Montag, 17. Februar 2014

Melasse in Maßen ist für Pferde gesund

Ein schöner alter Text über Melasse aus dem Futterjournal

Ich habe gerade mal wieder beruflich bedingt einen Text für die Pferdeseite geschrieben, für die Jürgen und ich immer arbeiten, weil ich bei Kollegentexten etwas über den ach so gefährlichen Zucker und auch die ach so gefährliche Melasse fand.

Neulich habe ich schon einmal gekontert, als ich dort las, dass Pferde angeblich kein Rot sehen können, denn das stimmt nun einmal nicht und darüber gibt es auch alte Studien von Prof. Dr. Bernhard Grzimek. Außerdem habe ich das selbst mal erlebt, dass Pferde sehr gut Rottöne erkennen, nämlich Orange.

Aber hier geht es um Melasse, die gar nicht ungesund ist, sondern ein gutes Konservierungsmittel für Müslimischungen und Rübenschnitzel, das künstliche Konservierungsmittel ersetzen kann und außerdem sehr viele besonders gesunde Inhaltsstoffe, aber genau genommen in den kleinen Mengen extrem wenig Glucose enthält.

Ich wollte nicht so drauflos schreiben, sondern noch einmal vergleichen und fand den schönen alten Text aus dem Futterjournal nur noch im Cache. Deshalb werde ich ihn, bevor er ganz weg ist, jetzt einfach einmal hier komplett übernehmen, wäre ja schade darum, denn er enthält so viele tolle Infos, die erhalten bleiben sollten.

Lest mal selbst.

LG
Renate


Der braune Saft, der Wunder schafft

Melasse-IntroMultitalent Melasse

Als Christoph Kolumbus die Neue Welt entdeckte hatte er auf seinen Entdeckungsreisen immer Melasse dabei. Er wusste um den Nutzen des bei der Zuckergewinnung anfallenden mineralstoffreichen Stoffes. Für den Entdecker war es die „gesündeste und beste Nahrung der Welt“. Unser Verhalten gegenüber Melasse als Futtermittel gleicht bisweilen unserer Abneigung gegenüber Spinnen.
Angewidert, voller Vorurteile wird verurteilt, bekämpft und ausgeschlossen. Bis wir uns unvoreingenommen und wissenschaftlich fundiert damit befasst haben. Dann sind wir fasziniert – von Spinnen und noch mehr von Melasse. Wer auf melassiertes Futter verzichtet, muss bei seinem Pferd in der Ernährung einige Nachteile einstecken. Melasse verfügt über Inhaltsstoffe, die in dieser Kombination in keiner anderen Futerkomponente zu finden sind.

Alles außer Zucker

Die braune zuckerklebrige Creme ist kein Einzelfuttermittel sondern gelangt ins Pferdefutter, indem das Getreide oder die Pellets übersprüht und damit konserviert werden. Eine andere Möglichkeit ist die Fütterung von melassierten Rübenschnitzeln.
Zuckerrübenmelasse entsteht bei dem - laut der Professoren Belitz und Grosch – „zu besonderer Vollkommenheit entwickelten“ Verfahren der Zuckergewinnung aus Zuckerrüben. Durch Waschen, Zerkleinern und Entsaften gewinnt man aus der Rübe einen Rohsaft, der über mehrere Stufen gereinigt wird, bis reiner Kristallzucker übrig bleibt. Jede „Veredelung“ des Zuckers führt zum Abscheiden scheinbar unwertiger Nebenprodukte, die in Wahrheit all das enthalten, was reiner Zucker nicht enthält. Und das ist viel. So viel, dass man aufgrund der Reichhaltigkeit ihrer Inhaltsstoffe die Melasse in den U.S.A. als Nahrungsergänzung für den Menschen verkauft.
Melasse-Titelbild

Die Chromquelle

Melasse-Ruebenfeld
Melasse ist ein reines Naturprodukt und
wird aus Zuckerrüben gewonnen
Melasse ist reich an Mineralien und Sekundären Pflanzenstoffen. Neben ihrem Gehalt an Invertzuckern (wie Honig) ist insbesondere der Gehalt am Spurenelement Chrom hervorzuheben. Es mag verwundern, dass gerade Melasse zu den chromreichsten Futterkomponenten im Pferdefutter gehört. Die Werte schwanken zwar bodenabhängig, aber man kann mit gutem Gewissen von einem Chromgehalt von 1,4 Milligramm pro Kilogramm Melasse ausgehen. Chrom wirkt als Bestandteil des Glukosetoleranzfaktors der Insulintoleranz entgegen und ein Mangel an Chrom wird im Zusammenhang mit der Entstehung von Diabetes und dem Metabolischen Syndrom diskutiert. Einflüsse auf den Energiestoffwechsel und die nervliche Belastbarkeit gehören ebenso zum breiten Wirkungsbereich dieses Spurenelements. Eine klassische Heu-Hafer-Stroh-Fütterung kann den Bedarf eines Pferdes an Chrom nicht im Entferntesten decken.

Rübenschnitzel

Melasse gehört zu den ganz leicht verdaulichen und eiweißarmen Futterbestandteilen, vor allem in Kombination mit pektinhaltigen Rübenschnitzeln. Der in der Melasse enthaltende Zucker wird rasch im vorderen Bereich des Dünndarms resorbiert und liefert vor allem die Energie für den Gehirn- und Nervenstoffwechsel. Tatsächlich enthält Melasse 60 Prozent Saccharose, sprich Rübenzucker, aber auch 40 Prozent Nichtzuckerstoffe. Der Zucker dient neben der biologischen Konservierung von Müslimischungen auch der Anregung des Appetits. Die Rübenschnitzel sind reich an Pektin und werden im Dickdarm fermentiert. Als Faserstoffe dienen sie dem Pferd der langfristigen Energiegewinnung und unterstützen damit das Ausdauertraining. In der Naturheilkunde wird die Melasse als basenbildend bezeichnet.
Melasse-Ruebenreihe
Zuckerrüben warten auf die Ernte

Ein freier Kopf

Das Zellgift Ammoniak, zum Beispiel als Stoffwechselprodukt einer zu hohen Eiweißzufuhr, kann zu Depressionen und Konzentrationsstörungen führen und muss rasch verstoffwechselt und ausgeschieden werden. Melasse enthält freie Aminosäuren, u.a. Glutamin und Glutaminsäure, die eine enorme Bedeutung im Gehirnstoffwechsel haben, da sie unter anderem eine ammoniakbindende und damit entgiftende Funktion für den Gehirnstoffwechsel haben. Glutaminsäure ist ebenso an der Resorption chelatgebundener Spurenelemente beteiligt. Der mit 5 Prozent hohe Anteil an Betain in der Melasse liefert dem Körper die Grundlage zur Synthese von Kreatin, Methionin, Lecithin und Carnitin, letztendlich den Stoffen, die für die Energieversorgung, Muskeltätigkeit und Nervenstärke verantwortlich sind.
Bestimmte organische Verbindungen wie Ferulasäure gehören zu den Substanzen, die einen Einfluss auf die Muskelbildung und Leistungsbereitschaft haben sollen. Ferulasäure wird auch im Zusammenhang mit Reiskeimextrakt betrachtet, der eine muskelbildende und leistungssteigernde Funktion haben soll.

Keine Angst vor Zucker

Melasse-Ruebenreihe2Wer Bedenken vor dem Zuckergehalt der Melasse hat, sollte bitte folgendes berechnen: Bei einem – beispielsweise hohen – Melasseanteil von 10 Prozent in einem Futter sind im Höchstfall 60 Gramm Rübenzucker je Kilogramm über die Melasse im Futtermittel enthalten (genau soviel Zucker wie in etwa 80 Gramm Gummibären), der rasch im Dünndarm resorbiert wird. Von diesen 60 Gramm Rübenzucker sind 30 Gramm Glucose, die unter Ausschüttung des Bauchspeicheldrüsenhormons Insulin vom Blut in die Zellen aufgenommen werden. Die restlichen 30 Gramm sind Fructose, die erst über die Leber zu Glucose umgewandelt und erst verspätet in das Blut gelangt.
Die Angst vor Zucker relativiert sich, wenn man sich vor Augen führt, dass nicht nur Zucker, sondern auch Getreidestärke den Blutzucker belasten. In einem Futter mit einem Getreideanteil von 60 Prozent sind gut 400 Gramm Stärke je Kilogramm enthalten. Die Stärke wird in diesem Fall in 400 Gramm ! Glucose gespalten, zwar langsamer als Zucker, jedoch ebenso insulinabhängig abgebaut. Anhand dieses Rechenbeispiels und der Zahlenverhältnisse wird klar, dass hier eher eine Stärkepanik als eine Zuckerpanik ausbrechen müsste.

Jahrhundertelanger Brauch

Ein Futter, in dem Getreide durch einen kleinen Teil Melasse ausgetauscht wurde ist schmackhafter, leichter verdaulich und reicher an Mineralien. Schon seit vielen Jahrzehnten wird mit Melasse karamelisierter Hafer als kräftigende Nahrung für erschöpfte und appetitlose Pferde angeboten. Erst wenn man die Vorzüge kennt, wird die Bedeutung dieses Bestandteils im Pferdefutter klar. Vermutlich hat Kolumbus auf seinen Reisen den Pferden ebenso Melasse gefüttert.
A. Returner

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