferde nicht so empfindlich
wie Kühe reagieren. Auf der anderen Seite wird beri
chtet, dass Pferde die am häufigsten
betroffene Tierart zu sein scheint, während Rinder
und Schafe nur gelegentlich erkranken.
Zum überwiegenden Teil bestätigen nur osteuropäisch
e Autoren die giftige Wirkung des SSH
für Pferde (KRIES 1962). Auffallend dabei ist die Ä
hnlichkeit der beschriebenen
neurologischen Symptome in Untersuchungen von FOREN
BACHER (1952, Kroatien),
GUSSYNIN (1940, Russland) und JEWDOMIKOW (1949, Rus
sland). In Studien, in denen
die Latenzzeit untersucht werden sollte, wurde Heu
verwendet, welches Sumpf- und
Ackerschachtelhalm bzw. Acker- und Teichschachtelha
lm gemischt enthielt. Somit wurden in
diesen Untersuchungen den Tieren gleichzeitig mehre
re Schachtelhalmarten (Acker-, Teich-
und Sumpfschachtelhalm) angeboten. Die Latenzzeit b
etrug bei Angebot von Heu, welches
5 - 50 % Schachtelhalm enthielt, zwischen 20 und 30
Tagen (FORENBACHER 1952).
Insgesamt scheinen in Osteuropa nur dann Vergiftung
sfälle aufzutreten, wenn der SSH in
höheren Dosen über einen längeren Zeitraum (z.B. me
hrere Wochen) aufgenommen wird und
gleichzeitig eine Vielzahl negativer Faktoren einwi
rkt. Hierzu können die individuelle
Veranlagung, ein schlechter Ernährungszustand, vorh
andene Störungen des
Gastrointestinaltrakt es sowie die längerfristige V
erwendung minderwertigen Futters gehören 
 
(KRIES 1962). Diese Theorie wird durch die Beobacht
ung gestützt, dass vermehrt im
Spätwinter und in Notzeiten Vergiftungsfälle auftre
ten, aber auch insbesondere dann, wenn
fast ausschließlich Heu gefüttert wird (FORENBACHER
1952; RICHTER 1961). In
nordamerikanischen Fütterungsversuchen mit Schachte
lhalm-kontaminiertem Heu konnten
bei einem Pferd nach 32 Tagen zentralnervöse Ausfal
lerscheinungen festgestellt werden
(HENDERSON et al. 1952). Weitere Angaben zur Sympto
matik und Rationsgestaltung
fehlen. Als besonders empfindlich gelten Jungtiere
(KNIGHT u. WALTER 2003). Von
mehreren Autoren wird hingegen übereinstimmend beri
chtet, dass die Aufnahme von SSH in
der Regel keine Gefahr für den Gesundheitszustand v
on Pferden darstellt (PAUCARZYNSKI
1890; WEBER 1902; LOHMANN 1904; WERNER 1912; GERLAC
H 1929; STARKE 1941;
KLAPP 1971; UOTILA 1956; KRIES 1962). Diese Einschä
tzung, der SSH sei für Pferde
ungefährlich, basiert allerdings nicht auf wissensc
haftlichen Studien, sondern auf einer in
Deutschland landläufig verbreiteten Annahme (KRIES
1962). Es wird daher davon 
 
ausgegangen, dass die einzige Nutzungsmöglichkeit v
on SSH-belastetem Frisch- oder
Trockenfutter in der Pferdefütterung besteht. Finni
sche Landwirte gaben im Rahmen einer
Umfrage folgende klinische Symptome bei Pferden nac
h Aufnahme von SSH an: ein gestörtes
Allgemeinbefinden, Verlust der Körpermasse sowie Sc
hwäche und Durchfall nach
längerfristiger Aufnahme (UOTILA 1956). Um diese An
gaben zu überprüfen, wurden in
einer Studie mit
zwei
Pferden Fütterungsversuche durchgeführt. Dabei erh
ielt ein Tier den
SSH über einen Zeitraum von 10 Tagen. Die Hälfte de
r Zeit wurden 150 g getrockneter SSH
in das Heu gemischt, an den letzten fünf Tagen erfo
lgte die Verdopplung der SSH-Menge.
Insgesamt nahm das Pferd 2,25 kg uS SSH auf. Ein we
iteres Pferd erhielt 59,2 g getrockneten
SSH/100 kg KM/Tag (kalkuliert unter der Annahme von
600 kg KM) über einen Zeitraum
von 40 Tagen. Beide Pferde zeigten keinerlei Akzept
anzprobleme und nahmen die Ration
vollständig auf. Störungen des Allgemeinbefindens o
der neurologische Symptome konnten zu
keiner Zeit festgestellt werden (UOTILA 1956). 
...

- Ätiologie
Aufgrund der Heilung erkrankter Pferde nach Vitamin
B
1
-Gabe wurde im Umkehrschluss
gefolgert, dass das hauptverantwortliche toxische A
gens im Schachtelhalm die Thiaminase
ist. Die zentralnervösen Störungen sind demnach auf
die Hypovitaminose B
1
zurückzuführen
(FORENBACHER 1952; HENDERSON et al. 1952; SCIMECA u
. OEHME 1985;
WINTZER 1999; KNIGHT u. WALTER 2003). Um differenti
aldiagnostisch zwischen der
Wirkung der Schachtelhalme und einem primären Vitam
in B
1
-Mangel unterscheiden zu
können, wird der Verlauf der klinischen Symptomatik
und der Therapie mit einbezogen. Ein
„akutes Geschehen mit hochgradig ausgeprägten klini
schen Symptomen und erheblichen
Dosen an Vitamin B
1
, welche für die Heilung benötigt werden“, sprechen
für eine
Intoxikation mit Schachtelhalm. In einem Fütterungs
versuch mit Schachtelhalm-
kontaminiertem Heu (Acker-, Teich- und Sumpfschacht
elhalm) konnte eine verkürzte
Latenzzeit sowie eine stärkere Ausprägung der klini
schen Symptome im Vergleich zum
klinischen Bild des primären Vitamin B
1
-Mangels bei Pferden beobachtet werden
(FORENBACHER 1952). 
...

- Latenzzeit und klinische Symptome
Nachdem Pferde über zwei bis drei Wochen 41,7 - 125
g getrockneten SSH/100 kg KM/Tag
in der Ration erhielten, zeigten sich erste klinisc
he Symptome (kalkuliert unter der Annahme
von 600 kg KM; GUSSYNIN 1940). Allerdings war aus d
em Bericht nicht ersichtlich,
welchen prozentualen Anteil der SSH in der Ration b
ildete und welche Körpermasse die
Pferde hatten. Ein anderer Autor (WIESNER 1967) gib
t hingegen eine Latenzzeit von vier bis
fünf Wochen an, wobei keine Angaben zur Art des Fut
termittels bzw. zur Kontamination des
SSH gemacht werden. Ein Anstieg des SSH-Anteils ver
kürzt die Latenzzeit (WIESNER
1967). Bei einem hohem Schachtelhalmanteil in der R
ation und bei Jungtieren treten die
klinischen Symptome bereits nach zwei bis fünf Tage
n auf (UDALL 1954). Nach der
Aufnahme von Rationen mit 20 % SSH zeigen sich nach
einem Monat klinische Symptome
bei Pferden (KNIGHT u. WALTER 2003). Zumeist dauert
die Erkrankung 12 - 14 Tage an,
während chronische Verläufe eher selten sind. Die E
rkrankung lässt sich zumeist in zwei
getrennte Phasen mit unterschiedlichen klinischen B
ildern gliedern. Die erste Phase ist durch
eine allgemeine Hyperästhesie gekennzeichnet. Dabei
kommt es zu einer psychischen
Erregbarkeit und Ängstlichkeit. Des Weiteren werden
Hyperreflexie und fibrilläre Zuckungen
der Gesichts-, Ohr- und Vorderbeinmuskulatur beschr
ieben. Die zweite Phase geht mit Ataxie 
u nd Gleichgewichtsstörungen sowie anschließenden Kr
ämpfen einher, während das
Sensorium ungestört ist. Auftretende Erscheinungen
werden zunächst in der Bewegung und
erst im späteren Verlauf auch im Stehen deutlich. A
ufgrund dieser Symptome wird auch von
der „Taumelkrankheit“ gesprochen. Lähmungen, v.a. d
er Hinterhand, Areflexie und Verlust
des Muskeltonus sind seltene Befunde. Einige Pferde
sollen auch erblinden. Das
Niederstürzen sowie das Unvermögen wieder aufzusteh
en ist auf die völlige Erschöpfung
zurückzuführen und häufig das Finalsymptom (FORENBA
CHER 1952). Als weitere
Kennzeichen für eine Vergiftung mit SSH sind Schwit
zen, Unruhe und eine für Koliken
typische Körperhaltung (Sägebockstellung, aufgezoge
ner Bauch) zu nennen (LOTT 1951).
Nach KERN (1957) äußern sich Vergiftungsfälle bei P
ferden in gesteigerter Erregbarkeit und
motorischen Störungen, v.a. der Hintergliedmaßen. Z
u den typischen Anzeichen einer
Vergiftung gehören zudem Bradykardie (18 - 28 Schlä
ge/min), Hypothermie (35,5 - 37,5 °C)
und Hypotonie (systolischer Druck in der Bauchaorta
von 60 - 80 mm Hg, diastolischer
Druck von 48 - 65 mm Hg). Außerdem können Oligurie
und eine Neigung zur Hypomotilität 
 
des Gastrointestinaltraktes, verbunden mit dem Absa
tz
harter Kotballen
, beobachtet werden
(GUSSYNIN 1940; FORENBACHER 1952). In anderen Beric
hten steht hingegen das
Vorkommen von
Diarrhoe
im Vordergrund (JEWDOMIKOW 1949; COOPER u. JOHNSON
1984; KNIGHT u. WALTER 2003). Zu einem späteren Zei
tpunkt treten am Herzen
Störungen in Form einer Tachykardie mit Extrasystol
en auf. Die Atmung ist hochfrequent
und demzufolge nur oberflächlich. Überdies können M
ydriasis und Blutungen im
Augenhintergrund auftreten. Auch werden Pigmentanhä
ufungen und degenerative
Veränderungen des Augenhintergrundes sowie Trübunge
n der Kornea beschrieben
(FORENBACHER 1952). Weiterhin kommt es zu Lähmungse
rscheinungen im Bereich der
Lippen, so dass die Tiere trotz vorhandenen Appetit
s kein Futter aufnehmen können (LOTT
1951). In einigen Untersuchungen zeigen sich Abweic
hungen der Leberwerte (WINTZER
1999), während diese in anderen Studien unverändert
sind (DIETZ u. WIESNER 1982).
Zudem steigen im Blut die Aktivitäten der alkalisch
e Phosphatase und der
Serumcholinesterase ebenso wie die Pyruvat- und K-K
onzentrationen an. Der chronische
Verlauf bei Aufnahme eines Heus mit 4 – 5 % (uS) Sc
hachtelhalm ist durch einen deutlichen
Verlust der Körpermasse (15 – 20 %) geprägt. Weiter
hin sind eine geringgradige Anämie,
Muskelatrophie und Asthenie zu beobachten. Der Tod
kann infolge der körperlichen
Erschöpfung eintreten (FORENBACHER 1952). 
 
 
- Therapie
Die Entfernung des kontaminierten Futters und das A
ngebot thiaminreicher Futtermittel
gehören zu den erfolgversprechendsten Sofortmaßnahm
en (KNIGHT u. WALTER 2003).
Von einer Vielzahl an Autoren wird übereinstimmend
berichtet, dass es nach sofortigem
Futterwechsel zu einer vollständigen Erholung der T
iere kam (PICHON u. BAISSAS 1935;
CANE 1931; GUSSYNIN 1940; STARKE 1941; FORENBACHER
1952; KNIGHT u.
WALTER 2003). Weiterhin unterstützte eine Thiaminsu
bstitution am ersten und an den
folgenden Tagen den Genesungsverlauf. Nach drei Tag
en gingen die neurologischen
Symptome und die Korneatrübung zurück (KNIGHT u. WA
LTER 2003). Auch bei schwerer
Ataxie konnten Substitutionen mit Thiamin und Trock
enhefe innerhalb von 2 - 4 Tagen eine
Heilung bewirken, selbst wenn parallel der Schachte
lhalm weiterhin gefüttert wurde. 
 
 
Initial normalisierten sich die Herzfrequenz, die K
örpertemperatur und die Erregbarkeit.
Die Veränderungen am Augenhintergrund hielten aller
dings länger an (FORENBACHER
1952). Grundsätzlich gilt, dass die parenterale Gab
e von Thiaminprodukten stets der oralen
Applikation vorzuziehen ist, um die vorhandenen Thi
aminasen im Gastrointestinaltrakt zu
umgehen. In der Tabelle 2 werden übliche Dosierungs
vorschläge dargestellt. 
 
- Prophylaxe
Das gezielte Angebot thiaminreicher Futtermittel od
er synthetischer Präparate kann bei
Angebot eines mit SSH-belastetem Heus entsprechende
n klinischen Symptomen vorbeugen
(MEYER u. COENEN 2002). Besonders reich an Vitamin
B
1
sind getrocknete Bierhefe
(91,7 mg Thiamin/kg TS), Weizenkeime (27,9 mg/kg TS
) und Reiskleie (224 mg/kg TS;
DLG-Futterwerttabellen 1962). Erhalten die Pferde z
usätzlich zum Heu täglich Trockenhefe
(46 – 184 g TS), treten auch innerhalb von 80 – 120
Tagen keine klinischen Symptome einer
Vergiftung auf (FORENBACHER 1952). Unter der Prämis
se einer durchschnittlichen
Körpermasse der Pferde von 600 kg entspricht dies e
iner täglichen Aufnahme von
1,68 – 6,68 mg Thiamin/100 kg KM. Diese Dosierung s
cheint ausreichend zu sein, um
klinische Symptome bei Aufnahme von SSH-kontaminier
tem Heu vorzubeugen.
Erfolgversprechend sind zudem Magenspülungen, Diäte
n mit Leinsamen und Hafermehl
sowie i.v. Injektionen mit 10%igem Natriumthiosulfa
t (Na
2
S
2
O
3
; GUSSYNIN 1940). Zeigen
die Tiere allerdings bereits Ataxien und/oder Pares
en, gilt eine Heilung als unwahrscheinlich
(FORENBACHER 1952). 
 
 
3 MATERIAL UND METHODEN
Um den Einfluss von getrocknetem Sumpfschachtelhalm
(SSH) auf den Gesundheitszustand,
die Verdaulichkeit des Futters und die Kotqualität
näher zu überprüfen, wurden mit je drei
Schafen und Ponys sowie zwei Milchkühen Fütterungsv
ersuche durchgeführt. Diese
bestanden jeweils aus einer Adaptations- sowie eine
r Kollektionsphase. In der Versuchsphase
V
0
(Angebot der verschiedenen Futtermittel ohne SSH)
sollten die individuellen Basiswerte
(Futter- bzw. Wasseraufnahme, Kot-, Blut-, Harnpara
meter, Körpermasse) erfasst werden,
d.h. die Tiere dienten gleichzeitig als Versuchs- u
nd Kontrollgruppe. In den eigentlichen
Versuchsphasen wurden 5 % (V
5
) bzw. 10 % (V
10
) der insgesamt angebotenen TS-Menge
durch getrockneten Sumpfschachtelhalm ersetzt. Zusä
tzlich erhielten die Ponys in einem
weiteren Versuch (V
2,64
) Heu, welches von SSH-kontaminierten Flächen stamm
te und eine
originäre Belastung von ca. 2,64 % Sumpfschachtelha
lm aufwies. Im letzen
Versuchsabschnitt (V
22,6
) mit den Ponys wurden zusätzlich zu dem originär b
elasteten Heu
20 % des TS-Angebotes durch gemahlenen SSH ersetzt.
Aufgrund von Akzeptanzproblemen
in den Versuchen mit den beiden Milchkühen war eine
Steigerung des SSH-Anteils auf 10 %
nicht möglich, daher musste eine Reduktion des SSH-
Angebotes vorgenommen werden
(s. Tab. 3). 
 
...

Die Mineralstoffgehalte des SSH unterscheiden sich
erheblich von normalen Heu: so konnten
insbesondere höhere Ca-, Mg-, Na- und S-Gehalte gef
unden werden. Auch die
Se-Konzentration verdient besondere Beachtung, da s
ie im Vergleich zu üblichen
Heuqualitäten ungewöhnlich hoch ist und allgemeinen
Empfehlungen zur Bedarfsdeckung
entspricht. 
...

4.3 Effekte der Sumpfschachtelhalmaufnahme auf
Ponys
4.3.1 Gesundheitsstatus der
Ponys
Die Tiere waren zu Versuchsbeginn klinisch gesund,
der Ernährungs- und Pflegezustand war
gut. Hinweise auf Zahnprobleme oder Störungen des V
erdauungssystems lagen nicht vor. Das
Allgemeinbefinden wurde täglich kontrolliert. Haltu
ngs-, Stellreaktionen (Stellungskorrektur,
Seitwärtsschieben, Schiefstellen durch Ziehen am Sc
hweif; Untersuchungsbogen s. Anhang
4) und das Gangbild konnten in den Versuchspausen i
m Auslauf geprüft werden. Im Verlauf
der Fütterungsversuche war das Allgemeinbefinden de
r drei Ponys zu keiner Zeit gestört, der
Kot war stets in Form, Farbe und Konsistenz unverän
dert. Neurologische Symptome konnten
in keiner Form festgestellt werden. Pathologische V
eränderungen im Bereich der Augen wie
Trübungen der Kornea, Blutungen im Augenhintergrund
und Mydrisiasis blieben aus.
4.3.2 Entwicklung der Körpermasse
Die Körpermassen der drei Ponys blieben über den ge
samten Versuchszeitraum relativ
konstant, es ergaben sich keine signifikanten Unter
schiede (s. Abb. 8
  Während in der Versuch
sphase V
0
im Durchschnitt noch 
 
ERGEBNISSE
___________________________________________________
________________________
___________________________________________________
________________________
84
entsprechende Harnmengen von Pony J abgesetzt wurde
n, nahmen diese im Verlauf der
Fütterungsversuche bis auf das Doppelte des Normalw
ertes zu. Eine leichte Steigerung des
Harnvolumens war auch bei Pony F zu erkennen. 
  Kieselsäure
Der SSH enthält mit 123 g/kg Trockensubstanz einen
beachtlichen Gehalt an HCl-unlöslicher
Asche. Ähnlich hohe Gehalte wurden im Acker- sowie
im Riesenschachtelhalm analysiert
(HODSON et al. 2005; SANDHU et al. 2010). Die HCl-u
nlösliche Asche im SSH enthält
zwischen 31 % und 72 % Kieselsäure (KRIES 1962). Zu
den Pflanzen, die einen vergleichbar
hohen Kieselsäuregehalt aufweisen, gehören Reisstro
h und -spelzen (RANDHAWA 1994).
Nur die Lebermoose weisen noch höhere Gehalte auf (
HODSON et al. 2005). Die Ablagerung
dient als Fraßschutz (YOSHIDA et al. 1962; CURRIE u
. PERRY 2009). Es ist ebenfalls bei
den Seggen (
Sauergräser
) und Schmielen (
Süßgräser
) bekannt, dass es zu erheblichen
Kieselsäureeinlagerungen in die Epidermis kommen ka
nn (BECKER u. NEHRING 1969;
MASSEY et al. 2007) und diese Pflanzen daher von Wi
ederkäuern nur ungern aufgenommen
werden (WEIR u. TORREL 1959; SULZER 1989; MASSEY et
al. 2007). Demzufolge
könnte bei den Wiederkäuern der Rückgang der Futter
aufnahme nach Angebot einer SSH-
haltigen Ration auf den hohen Kieselsäuregehalt im
SSH zurückgeführt werden (s. Kap. 5.4).
Des Weiteren äußerte MEYER bereits 1837 den Verdach
t, dass der hohe Gehalt an
Kieselsäure im SSH zu einer Irritation der Schleimh
aut des Gastrointestinaltrakt es führen
könnte (s. Kap. 5.4). 
...

6 ZUSAMMENFASSUNG
Anna Katharina Hünsche
Untersuchungen zu möglichen Schadwirkungen einer Ko
ntamination von Grundfutter
mit getrocknetem Sumpfschachtelhalm (
Equisetum palustre
) bei Wiederkäuern und
Ponys
Die Umwandlung von Feuchtgrünlandflächen in Natursc
hutzgebiete hatte durch
Renaturierungsmaßnahmen (u.a. extensive Bewirtschaf
tung, Wiederanhebung der
Grundwasserstände) die Ausbreitung des Sumpfschacht
elhalms (
Equisetum palustre
, SSH) in
einigen Regionen Norddeutschlands zur Folge. Die bi
sher vorhandenen wissenschaftlichen
Informationen zu möglichen Schadwirkungen dieser Pf
lanze sind insgesamt sehr
widersprüchlich. Vor diesem Hintergrund zielte die
vorliegende Studie auf eine nähere
Charakterisierung möglicher Schadwirkungen einer ex
perimentellen Belastung der Ration mit
getrocknetem Sumpfschachtelhalm bei Rindern, Schafe
n und Ponys. 
 
Material und Methoden
Für die Untersuchungen standen je drei klinisch ges
unde
Schafe
(zwei Leineschafe, ein
Merino-Schwarzkopfschaf),
Ponys
(zwei Shetlandponys, ein Deutsches Reitpony) und z
wei
Kühe
(beide Deutsche Holstein, 1. Laktation/7. Laktation
smonat bzw. 2. Laktation/9.
Laktationsmonat) zur Verfügung. In der ersten Versu
chsphase (ohne SSH) wurden die
individuellen Basalwerte (Futter-, Wasseraufnahme,
Kot-, Blut-, Harn-, Milchparameter,
Körpermasse) erfasst, d.h. die Tiere dienten gleich
zeitig auch als Kontrolle. Für die jeweilige
Tierart stellten praxisübliche Futtermittel (
Schafe
: Heu/Ergänzungsfuttermittel;
Ponys
:
Heu/„Mash“/vitaminiertes Ergänzungsfuttermittel;
Kühe
: TMR/Heu) die Basis der Rationen
dar. Im Naturschutzgebiet „Asseler Sand“ im Landkre
is Stade wurde in den Sommermonaten
der Jahre 2008 und 2009 das SSH-Material von Hand g
eerntet und sortiert. Es schloss sich
eine „Unter-Dach-Trocknung“ (in einem Stallgebäude
mit Ventilator) an. Dieses getrocknete
Pflanzenmaterial kam dann gemahlen (
Schafe, Ponys
) bzw. gehäckselt (
Kühe
) zum Einsatz.
Ausgehend von der insgesamt aufgenommenen Menge an
Trockensubstanz pro Tier und Tag
wurden steigende Anteile der Ration durch SSH erset
zt. Bei den Ponys konnte in der letzten
Versuchsphase der SSH-Anteil in der Ration auf 22,6
% erhöht werden. Aufgrund der stark 
 
reduzierten Futteraufnahme bei Rationen mit 5 % SSH
musste bei den
Kühen
in den
anschließenden Versuchsphasen eine Reduktion des SS
H-Anteils vorgenommen werden. Der
prozentuale Anteil des SSH (als Trockenmasse) an de
r Gesamt-TS-Aufnahme (%) betrug:
- Schafe: 0, 5, 10
- Ponys: 0; 5; 10; 2,64
- Kühe: 0; 5; 2,5; 1,25; 1,75
Das laut Literatur für die toxische Wirkung bei Wie
derkäuern verantwortliche Alkaloid
Palustrin konnte mittels der HPLC/MS-Kopplung im ei
ngesetzten SSH (120 - 221 mg
Palustrin/kg TS) nachgewiesen werden. Täglich wurde
der Allgemeinzustand aller Tiere
beurteilt und die abgesetzte Menge sowie der TS-Geh
alt im Kot bestimmt. Darüber hinaus
wurden in den Kotsammelproben diverse Parameter (pH
-Wert, Ra-Gehalt: zur Kalkulation
der Verdaulichkeit der organischen Substanz) analys
iert. Im Rahmen der qualitativen
Koterfassung bei den
Kühen
konnten täglich TS- und pH-Werte ermittelt werden.
Untersuchungen im Blut, Harn, Pansensaft und in der
Milch sollten Aufschluss über mögliche
nachteilige Auswirkungen der SSH-Aufnahme geben. Di
e Wirkung der Thiaminase, welche
bei Pferden als krankheitsauslösender Faktor des SS
H gilt, sollte mittels Bestimmung des
Vitamin B
1
-Gehaltes im Blut der
Ponys
überprüft werden. Zusätzlich wurden am 
 
Versuchsende (d.h. nach mehrwöchiger SSH-Exposition
) bei den
Wiederkäuern
pathologisch-anatomische und -histologische Untersu
chungen durchgeführt.
Ergebnisse
1.
Die SSH-Aufnahme führte bei den
Schafen
und
Kühen
zur einer Reduktion der
Futteraufnahme (Schafe: Reduktion der TS-Aufnahme u
m 29,7 % bei Angebot von
10 % SSH im Vergleich zur Versuchsphase ohne SSH; K
ühe: Reduktion um 66,8 %
bei Angebot von 5 % SSH). Bei den
Ponys
hingegen führte selbst eine Belastung der
Ration mit > 20 % SSH zu keiner Reduktion in der Fu
tteraufnahme.
2.
Nach Aufnahme von Rationen mit 5 – 10 % SSH (108 –
155 g TS SSH/100 kg
KM/Tag) konnte bei den
Schafen
ein signifikant reduzierter TS-Gehalt im Kot mit
tendenziell niedrigeren pH-Werten festgestellt werd
en. Die erstmalige Aufnahme
einer Ration mit 5 % SSH (34,7 g TS /100 kg KM/Tag)
war ausreichend, um bei den
Kühen
noch am gleichen Tag eine dünnbreiige Kotkonsisten
z auszulösen. .
Die Ergebnisse der Blutuntersuchung (Blutbild, häma
tochemische Blutparameter)
blieben auch bei längerer Belastung der Ration mit
SSH größtenteils innerhalb der 
 
tierartspezifischen Referenzbereiche. Vereinzelt vo
rkommende Abweichungen ließen
sich nicht explizit auf die Aufnahme des SSH zurück
führen. Hervorzuheben ist, dass
der Vitamin B
1
-Gehalt im Blut der
Ponys
stets im Normbereich blieb, und zwar selbst
nach zweimonatiger Aufnahme von Rationen mit SSH-An
teilen zwischen
5 und 22,6 %.
4.
Die Resultate der Pansensaftuntersuchungen (Verschi
ebungen im Fettsäuremuster)
sowie die abnehmende Milchleistung ließen den Schlu
ss zu, dass die niedrige
Futteraufnahme für die Veränderungen ursächlich war
. Bei der Analyse der
Milchfarbe konnten entgegen diverser Literaturhinwe
ise keine Abweichungen in den
tierartspezifischen Referenzbereiche. Vereinzelt vo
rkommende Abweichungen ließen
sich nicht explizit auf die Aufnahme des SSH zurück
führen. Hervorzuheben ist, dass
der Vitamin B
1
-Gehalt im Blut der
Ponys
stets im Normbereich blieb, und zwar selbst
nach zweimonatiger Aufnahme von Rationen mit SSH-An
teilen zwischen
5 und 22,6 %.
4.
Die Resultate der Pansensaftuntersuchungen (Verschi
ebungen im Fettsäuremuster)
sowie die abnehmende Milchleistung ließen den Schlu
ss zu, dass die niedrige
Futteraufnahme für die Veränderungen ursächlich war
. Bei der Analyse der
Milchfarbe konnten entgegen diverser Literaturhinwe
ise keine Abweichungen in den
blauen Farbbereich festgestellt werden.
5.
In der Sektion
der
Wiederkäuer
konnte eine
katarrhalische, teils hämorrhagische
Enteritis nachgewiesen werden, nachdem zum Versuchs
ende die Rationen mit
10 % SSH (
Schafe
) bzw. 1,50 – 2,0 % SSH (
Kühe
) belastet waren.
Schlussfolgerung
In der vorliegenden Studie reagierten die
Wiederkäuer
bei Angebot von SSH in der Ration
mit einer Reduktion der Futteraufnahme, dagegen nah
men die
Ponys
auch Rationen mit
22,6 % SSH (SSH-Aufnahme: 346 g TS/100 kg KM/Tag) o
hne Probleme auf. Die bisher in
der Literatur beschriebenen Gesundheitsstörungen ko
nnten bei den
Ponys
nicht bestätigt
werden. Nach der Aufnahme einer Ration mit
5 % SSH (SSH-Aufnahme:
Kühe
: 34,7 g TS /100 kg KM/Tag bzw.
Schafe
: 108 g TS/100 kg KM/Tag)
zeigten die
Wiederkäuer
lediglich eine Diarrhoe. Im Verlauf der mehrwöchig
en Exposition mit SSH
konnten bzgl. diverser untersuchter Blutparameter k
eine Veränderungen festgestellt werden,
die spezifisch auf die Wirkung des SSH zurückzuführ
en waren. Im Hinblick auf mögliche
Effekte einer Thiaminase im SSH ließen die Vitamin
B
1
-Gehalte im Blut der
Ponys
keinen
derartigen Einfluss erkennen. Des Weiteren konnte e
ine Blaufärbung der Milch nicht
nachgewiesen werden. Die Sektionsergebnisse (katarr
halische, teils hämorrhagische Enteritis)
für den Intestinaltrakt der
Wiederkäuer
stehen mit hoher Wahrscheinlichkeit im
Zusammenhang mit dem klinischen Bild der Diarrhoe a
ls Reaktion auf die SSH-Aufnahme. 
 
blauen Farbbereich festgestellt werde
 

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