Teil 6:
Pferde hinterm Haus als Illusion eines neuen Glücks
Nachdem eine Firma pleite
gegangen war, in der mein Ex-Mann im Innenausbau gearbeitet hatte,
wurde er von einem Hausbau-Unternehmen gefragt, ob er selbständig
für sie als Subunternehmer arbeiten würde. Eine Weile hatte ich das
Gefühl, das sei endlich eine Chance und auch, mein Ex-Mann würde
das gut machen. Wer liebt, glaubt eben gern an das Gute.
Nach dem ersten Sommer, als
ich in der Öko-Gärtnerei gearbeitet hatte, ging es uns finanziell
richtig gut. Die Firma lief super und ich hatte sogar eine Bank
gefunden, die uns wieder Kredit gab. Mein Großer stand viel auf der
Bühne, der Kleine sollte ein Instrument bekommen und von dem Urlaub,
den ich den beiden Großen in Roskilde und uns anderen in der Ex-DDR
an einem Baggersee bei Hoyerswerde bezahlt hatte, war immer noch viel
Geld übrig. Ich kaufte deshalb Equipment für Manuel und seine Band,
Marius eine E-Gitarre und dann tat ich etwas, wo ich lange gezögert
hatte. Ich gab Vanessas Wunsch nach einem eigenen Pferd nach und
kaufte unsere Stute Nixe.
Manuel verliebte sich nach
einigen kurzen und unbedeutenden Flirts dann in seine erste große
Liebe Sonja (Jürgen und ich haben sie übrigens vor einigen Tagen
bei einem Reiterfest als Akteurin fotografiert .. es war eine Nummer
mit Hunden und Pferde, sehr nett).
Anders als von uns geplant,
beschloss Vanessa statt im Jahr darauf Nixe von einem Tinker decken
und ein Fohlen kriegen zu lassen, dass nun Sonja ein eigenes Pferd zu
Nixe stellen dürfte. Sie zog bei uns in die WG mit ein und kaufte
sich Lady, ein englisches Vollblut.
Aber Lady starb nach nur 4
Monaten bei uns. Sonja ließ sie schlachten, was in meinen Augen
nicht nötig gewesen wäre. Das Tier hätte leben können, sie hatte
nur wie wir es heute auch von Nadinah kennen, Probleme mit den Sehnen
und hätte nicht durch tiefen Boden auf einem Stoppelfeld geritten
werden dürfen, schon gar nicht mehrfach kurz hintereinander, als die
Sehnen wieder besser schienen. Lady wurde nur 7 Jahre alt und ich war
dabei, als sie geschlachtet wurde.
Aus der Freundschaft
zwischen Vanessa und Sonja entwickelte sich schleichend danach eine
tiefe Feindschaft, was Vanessa heute abstreitet und mir die Schuld an
den Konflikten mit Sonja aufhalst. Ich hatte sie aber nicht.
Ich wollte weder Lady zu uns
holen noch wollte ich danach Sonja verbieten, ein anderes Pferd zu
Nixe zu stellen. Ich gab nur Vanessa nach, denn nicht Sonja, sondern
sie war schließlich mein Kind. Also kaufte ich Chiwa, die ich heute
selbst immer noch habe, dazu und Nixe akzeptierte sie sofort.
Als meine Schwiegermutter
starb, vererbte sie den Kindern und mir ihr Vermögen und enterbte
meinen Ex-Mann. Als das passierte, hatten wir uns gerade wegen einer
neuen Affaire getrennt und er lebte allein in Preetz. Zuerst
versuchte er, wegen der Minderjährigkeit an den Anteil Geld unserer
Kinder zu kommen, aber das habe ich über meine damalige
Scheidungsanwältin verhindert. Aber er kam zu uns zurück. Er
schaffte das, indem er mir ein Gedicht schrieb, nachdem ich ihn
gefragt hatte, ob er mit mir und meinem damaligen neuen Freund
Wolfgang in ein Jazz-Konzert gehen würde. Ich war gerührt, von
meinem Mann, der ja als Legastheniker kaum schreiben kann, ein
Gedicht zu bekommen, das von oben bis unten voller Fehler war,
vertrug mich wieder mit ihm.
Unsere Kinder schickten uns
dann aufgrund unserer Silberhochzeit nach Tunesien in Urlaub. Dort
ritt mein Ex-Mann mit mir auf einem Dromedar und als wir wieder zu
Hause waren, begann er auf unserem Knabstrupper Reno zu reiten, den
wir im Sommer zuvor eigentlich zum Kutschefahren zu den beiden
anderen Pferden dazu gekauft hatten. Wir hatten dann ein paar
glückliche Monate, mehr war es nicht.
Schon bald hörte mein
Ex-Mann wieder auf zu reiten, er hätte angeblich Angst.Er hatte nur
eins, wieder eine neue Affaire beziehungsweise vermutlich die
gleiche, wegen der wir uns bereits zwei Jahre davor getrennt hatten
und wegen der ich eigentlich damals die Scheidung eingereicht hatte.
Auch mit meinen Töchtern
blieb das Pferde-hinterm-Haus-Idyll nicht das, was es anfänglich
war. Ich glaube, Vanessa litt darunter, dass Esther viel mehr Talent
zum reiten hat als sie es jemals haben wird. Esther war auch schon
immer die bessere Schülerin. Sie litt sogar darunter, dass ich das
bessere Abitur gemacht habe und sie doch nicht Tiermedizin studieren
konnte. Alles war nicht meine Schuld.
Es war auch nicht meine
Schuld, als ich später wegen ihr massive Probleme mit Manuel
bekommen habe, was er mir heute noch vorwirft, weil Vanessa nicht mit
seiner Freundin auskam, die sie selbst zu uns nach Depenau geholt
hat, und zwar samst Pferd. Genauso wenig war es meine Schuld, dass
ich später ihren heutigen Ehemann Timo einfach nicht genauso gern
hatte wie die erste Liebe meiner jüngeren Tochter Esther, denn beide
wohnten auch bei uns in Depenau, aber ich kam mit Björn eben einfach
besser aus. Schließlich kann man sich Schwiegersöhne nicht
aussuchen. Timo behandelte mich und meine Mutter von Anfang an wie
den letzten Dreck, was schon anfing, als er nur wenige Wochen bei uns
wohnte. Es war unmöglich, diesen Mann zu mögen.
Ich fand es auch unmöglich,
dass er nach der Hochzeit mit Vanessa ein Kind von ihr wollte, aber
ständig die Berufsschule schwänzte und mehrfach durch seine
Gesellenprüfung fiel und dann jammerte, er hätte ja Prüfungsangst.
Ich habe ihm deshalb gesagt, wenn ich nie zur Schule gegangen wäre,
wäre ich auch durch jede Prüfung gefallen.
Ist ja auch logisch.
Jürgen lernte meinen
Schwiegersohn Timo ohne zu wissen, wer er ist, aktuell in einer
Weiterbildung des Jobcenters kennen, er hat sich nicht verändert,
hat auch da ständig den Klassenclown gespielt und die anderen beim
Unterricht gestört. Auch eine Frau, wo eine Weile Twister stand, hat
uns neulich erzählt, sie könnte jetzt verstehen, warum ich mit Timo
nie ausgekommen bin, weil er sich in ihrem Stall genauso verhalten
hat .. er wäre ein Kindskopf, der wohl nie erwachsen werden würde.
Nun ja, ich habe meinen
Töchtern wohl vorgelebt, so hilflose Männer, die zu nichts taugen,
zu beschützen. Ich tat es mit ihrem Vater ja als weibliches Vorbild
auch viele Jahre.
Ende 1999 erwischte ich
meinen Ex dann wieder mit einer anderen Frau. Das kam sehr zufällig,
weil sich die Firma, wo er nebenberuflich Taxi fuhr .. er war damals
vorwiegend arbeitslos, sicher absichtlich, weil er so viel
Schwarzarbeit machen konnte und mir irgendwas vorgaukeln und genug
Freiraum für seine Affairen hatte .. dann bei mir meldete, ob er
nicht kommen könnte. Dabei hatte er mir gesagt, er würde bereits
Taxi fahren. Ich drückte auf die Wahlwiederholungstaste unseres
Telefons und erfuhr von einer älteren offensichtlich dementen Frau,
dass mein Ex-Mann sich seit Jahren mit ihrer Enkeltochter treffen
würde, jeden Mittwoch.
Die Frau hieß Helga .. er
hat mich mindestens 12 Jahre mit dieser Helga betrogen, sie aber
später auch noch zusätzlich mit weiteren Frauen. Nun ja .. Helga
hatte selbst schuld, sie war nicht besser als er.
Wir kriegten Streit, Esther
und Björn zogen spontan aus, ich konnte den Resthof nicht mehr
halten und zog mit Marius zu meiner Mutter nach Preetz, die mein Mann
schon ein paar Jahre vorher einfach raus geschmissen hatte, nachdem
sie einmal ins Frauenhaus geflüchtet war, als er sie wieder angriff.
Gewalt, auch wenn ich es nicht immer wieder erwähnt habe, war bei
meinem Ex-Mann ja längst zur Normalität geworden, wenn ihm die
Argumente fehlten.
Noch in Depenau habe ich ihn
einmal mit einer Radkappe so auf den Kopf geschlagen, dass er blutend
ins Krankenhaus musste, Das war Notwehr, sonst hätte er wieder mich
geschlagen. Er meinte danach, nun wüsste er wie das ist, wenn man
geschlagen wird. Es hat ihn aber nicht davon abgehalten, immer wieder
zuzuschlagen.
Esther kam später zu Marius
und mir zurück und wohnte eine Weile bei meiner Mutter nebenan, bis
sie sich in einen anderen Mann verliebte, der Robert hieß, denn
Björn war schwul geworden oder immer gewesen und hatte beschlossen,
mit einem anderen Mann zusammenzuleben. Schade war das, er war so
nett und hatte vom Wesen her so gut zu Esther gepasst.
Vanessa hätte unseren
Resthof in Depenau mit Nixe, Reno und Chiwa hinter dem Haus damals
halten können, aber sie tat es nicht. Sie zog mit ihrem Mann weg und
ist inzwischen ohne Scheidung und tra la la genauso oft umgezogen wie
ich, seit wir aus Depenau alle weg sind.
Es begann die Odyssée mit
unseren Pferden von Pensionsstall zu Pensionsstall.
Wie es in Preetz dann
weiterging, davon berichte ich Euch später einmal.
LG
Renate
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