Sonntag, 26. Januar 2014

Erfahrungsbericht einer Jobcenter-Mitarbeiterin, die nun in Rente gegangen ist

Übernommen aus altonabloggt


Ich habe wieder einen schönen Text von Inge Hannemann für Euch.

Den Anfang findet Ihr im Blog von Inge Hannemann, dazu noch mehr, das sich zu lesen lohnt, den vollen Text dieser Frau im Link 2.

LG Renate



Ein paar Zitate darauf muss ich übernehmen, es wäre schade, wenn die irgendwann, falls der Link verschwindet, auch verschwinden:

Zitat 1:
... ich habe eine richtige Wut im Bauch! Und da stehe ich nicht alleine. Aber es sind hauptsächlich die Älteren, die, so wie ich, vor der Pensionierung stehen, die noch die alte BA- Haltung vertreten, also die Haltung aus den 70er-Jahren, wo sich die BA wirklich noch gekümmert hat um die Arbeitslosen. Und auch in den Zeiten zunehmender Arbeitslosigkeit hatten den Vermittlern diese – ich will mal sagen – solidarische Einstellung. Aber seit eine Reform nach der anderen durch die Behörde jagt, seit es immer mehr um die Verschönerung der Statistik geht, um betrügerische Manipulationen, siehe Jagoda usf., weht bei uns ein ganz anderer Wind. Heute ist es so, dass wir ganz unmittelbar zu Mittätern beim Sozialraub gemacht werden. 

Zitat 2:
 
Die Machtbefugnis ist erschreckend groß. Also der Punkt ist, und das muss man einfach sagen, der Charakter eines Mitarbeiters entscheidet unter Umständen über Leben und Tod, er kann einen Suizid auslösen. Er kann jemanden depressiv machen oder einen potenziellen Gewalttäter durch Demütigungen zu einer tickenden Zeitbombe machen. Er hat die Macht, Schicksale zu erzeugen. Und der andere Punkt ist der Druck, unter dem diese ganze Angelegenheit steht, auch unter dem Druck, die Wahrheit zu verheimlichen. 

Zitat 3:
 
. Ausgenommen sind für eine Übergangszeit die über 58-Jährigen, sofern sie nach Paragraf 428/SGB III unterschrieben haben, das heißt, sie konnten Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe zu “erleichterten Bedingungen” beziehen, also Urlaubsanspruch, keine Meldepflicht, keine Eigenbemühungen usw., und dafür müssen sie
a) zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente gehen und
b) als ‘Arbeitssuchende’ weiterhin den Vermittlungsservice der Agentur in Anspruch nehmen, das ist nur so pro forma. Worum es eigentlich geht, die sind dadurch außen vor, die zählen nicht mehr als Arbeitslose, sondern nur noch als Arbeitssuchende. Das ist der statistische Trick, die fliegen aus der Statistik raus!

Zitat 4:
 
Dann kommen noch dazu all diejenigen, die in einer Trainingsmaßnahme sind, Leute in Fortbildung und Umschulung. Die dritte Gruppe, die aus der Statistik verschwindet, ist die mit den 1-Euro-Jobs, der ‘Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung’ Paragraf 16 Abs. B SGB II, wie die Euro-Jobs im Amtsdeutsch heißen – oder auch nur Arbeitsgelegenheiten, Aktiv-Jobs, Zusatz-Jobs, es gibt bundesweit keine Sprachregelung. 200.000 Arbeitslose wurden bereits in 1-Euro-Jobs vermittelt, 600.000 sollen es werden, bundesweit.

Zitat 5:
Bevor ich näher auf die 1-Euro-Jobs eingehe, möchte ich kurz noch was zum Alg II sagen, nur so zum Grundverständnis. Also die Regelleistung beträgt 345 Euro in den alten Bundesländern einschließlich Berlin Ost, und 331 Euro in den neuen Bundesländern, für einen Singlehaushalt. Diese Kosten trägt der Bund. Die Kosten für die Unterkunft, die maximal 50 Quadratmeter, bei selbst genutzten Eigentumswohnungen 120 Quadratmeter, haben darf für eine Einzelperson, werden von den Kommunen getragen – bis auf die Ausnahmen der Optionskommunen, die noch beides machen. Die Kosten der Unterkunft setzen sich aus Miete und Heizkosten zusammen, plus der üblichen Betriebskosten. Die Kaltmiete soll den Betrag von 245 Euro nicht überschreiten. Die Kosten für Haushaltsstrom und Warmwasserzubereitung sind übrigens in der Regelleistung von 345 Euro bereits enthalten, was ja eigentlich eine Wohnung mit Bad überflüssig macht. Ist ein Bad angemessen? Das müssen Sie selbst entscheiden. Angemessen ist eines der meistgebrauchten Wörter. Angemessen im Vergleich wozu? Das Wort ist aus der Sozialhilfe mitübernommen worden. Angemessen ist für jeden Langzeitarbeitslosen künftig der Haushalt eines Sozialhilfeempfängers, weil er dem Alg II zugrunde gelegt wurde. Im Moment gibt es noch zahlreiche Erleichterungen, Zusatzleistungen, Übergangsregelungen, und ab 2006 war das vorbei, dann wurde es ernst. Man hat zwar beteuert, man wolle Härten vermeiden, aber gerade die Härten sind ja das Grundprinzip der ‘Arbeitsmarktreform’, die Privatisierung der sozialen Risiken ist auf dem Weg! Und Alg II ist ja keine Versicherungsleistung, sondern eine steuerfinanzierte … Fürsorgeleistung will ich es mal nennen, ein Almosen eigentlich. Und Fürsorgezöglinge bzw. Almosenempfänger dürfen sich nicht wundern, wenn sie hart rangenommen werden. Eines der vier Kriterien für Alg II ist ‘Hilfsbedürftigkeit’. Ein ‘EHB’, also ein erwerbsfähiger Hilfsbedürftiger, der um Almosen ansucht, kann sich nicht gleichzeitig hinstellen und sagen, ich möchte also weiter als Kunstpädagoge arbeiten, das habe ich studiert … Ja soll denn die Allgemeinheit Ihre luxuriösen beruflichen Erwartungen finanzieren, diese Zeiten sind vorbei, Sie müssen sich jetzt schon auch die Finger schmutzig machen, wie jeder andere auch! So. Das zum Beispiel meinte ich mit der Würdelosigkeit. Also der Hebel, an dem die ganze Sache psychologisch funktioniert, ist ‘Hilfsbedürftigkeit’ und ‘Almosenempfänger’, mit diesem moralischen Druck stopft man den Leuten das Maul.

Zitat 6:
 In den Job-Centern, in den ARGEs weiß man natürlich genau, dass es, außer für ein paar gesuchte Fachkräfte, keine Arbeitsstellen gibt. Also wird der Kunde, ohne Ansehen der Person sozusagen, in eine Maßnahme nach Paragraf 16 Abs. 3 SGB II gesteckt, in eine Arbeitsgelegenheit, den 1-Euro-Job, beziehungsweise wird in der Behörde gern vom Aktiv-Job oder Zusatzjob gesprochen. Bleiben wir bei 1-Euro-Jobs, es handelt sich hier um subventionierte Arbeitsverhältnisse, wirklich sinnvoll daran ist lediglich die Sache ‘Zusatzjobs und Bildung’, also wo junge Leute, oft ohne Hauptschulabschluss und Arbeitserfahrung, gefördert werden und rauskommen aus der Lethargie des Nichtstuns. Für viele andere Kunden stellt es sich als 1-Euro-Arbeitsdienst dar. Als pure Maßnahme. Die so genannten Maßnahmeträger sind meist die Kommunen, Kirchen, Vereine, Wohlfahrtsverbände, Archive, Denkmalpflege, Umweltschutz usw., die können bei den Job-Centern Arbeitskräfte anfordern, für all die Tätigkeiten, die zwar wichtig und notwendig sind, aber auf Grund des Niederganges dieser Republik schlicht und einfach nicht mehr finanziert wurden und sich selbst überlassen waren. Es gibt so eine Positiv-negativ-Liste – diese Arbeiten sollen nach dem Gesetz ja ‘zusätzlich’ sein und keinen regulären Arbeitsplatz gefährden oder ersetzen – da wurde, in Absprache mit den Handwerkskammern, Unternehmerverbänden, der Wirtschaft, den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden eine Liste erstellt, welche Beschäftigung als Zusatzjob in Frage kommt, und welche nicht. Es gibt nur wenige, die nicht in Frage kommen. Das Kriterium ‘im öffentlichen Interesse’ und ‘gemeinnützig’ lässt sich ja beliebig ausdehnen. Aus der Arbeitslosenarmee wird so unter der Hand eine Billiglohn-Reservearmee, so wie die Wirtschaft sie braucht.

Zitat 7:
Und damit das auch wirklich klappt, hat man Zumutbarkeitsregelungen erlassen, also zumutbar ist jedem Erwerbsfähigen jede Arbeit, auch bei stark untertariflicher Entlohnung bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit. Zumutbar für reguläre Jobs ist Mobilität bis in ein anderes Bundesland, auch Pendelzeiten bis zu drei Stunden täglich sind zumutbar, wenn Arbeit dadurch zu bekommen ist. Die 1-Euro-Jobber, die den Zumutbarkeitsregelungen besonders unterworfen sind, dürfen als kleinen Anreiz die volle Summe des Zuverdienstes behalten, während die Zuverdienstregelung sonst bei maximal 30 Prozent liegt. Falls aber das Zuckerbrot nicht zieht, dann haben wir ja noch die Peitsche in Form der Sanktionen, die regelwidrigem Verhalten und unverschämtem Anspruchsdenken ein Ende machen. Wer zum Beispiel die Eingliederungsvereinbarung verweigert, dem wird sie per Verwaltungsakt festgesetzt und es kommt zu einer 30-prozentigen Leistungskürzung. Bis 100 Prozent bei weiteren Weigerungen.

Zitat 8:
 Jugendlichen wird rigoros alles gestrichen. Kosten für Unterkunft und eventuellen Mehrbedarf (bei Diabetes usw.) bleiben erst mal unberührt, schon um Obdachlosigkeit zu verhindern. Jede Strafe gilt für drei Monate. Es können Sachleistungen, Lebensmittelscheine beantragt werden, aber das wird dem Kunden nicht unter die Nase gehalten, wers nicht weiß, muss verzichten. Also es gibt eigentlich keinen triftigen Grund, eine Arbeit zu verweigern, außer Sie sind physisch oder psychisch krank, sind also nicht diese Mindestzeit von drei Stunden täglich erwerbsfähig, dann wird das erst mal überprüft, die Behörde hat einen eigenen medizinischen und psychologischen Dienst, da haben Sie sich vorzustellen zur Untersuchung. Und egal, was an Gutachten von Hausärzten usw. existiert, was an Befunden vorliegt, Sie werden von diesem medizinischen Dienst überprüft und begutachtet. Befindet man Sie als erwerbsunfähig, sind Sie ein Fall fürs Sozialamt, das gibt es für die Nichterwerbsfähigen ja nach wie vor; und für ältere und alte Frauen zum Beispiel, die ganz fürchterlich kleine Renten bekommen, die alle bekommen ‘Sozialgeld’, so heißt es jetzt.

Zitat 9:
  
Ich möchte noch hervorheben, dass der typische Alg-II-Empfänger, der EHB, der erwerbsfähige Hilfsbedürftige, längst nicht mehr der stark tätowierte Kunde ist, der mit der Bierflasche in der Warteschlange steht, nein, das ist die Krankenschwester, die Kindergärtnerin, die Verkäuferin, das ist der Industriekaufmann, der kleine Selbstständige. Denn es trifft vermehrt auch den Mittelstand, und zunehmend kommen auch Führungskräfte und Akademiker, die alle dem gleichen Ritual unterworfen werden. Und diese Gruppe ist natürlich von Hartz IV besonders getroffen, denn das gehörte bisher eher nicht so zu den Lebenserfahrungen in diesem sozialen Milieu. Also stellen Sie sich eine Führungskraft vor, die durch eine Übernahme oder eine Fusion plötzlich ausgebootet wurde, und weil er schon zu alt war, auch keinen Posten mehr gefunden hat. Also die Tür geht auf und da kommt dieser typische erfolgreiche Businessman, wie man ihn von Bildern kennt, der kommt herein, Anfang 50, seit eineinhalb Jahren arbeitslos, jemand, der niemals mit der Bahn zur Arbeit gefahren ist – aber Sie können sich ebenso gut einen Journalisten, einen Arzt oder Juristen denken – und der Mann hat natürlich ein entsprechendes Auto, die entsprechende Wohnung, war vielleicht Kunstliebhaber oder bibliophil, hat kleine Schätze, die entsprechende Wohnung, den entsprechenden Lebensstandard, zwei Kinder auf der Uni, geschieden. Und dieser Mann muss nun einen Antrag auf 345 Euro im Monat stellen, und alles offen legen, alles vorlegen! Er weiß, seit dem 1. Mai gibt es kein Bankgeheimnis mehr. Er hat eine 150 Quadratmeter große Luxuswohnung zur Miete. Er hat Zeitungs- und Buchabos, er geht aus, ins Theater, in die Oper usw., das alles konnte er als Empfänger von Arbeitslosengeld und auch bei der abgestuften Arbeitslosenhilfe zahlen, denn er bezog den Höchstsatz. Mit Hartz IV ist das vorbei. Nun sind all seine Bilder, seine wertvollen Gegenstände und Besitztümer ‘in Geld messbare Güter’, die zu berücksichtigen sind bei der Anrechnung aufs Vermögen, die auf dem ‘ortsüblichen Markt’ veräußert werden müssen. ‘Angemessener’ Hausrat kann behalten werden, also Gegenstände, die zum Wohnen und zur Haushaltsführung ‘nötig und üblich’ sind. Unter 58 dürfen Sie ein frei verfügbares Vermögen von 200 Euro pro erreichtem Lebensjahr haben, was drüber geht, wird auf die Gesamtbedarfssumme angerechnet. Ein ‘angemessenes’ Auto darf man behalten (Wiederverkaufswert von höchstens 5.000 Euro), Aktien, Fondsanlagen usw. müssen aufgelöst und verwertet werden, auch wenn Verluste entstehen. Also unser Mann wird zuerst sein Vermögen aufbrauchen müssen, wenn das auf null ist, dann würde sein Anspruch wieder aufleben. Das ist natürlich der Moment, wo den Leuten die Tränen in die Augen treten.

Zitat 10:
 
Ich will Ihnen die prekäre Lage eines Alg-II-Empfängers mal ganz kurz vor Augen führen, von den 345 Euro bleiben nach Abzug der Heißwasser- und Stromkosten, nach Abzug von Fahrtkosten, Bank- und Praxisgebühren, Grundgebühr für Telefon usw. kaum noch nennenswerte Beträge übrig für Lebensmittel, Tabak, Schwimmbad, Friseur. Da können Sie alles streichen, Zeitung, Bücher, Kultur, Kino, Essen gehen, Kleidung, den schnellen Internet-Zugang, Ihr Auto sowieso. Alg-II-Empfänger mit zu teuren Wohnungen haben ein halbes Jahr Zeit zum Umziehen, irgendwo an den Stadtrand oder in eine Hinterhauswohnung. Also das ist kein Leben, mitten im gesellschaftlichen Reichtum, den diese Herren der Hartz-Kommission ja ganz selbstverständlich und im Übermaß für sich in Anspruch nehmen. Nein, das ist staatlich verordnetes Vegetieren, jenseits vom normalen – noch normalen – gesellschaftlichen Leben. Was dabei herauskommt, ist die Produktion von Parias. Das ist dem Mittelstand und den gebildeten Schichten immer noch nicht klar, dass die Maßnahmen auch sie erfassen können, deshalb wundert mich eigentlich die Ruhe im Lande. Sie fragen mich, weshalb ich Ihnen das alles eigentlich erzähle? Die Antwort ist ganz einfach: Ich gehöre zu der Generation, die gelernt hat, dass man zum Unrecht nicht schweigen darf, so wie es die Generation unserer Eltern weitgehend getan hat. Und ich habe schon viel zu lange geschwiegen!

Zitat 11:
 
Die Rot-Grünen hatten die Chance, was wirklich Modernes zu tun: Einführung eines existenzsichernden, bedingungslosen Grundeinkommens. Das Geld ist da und wird verpulvert. Für den Erhalt von vorsintflutlichen Privilegien. Seit 30 Jahren gibt es keine Demokratie mehr. Auch das fing unter Schmidt schon an, dass ein kanzlerdiktatorischer Staat durchgezogen wird, dass die Verfassung permanent unterhöhlt wird, durch höchstrichterliche Beschlüsse in Karlsruhe, die die Krisenentscheidungen einer der drei Gewalten immer wieder verfassungsmäßig absegnen

Zitat 12:
Und deshalb sehe ich natürlich jeden Tag rot, wenn so eine gewaltige Fehlentscheidung wie Hartz IV von uns Beamten durchgeboxt werden soll. Wir wissen genau, es gibt keine Arbeitsplätze, aber ich stehe unter dem Leistungsdruck, bestimmte Vermittlungszahlen, pro Vierteljahr, pro Halbjahr, pro Jahr zu erbringen. Also bin ich auf das Wohlverhalten, die Fügsamkeit des Kunden total angewiesen. Und dieses Wohlverhalten erzeuge ich, indem ich meinerseits Druck ausübe, oder, was fast noch schlimmer ist, indem ich den Kunden wie einen Menschen behandle. Was aber eigentlich anzustreben ist, er muss vermittelt werden. Und da gibt es eben die ‘vermittlungsrelevanten Merkmale’, die datenmäßig erfasst werden. Es gibt Schlüsselkennziffern, mit denen auch jedes Gespräch, das stattfindet, festgehalten wird, und hinter so einer Kennziffer steht zum Beispiel, ich habe dem Kunden einen Vermittlungsvorschlag für einen Zusatzjob ausgedruckt, damit ist der Tatbestand ‘Vermittlungsangebot’ bereits erfüllt und geht in die Statistik ein, der nächste Schritt ist natürlich, dass der Kunde auch in die Maßnahme eingeschleust wird und aus der Arbeitslosenstatistik verschwindet. Und unsere Auflage ist nun, so viel wie möglich vermittlungsrelevante Merkmale zu erzeugen, denn bis zum 30. 12. sollen alle unter 25 in einer Maßnahme drinstecken, und die über 25 sollen auch vermittelt werden, wie soll das gehen? Achtzig Prozent der Arbeit, die wir täglich machen, geht in die Bewältigung von Verschlüsselung, in die Herstellung der Statistik!

Zitat 13:
  Dabei sollen wir uns ‘intensiv’ um die Arbeitslosen kümmern, Fakt ist aber das reinste Chaos in den Jobcentern bundesweit. Gedränge, Schlangen, lange Wartezeiten, überlastete und genervte Sachbearbeiter, verschwundene Akten und Unterlagen, kaum Auskunft, dauernd besetzte Telefonleitungen

Zitat 14:
Aller Druck, alles, was die Behörde grundsätzlich nicht fähig ist zu leisten, wird gnadenlos auf den Kunden abgewälzt. Und es entsteht auch dadurch so eine brutale Überheblichkeit, die in den internen Gesprächen immer wieder zum Vorschein kommt: Keiner von denen will in Wirklichkeit arbeiten, die wollen nur die Kohle, alles notorische Arbeitsverweigerer, ja wissen denn die Arschlöcher immer noch nicht, dass jede Arbeit zumutbar ist? Bei mir haben die nichts zu lachen, da heißt es fordern! Das ist so der Tenor, und leider muss ich sagen, sind dabei die Frauen die Schlimmeren, zu 80 Prozent bestimmt.  

Zitat 15:
Der Bismarcksche Sozialversicherungsstaat wird in einen Almosenstaat verwandelt, die sozialversicherten Arbeitslosen in ein Heer von Almosenempfängern und billigen Dienstleistungssklaven. Die können ja keinen ‘sozialen Frieden’ mehr gefährden.

Zitat 16:
 Denn eigentlich macht sie primär eins: Sie macht Statistik. Ihr Auftrag ist, eine positive Statistik zu produzieren. Und so wird sie ganz automatisch zu einer Maschinerie des Betrugs und Selbstbetrugs. Mit einem riesigen Apparat an Personal, Material, Geld, Gebäuden, Kunden, Fragebögen, Akten kümmern wir uns energisch um die Verbesserung der Arbeitslosenstatistik. Was ja der reinste Wahnsinn ist, angesichts von inzwischen über sechs Millionen Arbeitslosen – also ich rechne über den Daumen gepeilt die herausgerechneten Arbeitslosen wieder mit rein. Solche Zahlen hatten wir das letzte Mal 1933 und wir wissen, wozu sie geführt haben. Aber darüber darf nicht gesprochen werden, auch nicht intern, höchstens mal im kleinen Kollegenkreis, oder mal privat mit Kolleginnen, das grenzt nämlich an Hochverrat, und deshalb ist das Thema einfach tabu. Es ist doch ein Skandal, dass kein einziger von den entscheidenden Leuten es wagt, sich hinzustellen und zu sagen: Okay, wir ziehen das jetzt rigoros durch und wir machen das, weil wir es so haben wollen, nicht weil mit Hartz IV Arbeitsplätze entstehen. Basta! Das wagt keiner. Das mit den versprochenen Arbeitsplätzen ist natürlich eine Illusion. Es gibt keine Arbeitsplätze und es wird auch keine geben. Nie mehr!

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