Sonntag, 3. August 2014

Vom Loslassen - Teil 5

Kinder kann man nicht loslassen - meine Große Vanessa und Familie

Vanessa Anfang Januar 1994, als wir gerade Chiwa als 2. Pferd nach Nixe angeschafft hatten. Ich kaufte Chiwa, obwohl ich sicher war, Manuels damalige Freundin würde sehr wütend sein, denn ihr Pferd, das vorher bei uns stand, war gerade gestorben und sie hätte gern das nächste auch kostenlos bei uns untergebracht. So aber hatten wir nur zwei Plätze, und die waren nun mit Chiwa besetzt. Das wollte Vanessa so, weil sie es nicht gut gefunden hatte, dass Sonja ihr damals erst 7 Jahre altes Pferd hatte töten lassen, weil es aufgrund eines Sehnenleidens nie mehr reitbar gewesen wäre und nicht gewollt hatte, dass ich es als unreitbares Gnadenbrotpferd übernehme, was ich ihr vorgeschlagen hatte.

Ich war sicher gewesen, dass es so Probleme mit meinem Großen Manuel wegen seiner Freundin geben würde .. auch wenn Vanessa im Prinzip recht hatte mit ihrer Auffassung, dass es kein Grund ist, ein Pferd töten zu lassen, weil es nicht mehr reitbar ist. Ich nahm diese Probleme in Kauf, obwohl ich etwas Angst davor hatte, und zwar Vanessa zuliebe.

Vanessa war als Kind immer schüchtern und hatte kaum eigene Freunde. Sie profitierte nur ein wenig davon, dass ihr Bruder Manuel und als sie älter wurde, auch ihre kleine Schwester Esther anders waren und so genug Spielkameraden und im Teenageralter jugendliche Kontakte mit ins Haus brachten.

Sie war traurig, weil sie oft nur als Kumpel wahrgenommen wurde, auch von den meisten jungen Männern.

Vanessa war lange alleine und ich tat alles, dass sie trotzdem glücklich sein sollte. Pferde anzuschaffen, das war ihr Traum. Ich habe mir selbst damit, meiner Großen diesen Lebenstraum zu erfüllen, fast mein eigenes Grab geschaufelt. Nie hätte ich vermutet, dass mich ausgerechnet Vanessa so im Stich lassen würde, wie sie es tat, als sie dann durch eine Party, auf die sie ihre kleine Schwester mitnahm, ihren heutigen Ehemann kennenlernte. Er ist genauso kontaktarm gewesen und ein Muttersöhnchen, wie es schlimmer nicht sein kann. Und er war eifersüchtig auf jeden Menschen, der Vanessa auch gern hatte. Obwohl er anfänglich, weil er auch Probleme mit dem eigenen Elternhaus hatte, über 2 Jahre mit auf unserem Resthof lebte, begann er sofort, als Vanessa ihm unsere Enkelin Janin geschenkt und ihn geheiratet hatte, sie von ihrer eigenen Familie zu isolieren. Kritik vertrug er nie, und schon gar nicht die, dass ich ihm sagte, er müsse schon in die Berufsschule gehen und ich würde ihm auch gern helfen, als er zum 2. Mal durch seine Gesellenprüfung gefallen war und ich erfuhr, er schwänzt ständig die Schule und versteckt sich vor seinem Vater im Schrebergarten bei seiner Mutter, obwohl Janin sein Wunschkind war. Da habe ich ihm gesagt, Kinder wollen auch essen und ein Mann sollte doch zumindest versuchen, ob es ihm gelingen könnte, seine Familie zu ernähren. Hatte ich damit nicht recht?


Weil mein Ex ständig fremd ging, trennte ich mich schließlich zum 2. Mal vorübergehend von ihm und konnte unseren Resthof in Depenau so nicht mehr halten.

Vanessa hätte es mit ihrem Mann damals gekonnt. Sie tat es nicht, weil er in der Nähe seiner Mutter in einer Etagenwohnung leben wollte.

Und er wollte Chiwa von der Herde trennen, was ich nicht erlaubt habe, weil ich genau wusste warum.

Da links ist Janin mit Silas, den Vanessa hat damals verkaufen müssen. Das hätte nicht sein müssen, denn ich hätte damals genug Geld gehabt, Silas so lange umsonst zu füttern und zu versorgen, bis Vanessas Mann wieder Arbeit gefunden hätte .. aber das wollte er nicht.  Seine Frau wäre dann ja wieder regelmäßig zu ihren Eltern zu Besuch zu ihrem Pferd gekommen. Deshalb musste seine Tochter ihr nun schon 2. Pferd verabschieden, zuerst Chiwa, die bei mir blieb, dann Silas, der verkauft wurde.
Janin sahen meine Mutter und ich noch häufig, weil mein Schwiegersohn eine Weile Arbeit hatte und wir Vanessa heimlich trafen, auch wenn sie uns etwas anderes sagte. Sie hat früher nie gelogen, sie tat es aus Angst, mir wegen ihrer Beziehung zu ihrem Mann die Wahrheit zu sagen und weil sie doch eigentlich ihr Elternhaus und ihre Oma liebte.

Marc, Enkel Nr. 2 von ihr, haben meine Mutter und ich kaum noch kennengelernt. Es war mir klar, dass der Kontakt aufhören würde, sobald Janin so gut sprechen konnte, ihrem Vater zu erzählen, was sie über Tag gemacht hatte.

Genauso ist es dann auch gekommen. Vanessa brach den Kontakt in diesem Alter von Janin ab und gab natürlich mir die Schuld dafür .. ich würde ihren Mann nicht mögen.

Nein, das tue ich auch nicht. Er war von Anfang an feindseelig, und zwar sowohl zu mir als auch zu meiner Mutter. Wie soll man denn so einen Menschen gern haben?

Damit meine Mutter ihre Lieblingsenkelin jedenfalls ab und zu sehen konnte, fuhr ich unzählige Male mit unseren Haustieren zu Vanessa in die Tierklinik, Kleinigkeiten wie Flohpillen, Wurmkur oder so holen, ob es nun nötig gewesen wäre oder nicht .. einfach damit meine Mutter dann mal mit ihr hat reden können.

Seht Ihr, wie meine Mama ihre Enkelin hier anhimmelt? Das war einige Wochen vor ihrem Tod. Ich wusste damals schon, dass es bald vorbei sein musste, es war abzusehen.


Vanessa kam ins Krankenhaus, als meine Mutter im Sterben lag .. aber nur vormittags. Für meine Mutter war es dennoch gut. Es war auch gut für mich, dass sie mir raten konnte, denn als Tierarzthelferin und OP-Schwester konnte sie mir bestätigen, dass meine Mutter wirklich dabei war, an Nierenversagen zu sterben. Sie kannte das von unzähligen Tieren, wo sie es miterlebt hat. Das half mir bei der Entscheidung, was ich zuletzt für meine Mutter tun musste.

Aber als meine Mutter begraben wurde und Janin und Marc dabei waren .. nach dem Tod meiner Mutter, die sicher ihre rechte Hand dafür gegeben hätte, sie zu Lebzeiten nochmal sehen zu können ... saß Vanessa mit den Kindern demonstrativ auf der anderen Seite der Friedhofskapelle und ließ mich allein. Sie stand auch mit den Kindern am Grab nicht neben mir. Das werde ich niemals vergessen. Vergeben ??? Ich weiß es nicht, vermutlich ja. Kindern vergibt man Dinge, die man sonst niemand vergeben würde.

Da oben, das ist ein Foto, das ich auf einer öffentlich Seite von Janin bei Facebook fand genauso wie das nächste von ihr und ihrem Twister, einem Haflinger, den sich Vanessa ungefähr zu der Zeit gekauft hat, als Esther warum auch immer Nixe und Reno hat verkaufen müssen.

Ich erinnere mich genau daran, dass ich damals, als ich das erste unserer drei Pferde für Depenau gekauft habe, mit Vanessa darüber gesprochen habe, dass Pferde alt werden und ich schon alt sei und nicht wissen könnte, was noch alles passiert. Ob sie mir, wenn ich Pferde kaufe, versprechen würde, mir später immer dabei zu helfen, auch für sie sorgen zu können. Ja hat sie gesagt, wir werden immer zusammen halten und dafür sorgen, dass unsere Pferde immer zusammen bleiben können.

Und dann kam dieser Mann und alles war vergessen, ihre Träume untergeordnet.

Ja ich weiß, Vanessa konnte sich schon als Kind nicht durchsetzen und natürlich hat sie sich immer einen Lebensgefährten gewünscht und es war schwer für sie, einen zu finden, der genauso war wie sie selbst ... schüchtern, ängstlich und irgendwie weltfremd.


Aber was ist mit mir? Ich bin immer ein Frauchen für einen kleinen Hund gewesen, ganz sicher keines für ein Riesenpferd, denn Pferde haben mir immer Angst gemacht. Ich habe viel gelernt über Pferde. Ich habe auch gelernt, über meinen Schatten zu springen und bin sogar über eine Strecke von 13 km zu Fuß mit Chiwa einmal umgezogen. Ich habe gelernt, mit einem schwierigen Pferd wie Prima umzugehen, das unreitbar und unberechenbar ist.

Ich habe das gelernt, weil ich meiner ältesten Tochter, die damals so einsam war, ihren größten Traum erfüllte, nämlich Pferde hinter unser Haus zu stellen.

Wegen der Pferde habe ich im Leben unendlich viele Probleme gehabt. Ich habe diese Tiere dennoch nie im Stich gelassen und heute schreibe ich überwiegend über Pferde.

Das Leben geht seltsame Wege. Und was aus mir und meiner ältesten Tochter einmal wird, ich habe keine Ahnung genauso wenig wie ich eine habe, ob ich ihr jemals verzeihen kann, was sie mir im Leben alles angetan hat ... aus Angst, und zwar nur aus Angst.

Durfte ich auch Angst haben?

Heute habe ich auch keine Angst mehr, offen zu erzählen, wie wütend mich das alles macht und dass ich für manche Ängste einfach kein Verständnis mehr habe, auch wenn ich damals noch welches dafür hatte, als ich Vanessa zuliebe diese Tiere angeschafft habe, damit sie glücklich sein sollte ohne zu ahnen, dass genau das mein eigenes Leben komplett zerstören würde und ich vermutlich noch mit 70 für das Überleben von Pferden arbeiten werde, die ich mir schon mit 55 nicht mehr leisten konnte.

LG
Renate

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