Donnerstag, 30. August 2012

Für Lilo, die nun im Himmel sein wird

Hallo Lilo. Ich hoffe, es geht Dir jetzt gut dort, wo Du jetzt bist und dass Du Jürgens Papa wieder gefunden hast, von dem ich weiß, wie sehr Du ihn vermisst hast, auch wenn wir beide uns nicht mehr sehr gut kennen gelernt haben, weil ich Deinen Sohn erst als alte Frau fand.
Deinen Balkon, auf dem ich Dich hier noch fotografiert habe, mochtest Du ja immer sehr und auch die Treffen mit Deinen Freundinnen in der Stadt.
Aber alte Bilder hast Du nicht mehr anschauen mögen, weil Dich das an früher erinnert hat, als Jürgens Vater noch lebte und Deine Welt noch in Ordnung war, was sie für Dich nach dem Tod Deines Mannes wohl nie mehr geworden ist. Jürgen und ich waren damals froh, uns ein paar alte Fotos von Dir mitnehmen zu können, weil Jürgen in der schlimmsten Phase seines Lebens einmal alle Erinnerungen verloren hatte. Ich glaube, Du hast nie gewusst, wie schlecht es Jürgen nach dem Tod seiner Vaters selbst ging und was ihm danach alles passiert ist. Er hat es Dir nie erzählen mögen und ich habe es deshalb auch nicht getan. Diese alten Fotos hier zum Beispiel von Dir und Deiner Familie von früher haben wir von Dir, Lilo.
Da seid Ihr beide noch jung gewesen, Du und Jürgens Papa.
Und das seid Ihr mit dem kleinen Jürgen im Garten von Eurem Wochendhaus.
Und da paddelst Du mit dem Jürgen, und Anka sitzt mit in Eurem Kanadier.
Ich weiß noch genau, wie der Jürgen Dich von einer Insel im Großen Plöner See aus ganz stolz angerufen hat und Dir erzählt hat, dass er gerade mit mir eine Tour mit dem Kanadier macht und Du hast Dich für ihn gefreut, weil er so einen schönen Tag mit mir auf dem Wasser hatte.
Und das bist Du mit Assi und Jürgens Kindern Nicole und Daniel.
Ich hoffe, dass die beiden auch morgen zu Deiner Beerdigung kommen. Der Kontakt zu seinen Kindern von Jürgen ist leider genauso wie meiner zu meinen Kindern jetzt im Alter nicht mehr so toll. Wir haben keine aktuelle Telefonnummer, aber haben den beiden über Facebook geschrieben, dass Du gestorben bist und hoffen, dass sie kommen und es auch gelesen haben. Geantwortet hat bisher keiner, aber das muss bei Jürgens Kindern nicht bedeuten, dass sie es nicht doch wissen, kenne die zwei ja .. leider gerade weil ich sie gar nicht oder kaum kenne gut genug um zu befürchten, dass sie nicht kommen werden, obwohl sie es gelesen haben. Ach Lilo ... das Leben ist nicht immer schön.
Als ich Jürgen kennenlernte, wollte er unbedingt, dass ich Dich auch kennenlerne, wir haben Dich dann ja auch 4 x besucht. Das erste Mal waren wir Kaffee trinken, mit Dir wandern und haben dann zu Hause bei Dir was gegessen, was ich mitgebracht habe, und Du hast Dich sehr gefreut.
An dem Tag haben wir auch mit Dir Jürgens Papa auf dem Friedhof besucht, wo Du nun sicher morgen auch hin kommen wirst.
Bei unserem 2. Besuch waren wir mit Dir an einem Fluss bei Euch Picknick machen.





Damals war es noch möglich, auch mal eine Nacht bei Dir zu schlafen und meine Mama nur anzurufen und zu Hause zu lassen, weil sie noch nicht ganz so tüdelig gewesen ist wie zuletzt.
Meine Mama lebt schon fast ein Jahr nicht mehr Lilo, das weiß Du ja noch gar nicht, weil ich Dir nicht mehr habe schreiben können und wir gar nicht gewusst haben, wo Du geblieben bist, Lilo.
Das vorletzte Mal, als wir Dich besucht haben, hatten wir meine Mama mit. Es war zur Weihnachtszeit und kalt draußen und wir sind mit Euch beiden essen gegangen.
Ja ... das war ungefähr um Weihnachten 2007 und dann haben wir Dich noch einmal im Januar 2008 besucht, weil Du Geburtstag gehabt hast und Dir einen Besuch mit uns bei der Appassionata in Hannover geschenkt, aber davon habe ich keine Fotos gemacht.
Ich habe damals nicht gedacht, dass das das letzte Mal sein würde, dass wir uns sehen würden, Lilo, aber es war leider so.
Es ging Dir irgendwie so ähnlich wie meiner Mama, vom Kopf her halt.
Jürgen hatte die Idee, dass Du in Bad Nenndorf Deine Wohnung aufgibst und hier hoch zu uns in die Nähe ziehst, damit wir uns genauso wie um meine Mama auch um Dich kümmern könnten.
Aber Du warst ja so stur, wie alte Leute es leider oft sind und hast immer gemeint, wir könnten eine viel zu teure Wohnung bei Dir im Haus mieten und hast nicht verstanden, dass wir die nicht hätten bezahlen können und auch gar nicht die Erlaubnis von der ARGE bekommen hätten, einfach umzuziehen, denn Jürgen hatte ja hier oben Arbeit, eben sehr schlecht bezahlte.
Du warst immer eine kleine Prinzessin, ja Hutmacherin von Beruf und Ballett-Tänzerin früher vom Hobby her, und so verwöhnt von Jürgens Papa. Es war für Dich nicht zu verstehen, wie schwer es uns beiden gefallen ist, Dich überhaupt ab und zu zu besuchen und so kleine Dinge wie ich sie eben erzählt habe, überhaupt zu bezahlen. Du warst immer so böse darüber, dass Jürgen nicht öfter kommen konnte und hast nicht verstanden, welche Probleme wir mit unseren alten Autos hatten, mit denen wir Dich besucht haben und oft schon deshalb nicht so weit hätten fahren können.
Als ich versucht habe, es Dir zu erklären, hast Du wohl Tante Bärbel erzählt, der Jürgen hat kein Geld und keine anständige Arbeit. Was immer es war und was immer sie Dir eingeredet hat, plötzlich hörte ich Euch am Telefon streiten und weiß nur noch, dass Du dem Jürgen am Telefon gesagt hast, Du hast die Vollmacht, die Jürgen seit vielen Jahren über das Konto hatte, das Dein Mann vor seinem Tod zu Deinem Schutz angelegt und sie Jürgen extra ausgestellt hat, damit er sich im Ernstfall um Dich kümmern und das auch bezahlen kann, der Tante Bärbel übertragen, weil Du die Befürchtung hattest, der Jürgen könnte Dich beklauen, weil er ja keine anständige Arbeit hatte.
Dann habe ich Dir noch lange geschrieben und Dir so erzählt, wie es Jürgen geht, aber irgendwann kam die Post als unzustellbar zurück und wir wussten nicht, wo Du bist. Ich habe mir aber gedacht, dass Du wohl in einem Pflegeheim gelandet sein könntest und sich diese Tante Bärbel nicht um Dich kümmert.
Tja, ich fürchte, sie hat zuerst Dein Geld ausgegeben, was Du ja dem Jürgen zugetraut hast, der es nie angerührt hat, und dann hat sie Dich im Stich gelassen.
Denn nicht sie hat uns angerufen und uns gesagt, Jürgen komm, die Mama stirbt, sondern irgendein Bestattungsunternehmen hat Jürgen gesucht und lange nicht finden können.
Tante Bärbel hat uns ja auch nicht mitgeteilt, wo Du überhaupt von Deiner Wohnung aus hin gekommen bist.
Wir wissen nicht, wo Du gestorben bist, wie Du gestorben bist .. ja gar nichts eigentlich.
Ich fürchte fast, wir werden morgen bei Deiner Beerdigung ganz alleine bei Dir sein, Lilo.
Es tut mir so leid für Dich und auch für Jürgen, was diese Tante Bärbel, als Du alt und dement wurdest, zuletzt mit Dir gemacht hat.
Aber wie hätte ich Dir helfen können? Es wäre nicht gegangen.
Renate








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