Montag, 30. April 2012

Armut - was daran das Allerschlimmste ist!

Ich möchte zum Thema Armut einmal meine ganz persönlichen Erfahrungen kurz ansprechen. Es gibt in unserem Land Millionen von armen Leuten und die Probleme werden überall ähnlich sein, wie ich selbst und auch mein Lebensgefährte es erlebt haben.

Es ist nicht schön, in einer Sozialwohnung leben zu müssen. Es ist nicht schön, wenn die Möbel immer älter werden. Es ist nicht schön, wenn es einem egal wird, wie es zu Hause aussieht, weil für Ambiente sowieso kein Geld da ist und man froh ist, wenn man noch ein Sofa oder ein Bett hat, was nicht vollständig kapputt ist. Es ist nicht schön, wenn das Outfit immer unmoderner wird, man kaum genug Geld hat, um neue Schuhe zu kaufen, wenn die alten kapputt gehen oder man auch Tage hat, wo man regelrecht hungert oder den ständigen Tee zum Trinken schon nicht mehr sehen kann, weil er einem zu den Ohren raus hängt.

Es ist auch nicht schön, wenn man froh ist, dass zu Weihnachten oder Ostern oder zum Geburtstag keiner kommt, weil man gar nicht gewusst hätte, womit man die Gäste bewirten soll. Genauso wenig ist es schön, oft nicht zu wissen, was man verschenken soll, wenn man wirklich einmal irgendwo eingeladen wird.

Es ist auch ziemlich unschön, wenn man draußen auf der Straße oder anderswo sieht, irgendwo ist wieder etwas los. Da spielt die Lieblingsband ganz in der Nähe, da läuft ein schöner Film, aber man kann nicht hin gehen. Es wäre gesund, einmal ins Schwimmbad zu fahren, aber es reicht nur für einen Spaziergang.

Wenn man arm ist, fehlt es ständig an allem.

Der Stress, wenn manchmal massive Probleme auftauchen, ist ungesund. Es ist beängstigend, wenn man darum kämpfen muss, dass der Strom nicht abgestellt wird, dass man nicht aus der Wohnung fliegt und vieles mehr, was auch immer wieder vorkommt, obwohl man spart wie verrückt.

Trotzdem gibt es etwas, das jedem verarmten Menschen passiert, das viel schlimmer ist.

Und das heißt, von den Menschen, die man liebt und von denen man gedacht hat, sie lieben einen auch, einfach verlassen zu werden.

Zuerst gehen die Freunde, weil man nicht mehr genug Geld hat, etwas mit ihnen zu unternehmen. Sie gehen meistens nicht sofort, aber sie gehen. Mit Pech gehen aber auch die Familienmitglieder, die man sehr liebt. Das kann der Partner sein, das können aber auch oft die eigenen Kinder sein, wenn sie schon erwachsen sind.

Gute Freunde zu verlieren, tut wahnsinnig weh und nimmt einem bereits viel Selbstbewußtsein.

Familienmitglieder zu verlieren ist ein Schmerz, der nie aufhört und in einem bohrt und einen innerlich auffrisst.

Man hofft immer, sie kommen irgendwann zurück, obwohl man genau weiß, sie werden es nicht tun. Nicht einmal dann, wenn man sich wieder von der Armut erholt haben sollte, denn dann ist die Scham zu groß zuzugeben, dass sie ja nur gegangen sind, weil ihre Eltern in der Gosse gelandet sind und ihnen nicht haben helfen wollen.

Viele arme Leute fangen dann an zu trinken oder Drogen zu nehmen, ihre Wohnung und auch sich selbst zu vernachlässigen und vollkommen den Mut zu verlieren.

Manche tun sich auch zusammen. So haben mein Partner und ich es getan. Wir haben beide erlebt, Freunde und Kinder zu verlieren, als der soziale Absturz uns erwischt hatte, geben uns gegenseitig Halt. Wir arbeiten, kommen nur nicht über den ARGE-Satz rüber. Wir arbeiten sogar in einem Zweig, der ausgesprochen kreativ ist und Freude macht. Wir versuchen, auf diese Weise etwas Selbstachtung zu behalten und unser kleines Glück zu genießen, dass wir uns gegenseitig geben können.

Aber der Schmerz, einmal alles verloren zu haben, einfach so, weil der Partner ging und man deshalb dann verarmte und dann auch plötzlich die Kinder gingen, den kann einem niemand nehmen. Diese Wunden bluten immer.

Wir kennen viele arme Leute, die ähnliche Dinge erlebt haben.

Wenn unsere Regierung so weiter macht, sind wir nicht nur bald ein Volk von lauter armen Menschen, sondern auch von seelischen Krüppeln.

Denn Armut ist mehr als Hunger .. Armut ist Isolation von der Liebe anderer.

Viele arme Menschen sind vollkommen allein.

Die, die es noch nicht sind, sollten niemals darüber spotten oder sagen, die Verarmten wären ja selbst daran schuld.

Armut kann in der heutigen Zeit jeden treffen. Ganz schnell und in der vollen Härte aller Konsequenzen, die damit verbunden sind.

LG
Renate

2 Kommentare:

  1. Hallo Renate,
    "Armut ist Isolation von der Liebe anderer."
    Na ja, sicher nicht in jedem Fall und nicht zwangsläufig. Aber: Auf jeden Fall ein beeindruckender und emotionaler Blogeintrag, der nachdenklich stimmt. Danke dafür...

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  2. Gern geschehen .. dafür ist dieser Blog unter anderem ja da ... wenn wir schon Autoren sind, dann können wir mit solchen privaten Texten ja vielleicht doch versuchen, etwas zu bewirken, und sei es nur ein klitzekleiner Denkanstoß irgendwo, wo er eventuell was bewirken kann.

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