Sonntag, 9. Dezember 2012

Hufrehe unter dem Gesichtspunkt der Oxalsäure betrachtet


Es passierte eher zufällig beim Fernsehen, dass Jürgen bei einer Zahnpasta-Werbung sagte, das sei Quatsch, denn durch Zucker im Mund würden Bakterien Oxalsäure bilden. Ich habe ihn dann gefragt, ob Bakterien eventuell auch im Körper Oxalsäure bilden könnten.

Dann war ich suchen, ob unsere Hufrehe-Spezies Klee, Eicheln und Bucheckern viel Oxalsäure enthalten. Ja das tun sie, neben ebenfalls auch noch viel Gerbsäure.

Wir haben kürzlich gelernt, dass Vitamin-D-Mangel das metabolische Syndrom nährt, auch Magnesium-Mangel tut das, ebenfalls tut es Mangan-Mangel und da es Vitamin-D-Mangel tut, tut es auch oder eben eigentlich Calcium-Mangel.

Ich habe weiter gesucht, weil ich schon lange zu finden hoffte, was das Parathormon beim metabolischen Syndrom und insofern bei Pferden bei Hufrehe-Neigung für eine Rolle spielt. Nun wenn es aus Krankheitsgründen, aber auch sonst erhöht ist, kommt es zu Störungen im Kohlenhydratwechsel.

Das Parathormon schüttet der Körper bei Calciummangel aus, um Calcium aus den Knochen zu mobilisieren. Dabei wechselt der Stoffwechsel automatisch so, dass sich vermehrt Glykogen bildet und der Fettstoffwechsel zunächst kein Fett einlagert, denn sonst würde kein Parathormon freigesetzt.

Das erklärt möglicherweise die Insulinresistenz, denn Insulin ist dafür zuständig, überschüssige Energie in Form von Fett einzulagern, nicht in Form von Glykogen.

Wir wissen, dass beim metabolischen Syndrom Insulin reichlich vorhanden ist, aber nicht wirksam werden kann.

Oxalsäure kann also in der Nahrung bzw. im Futter reichlich vorhanden sein, aber ein gesundes Tier und ein gesunder Mensch können es auch schnell abbauen, nicht so bei Störungen, die bereits an Krankheit grenzen, weil Leber, Nieren und vor allen Dingen die Bauchspeicheldrüse nicht mehr richtig arbeiten.

Oxalsäure verbindet sich mit Mangan, Calcium, Eisen und Magnesium und möglicherweise auch noch mehr Dingen.

Wenn Calcium fehlt, dann kann das Immunsystem nicht richtig arbeiten.

Wenn Eisen fehlt, stockt die Sauerstoffversorgung im Körper.

Wenn Mangan fehlt, können sich wichtige Proteoglykane nicht bilden, so auch die Heparine, die für die Fettspaltung sehr wichtig sind.

Wenn Magnesium fehlt, dann kann der Enzymkomplex, der den Natrium-Kalium-Kanal auf und zu macht, nicht mehr richtig funktionieren. Da Glucose aber hinter Natrium in die Zelle geht, Kalium raus und Calcium im Wechsel dann auch rein und später wieder raus, stockt hier das ganze System, das wichtig dafür ist, dass überhaupt ATP gebildet werden kann, aber auch die Blutglucose kann nicht mehr anständig verarbeitet werden, selbst dann nicht, wenn laufend neues Glycogen gebildet wird.

Pferde mit zu großen Glycogenspeichern, die EPSSM haben, neigen besonders leicht zu Hufrehe.

Adrenalin fördert die Bildung von Oxalsäure.

Wann haben wir viel Adrenalin? Beim Cushing-Syndrom oder Stress beispielsweise, wenn über ACTH oder anders zu viel Cortisol gebildet wird und daraus cAMP, was wieder ein Gegenspieler von Insulin ist.

Gerbsäure behindert das Thiamin-Pyro-Phosphat und damit den Abbau von Pyruvat im Citratzyklus, stört also den normalen Stoffwechsel zu ATP, fördert dann auch, dass erstmal statt dessen Glycogen aufgebaut wird, da ja ATP deshalb fehlt .. und damit kommt wieder das Parathormon ins Spiel, das dann vermehrt gebildet wird und als Insulin-Gegenspieler wirkt.

Zu viel Zucker bewirkt im Körper, dass sich vermehrt Oxalsäure bildet, die fällt das Calcium aus, kann nicht mehr anständig abgebaut werden und mit Pech streiken irgendwann Leber und Nieren, was sogar tödlich enden kann.

Gebildet wird diese Oxalsäure durch Bakterienstämme, die den Zucker zu Oxalsäure umwandeln und ähnlich wie bei Karies so den ganzen Körper vergiften, der es irgendwann nicht mehr schafft, das abzubauen.

Ich fand eine alte Doktorarbeit eines Chemikers, der darin genau erklärt, warum es so problematisch ist, zu viel Oxalsäure überhaupt zu erkennen, die sich immer erst dann zeigt, wenn der Körper schon schlapp gemacht hat und kurz vorm Kollapps steht.

So wird es auch bei Hufrehe der Pferde oder einem Herzinfarkt des Menschen sein. Genauso verhält es sich nicht ganz so krass sicherlich bei Krebs beziehungsweise schweren Allergien wie dem Sommerekzem oder Rheuma in allen seinen Facetten.

In Bezug auf Hufrehe sagt man, ein Pferd, das es einmal hatte, ist danach grundsätzlich gefährdet.

Das macht Sinn, denn seine Leber und Nieren werden schwer geschädigt sein, da es fast vergiftet worden wäre. Die leisten nicht mehr dasselbe, auch wenn das Pferd es überstanden hat.

Deshalb bleibt die Empfindlichkeit, die Pferde, die noch keine Hufrehe hatten, zunächst noch nicht haben und deshalb größere Mengen Klee, Eicheln, Stress, Zucker, Fruktan oder Stärke vertragen.

Ich würde sagen, das ist eine Erklärung, die sehr viel von dem, was wir über Hufrehe wissen, auf einen gemeinsamen Nenner bringt.

Was denkt Ihr?

Ich weiß, viele Leute lesen in meinem Hufrehe-Forum oder Blog. Egal, was wir, Ihr untereinander oder vielleicht konkurrierende Foren zu meinem mal miteinander hatten. Ich würde mich freuen, wenn viele Leute mitdenken helfen, um hier noch mehr Klarheit in dieses komplexe Thema zu bringen.

Unten diverse Links, wo Ihr in meinem Forum oder zurück liegend diesem Blog mehr Infos zum Reinlesen findet.

Als ich Jürgen kennen lernte, war sein erster Gedanke, dass Rehepferden Calcium fehlen könnte, er hatte also recht damit, es wird so sein. Aber eben  noch mehr als nur Calcium.

LG
Renate



2 Kommentare:

  1. Wow Renate,
    da hast Du ja tatsächlich eine menge Fakten zusammengetragen und Dich mit den einzelnen Komponenten tief auseinandergesetzt. Super, großes Lob, ich wünschte, so mancher TA würde sich so tief in die Materie einarbeiten UND es ab und an auch mal den Bseitzern erklären.
    Ich denke, Du hast da einen guten Ansatz, Deine Ausführungen sind vor allem deshalb so wertvoll, weil du Zusammenhänge aufzeigst- denn alles, was sich im Körper abspielt hat Auswirkungen auf jedes Organ, jeden anderen Ablauf.
    Nur auf Oxalsäure zu achten aber denke ich, ist auch nicht richtig. Einseitigkeit- auch in der Rehebehandlung- ist nie gut. Zum Glück ist das auch gar nicht Dein Ansatz.
    Wenn man mich fragt, denke ich, ist es bei jedem Gesundheitsproblem das beste, zu den Wurzeln zurückzukehren. Pferdefütterung zielt heute mehr denn je auf kurze Fresszeiten, hohe Energiegehalte und synthetische Zusatzfuttermittel ab. Heulage ist günstiger als Heu, Heu von intensiv genutzen Flächen ertragreicher als Kräuterheu, Hafer setzt eher an als Rauhfutter etc, etc.
    Daß unsere Pferde allerdings Steppentiere sind, die am besten den ganzen Tag trockenes Gras und verschiedenartigste Pflanzen fressen sollten, dabei auch noch weite Strecken an einem Tag zurücklegen- in welchem Stall wird diesen Tatsachen denn heute noch Rechnung getragen? Das Problem ist halt, veränderst Du eine Komponente, verlagern sich alle anderen auch.
    Natürlich kann niemand seinem Pferd 10 ha dürre Steppenweide bieten- aber die meisten Probleme lassen sich verhinder, vermindern oder gar beheben, wenn wir unser bestes geben, zurück zum ursprünglichen Bedürfnis des Pferdes zu gelangen.
    Aktivstallanlagen, qualitativ hochwertiges Heu, Kräutermineralfutter und stetig sauberes Wasser- ich denke, damit kommt man ein gutes Stück weit. Und diese gesamte Futtermittelindustrie einfach mal ignorieren. Ich kaufe in Säcken nur noch Heucobs, erhöhter Energiebedarf wird durch Öle ausgeglichen, Mineralien durch Zusatz zum großen Teil selbst geernteter Kräuter oder Tees dazugeführt. Öfter mal was neues, mal was anderes in winzigen Mengen(zB Hagebutten, Fenchel, Nüsse, Ingwer, Knoblauch, und sämtliche Pferdeverträgliche Kräuter) und ich beuge Mangel automatisch vor.

    Grundsätzlich denke ich gilt, je weiter wir uns von den Bedürfnissen des Pferdes entfernen, desto eher entgleist der Stoffwechsel und die Versorgung des Pferdekörpers und desto eher haben wir Probleme- nicht nur mit Rehe sondern mit allem, angefangen bei den Zähnen, über Muskeln und Knochen, Organe, Fellwechsel,Hufe bis hin zu Krankheiten wie PSSM, EMS, Sommerexzem und und und..

    Und das fernhalten der Pferde von Giftigen Pflanzen wie Eiche, Kastanie, Hahnenfuss, Jacobskreuzkraut und was sonst noch so alles wächst, ist selbstverständlich. Ich kann nur jedem empfehlen, sich mit dem was auf der eigenen Weide wächst intensiv auseinanderzusetzten und ggf. Gegenmassnahmen zu ergreifen..

    Also, nochmal dickes Lob an Dich, Wissen ist Macht und je mehr man über ein Problem weiß, desto näher kommt man der Lösung.

    Liebe Grüße
    Larissa

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  2. Danke für so viel Lob, Larissa.

    Du hast recht, das mit der Oxalsäure ist nur ein Teilaspekt. Mein Pony hatte eben schon mehrfach Hufrehe und ich habe ein kleines Forum darüber und mit jedem neuen Fall .. oder leider Erlebnis durch meine eigene kleine Stute .. kommt wieder etwas Neues dazu. Ich bin in diesem Blog noch nicht damit fertig, das Wichtigste einmal auf einer Extra-Seite zusammenzufassen .. kommt noch, ich habe oft leider wenig Zeit. Früher hatte ich einmal mehr davon. Aber irgendwann wird meine Hufrehe-Info hier sicher fertig werden und auch immer aktualisiert, wenn ich noch etwas Neues finde.

    Ich sehe das ganz ähnlich wie Du .. so natürlich wie möglich und artgerecht ist auch bei Hufrehe oder gerade bei Hufrehe sehr wichtig, denn ein Rehepferd ist in erster Linie empfindlicher als andere und die Probleme, die sich bei ihm früher zeigen, zeigen sich irgendwann auch bei jedem gesunden Pferd, das nur einen etwas höheren Toleranzbereich hat.

    LG
    Renate

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