Dienstag, 31. Oktober 2017

500 Jahre Reformationstag

- Ich bin ja nun evangelisch und war mal schauen, was darüber berichtet wird -


 Ich habe noch nie Familienmitglieder gehabt, die sonderlich fromm gewesen wären und bin nun auch nicht selbst so fromm, dass ich alleine ständig in die Kirche gehen würde.

Es kommt halt vor, dass ich meinen Mann bitte, zu besonderen Anlässen mal mitzukommen .. wie Heiligabend oder so. Und manchmal tut er das dann auch je nach Laune.

 Dass ich selbst evangelisch bin, hat nichts damit zu tun, dass meine Eltern mich mal so hätten taufen lassen ... das war bei mir anders.

Als ich 10 Jahre alt war, entschied ich mich selbst, mich nach dem evangelischen Glauben taufen zu lassen, weil mir die Idee, die dahinter steht, schon als Kind im Religionsunterricht eben gefallen hat.

 Ich denke, dass unter den christlichen Religionen die, der ich angehöre, nämlich der evangelische Glaube, der beste von allen ist.

Deshalb möchte ich hier mal ein paar Infos darüber reinstellen, was unseren Glauben eigentlich von den anderen christlichen Religionen so sehr unterscheidet, dass Marthin Luther vor 500 Jahren gemeint hat, er müsste das anprangern und es sollte sich was ändern.

 Im Spiegel habe ich zum Beispiel was darüber gefunden:

http://www.spiegel.de/panorama/reformationstag-warum-feiern-protestanten-den-31-oktober-a-1174482.html

Daraus ein Zitat:

"Luthers Thesen richteten sich vor allem gegen den Missbrauch des mittelalterlichen Ablasshandels: Gläubige konnten mit dem Erwerb von Ablassbriefen ihre Sündenstrafen reduzieren. Mit den Einnahmen wirtschaftete die Kirche gut, der Papst etwa finanzierte so den Bau des neuen Petersdoms. Gegen diesen Machtmissbrauch und die Verweltlichung der Kirche protestierte Luther und veröffentlichte weitere Schriften. Allein Gottes Gnade könne den Gläubigen retten, so der Reformator. Und nur die Bibel sei maßgeblich für die christliche Glaubenslehre, nicht die traditionelle Lehre der Kirche."

 " Da Luther seine Thesen nicht widerrufen wollte, schloss der Papst ihn und seine Anhänger 1520 aus der Kirche aus. Auch vor dem Kaiser wollte Luther sich nicht beugen. "Hier stehe ich, ich kann nicht anders", soll er der Legende nach auf dem Wormser Reichstag gesagt haben. Darauf verhängte der Kaiser die Reichsacht über den Reformator. Luther war damit vogelfrei, jeder konnte ihn nun straffrei töten.
Mithilfe seines Unterstützers, des Kurfürsten von Sachsen, konnte Luther sich aber auf der Wartburg verstecken. Als Junker Jörg arbeitete er dort unerkannt an seinem größten Werk: Er übersetzte das Neue Testament ins Deutsche. Sein Stil prägt unsere Sprache bis heute."

 Auch der Rest von diesem Spiegel-Beitrag ist recht interessant .. aber das, was ich oben zitiert habe, ist wohl das Wesentliche an unserem Glauben und was ihn vom katholischen unterschleidet.

 Bei T-online habe ich auch noch einen guten Beitrag zum Thema gefunden.

http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_82589740/reformationstag-2017-ein-blick-auf-luthers-wirken-erbe-und-widersprueche.html

Ich werde auch daraus mal ein paar Sachen zitieren .. den Rest solltet Ihr bei Interesse aber bitte sonst selbst lesen.

 "Immerhin gibt es am Dienstag einen eigenen Feiertag zu Ehren der Reformation. Erstaunliches also ist geschehen, in einem Land, in dem das christliche Abendland neuerdings gern bemüht wird, die Religion laut Kirchenmitgliedschaft aber auf dem Rückzug ist. Aber Luther wirkt weit über die Kirche hinaus. „Die Reformation veränderte Deutschlands Sprache, Mentalität und Lebensstil“, notierte das britische Magazin „Economist“ zu Jahresbeginn. Deutschlands Liebe zur Musik, die Strengheit der Formen, Sparsamkeit, schwäbische Hausfrau und schwarze Null – ein Blick auf Luthers Wirken, die Reformation und wie die Kirchenspaltung Deutschland bis heute prägt."

 "Durch gedruckte Flugschriften verbreitet sich Luthers Kritik an der Kirche rasant. Der Wittenberger Professor verteidigt seine Thesen in Streitgesprächen mit päpstlichen Gesandten. Und Luther legt nach. 1520 veröffentlicht er seine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, Kernpunkt: Der einzelne ist selbst fähig, die Bibel zu studieren. Die Kirche braucht’s nicht. Noch ein Faustschlag gegen Rom. „Die Häresiefalle ist zugeschnappt… Der Frömmigkeitstheologe hat seine Metamorphose zum Kirchenrebell abgeschlossen. Der Kampf um den rechten Glauben hat begonnen“, notiert der Autor Andreas Molitor.
Das Ganze hat Folgen. Kaiser Karl V. gibt den Verteidiger des Papstes und der katholischen Kirche und bittet Luther 1521 auf dem Reichstag in Worms seine Thesen zu widerrufen. Luther widersteht mit dem legendären Satz: „Hier steh ich Armer und kann nicht anders. Gott helfe mir, Amen!“ Der Mythos vom Rebell gegen Rom ist geboren. Luthers Anhänger gelten fortan als Protestanten. Sein Aufstand hat weitreichende Folgen. „Luther sagt: In Glaubens – wie auch in Gewissensfragen ist jeder Mensch frei! – Das war der große Schritt hin zur Aufklärung und Moderne“, betont die evangelische Theologin Margot Käßmann die emanzipatorische Kraft der Reformation."


"Die radikalen Anhänger der Reformation werden nun selbst verfolgt, sie weichen aus, zuerst in die Niederlande wie die Mennoniten, später in die USA wie Quäker und Amish. Harrison Ford hat ihnen im Film „Der einzige Zeuge“ ein kleines Denkmal gesetzt. Jenseits des Kinos bleibt ein anderer Aspekt: Die USA sind von Beginn an ein Zufluchtsort von Glaubensflüchtlingen, schließlich gehören die sogenannten Pilgerväter 1620 zu den ersten Einwanderern im Land, vielleicht ist der missionarische Charakter der US-(Außen-)Politik vor dem Hintergrund dieses Sendungsbewusstsein zu sehen.
Die Folgen IV: Das zersplitterte Land: Luthers Reformation führt auch zu einer politischen Spaltung Deutschlands, ein deutscher Einheitsstaat bleibt über Jahrhunderte unerreicht. Es geht um Religion, mehr aber noch um eigene Macht. Einige Fürsten wie etwa der Markgraf von Brandenburg (Kern des späteren Preußen) stellen sich auf Luthers Seite und gegen den katholischen Kaiser. Es kommt zu heftigen Kriegen. 1555 wird im Augsburger Religionsfrieden ein Grundsatz besiegelt: "Cuius regio, eius religio" – Wessen die Herrschaft, dessen die Religion. Kurzum: Die Bevölkerung folgt dem Glauben des Landesherrn, Kritiker sprechen später für protestantische Gebiete wie Preußen von einer verhängnisvollen Einheit zwischen Thron und Altar.
Auch in der Folgezeit findet das in viele Kleinstaaten zersplitterte Deutschland nicht zur Ruhe. Am verheerendsten wird das Gebiet in der Mitte Europas im Dreißigjährigen Krieg (1618-48) verheert, auch wenn es dabei nur am Rande um religiöse Aspekte geht. Der Westfälische Friede beendet 1648 das Kämpfen und bekräftigt den Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens. Deutschland aber bleibt über Jahrhunderte gespalten in katholische und protestantische Kleinstaaten. Das prägt: Noch heute setzt das Land auf föderale Strukturen und den Bundesstaat"

"Der "Economist" geht gar noch weiter. Er sieht in Luthers Liebe zur Musik (und dem durch die Reformation mitgeförderten Föderalismus) die Grundlage für die Vielfalt in Spitzenorchestern in Deutschland. Und schließlich entspringt ja auch die Popband „Prinzen“ dem Leipziger Thomanerchor. Luthers Sachlichkeit präge die neue deutsche Malerei der Dresdner Schule. Und der Geschmack. Für Protestanten gilt der schnöde Grundsatz: Satt werden reicht! Katholiken haben es mit Sinnenfreuden einfacher, sie dürfen ja beichten und lernen sich auch Gaumenfreuden zu vergeben. Vielleich auch das ein Grund, warum es in den katholischen Gegenden in Bayern, der Pfalz und dem Saarland mit Bier, Saumagen und Lyoner so schmackhaft zugeht. Der sogenannte Weißwurstgürtel entlang des Mains ist auch eine kulinarische Trennlinie. Auch fällt auf: Konrad Adenauer, Charles De Gaulle, Alcide de Gasperi, Francois Mitterrand, Helmut Kohl, Jean-Claude Juncker, die großen Europäer entstammen katholischen Milieus. Fällt es den Mitgliedern der übernationalen katholischen Kirche einfacher, den Nationalstaat hinter sich zu lassen? Europas Verfwerfungslinien sind jedenfalls auch religiös-kulturell begründet."


"Fazit: Umbruch in der Medienwelt (damals Buchdruck, heute Twitter), aufkommender Welthandel (1492 wird Amerika entdeckt, heute greift die Globalisierung), zunehmender Fortschritt und Individualisierung um 1500 ebenso wie heute. Es rumort in der Welt. Und so ist Luther der heutigen Zeit näher als viele mitunter zugeben mögen. Das beginnt in der neuen gesellschaftlichen Vielfalt, die die Reformation begründet. „Indem … die ,ideologische‘ und organisatorische Geschlossenheit der lateinischen Christenheit endgültig aufgebrochen war, existierten nicht nur in der Kirche, sondern auch allgemein im Denken und im  Lebensstil Alternativen, und zwar rechtlich wie gesellschaftlich anerkannte Alternativen – bis hin zum Recht auf Nichtglauben, das in Luthers Zeit noch undenkbar war“, urteilt der Luther-Biograf Heinz Schilling.
Reformator oder Spalter? Modernisierer oder antisemitischer Aufwiegler? Wie sind Luther und die Reformation nun zu sehen? Darüber gibt es immer noch sehr unterschiedliche Auffassungen. „Wer wollte leugnen, dass Luther ein ungeheuer großer Mann war, groß im deutschesten Stil, groß und deutsch auch in seiner Doppeldeutigkeit als befreiende und zugleich rückschlägige Kraft“, urteilt der Schriftsteller Thomas Mann. Martin Luther ist voller Widersprüche - wie die deutsche Geschichte."

 Vielleicht sollte ich noch etwas Wichtiges ergänzen, was unseren Glauben auch ausmacht.

Jesus ist besonders wichtig im evangelischen Glauben, das Neue Testament die Grundlage des Konfirmandenunterrichts. Wer evengelisch ist, ist schon fast erwachsen bei der Konfirmation und nicht wie bei der katholischen Kommunion noch ein Kind.

Die Sexualität ist freier in jedem eher evangelisch geprägten Land als in einem katholisch geprägte, .. freier, aber weniger verlogen .. vielleicht insofern auch ein bisschen spießiger, obwohl wir freier sind.

Wir sagen, was wir denken, wir sind Norddeutsche .. denn die evangelische Kirche hat ihre Domänen hauptsächlich in Norddeutschland .. und wir handeln auch danach, wie wir denken und nicht heimlich anders .. auch das ist typisch für die Menschen in den eher evangelisch geprägten Regionen Deutschlands.

Die Bergpredigt ist eine Grundlage unserer Denkweise .. und in der Bergpredigt redet Jesus auch viel von sozialen Themen.

Wenn hier manche der Autoren aus den Links oben Luther und eher rechtspopulistische Denkweisen in einen Hut werfen, dann halte ich das für falsch.

In der Sexualität eher frei zu sein, aber auch die Veratwortung für die Folgen seiner Handlungen zu übernehmen .. indem man zum Beispiel ein uneheliches Kind nicht abtreibt ... um auf den Bezug zuf AfD zurückzukommen .. das mag typisch für eine protestantisch denkende Frau sein ... aber das ist deshalb noch längst nicht rechtspopulistisch, sondern eine Konsequenz der eigenen Denkweise, dass der Mensch frei ist .. frei ist zu handeln, aber dann auch verpflichtet, seine Handlungen zu verantworten.

LG
Renate

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