Freitag, 24. Oktober 2014

Arbeit und andere Überlebensstrategien

Ein Gedankenkarussel, das auch das BGE umfasst


Ein privates Erlebnis hat mich heute wieder einmal dazu gebracht, mich gedanklich mit dem Thema BGE, aber auch Sozialhilfe und ALG II und der Meinung vieler Menschen auseinanderzusetzen, die sagen, ein BGE würde nicht funktionieren, weil so viele Menschen einfach zu faul zum Arbeiten seien und dann sicherlich gar nichts mehr tun würden. Und dann würde auch das BGE nicht mehr klappen, das nur funktionieren könnte, wenn die meisten Menschen auch arbeiten.

Ich sehe das nach wie vor nicht so, denn bei einem BGE würde sich Arbeit generell für jeden Menschen, der fleißig wäre, durchaus lohnen. Beim Thema Arbeit wäre nicht nur der Spaßfaktor zu berücksichtigen, sondern auch der finanzielle Anreiz, der bei einem BGE ja da wäre.

Bei dem Modell, das über die Umsatzsteuer finanziert würde, würden generell Menschen, die mehr Geld als die reine Grundsicherung zur Verfügung hätten, auch mehr Umsatzsteuereinnahmen in die Kasse bringen, denn sie würden ja zumindest viel von dem mehr verdienten Geld auch wieder ausgeben. Nur besonders reiche Leute könnten das nicht mehr. Wiederum könnten die dann anderen für neue Ideen beispielsweise mit Krediten aushelfen .. und auch dem Staat.

Ich hatte eine Mutter, die in ihrem ganzen Leben nicht einmal so viel gearbeitet hat, dass sie auch nur einen Cent Rente außer der kleinen Minirente für meine Geburt bekommen hätte. Aber diese ja über dem Sozialhilfesatz liegende Mütterrente hat sie bekommen, denn um mich hat sie sich durchaus ja selbst gekümmert, als ich ein Kind war. Wenn ich mal Rente kriege, werde ich für jedes meiner vier Kinder so eine Mütterrente bekommen, die über dem Sozialhilfesatz liegt, die dann anrechnungsfrei ist. Das ist eine ganz nette Summe, die zu einem Freibetrag, den man sich dann noch zusätzlich verdienen kann, solange man noch fit genug ist, dazu kommt.

Mama hat sich immer darauf verlassen, dass andere Menschen für sie sorgen. Als meine Großeltern noch lebten, waren sie es, die sie mit ernährt haben, danach war ich es und als ich es nicht mehr konnte, hat sie den Satz für ein Haushaltsmitglied an Sozialhilfe statt Rente bekommen.

Ich habe also 17 Jahre lang meine Mutter ernährt und damit schon mit 18 Jahren einmal anfangen müssen, weil sie nicht darüber nachgedacht hat, wer sie füttert, wenn ihre Eltern sterben. Vielleicht hat sie auch darüber nachgedacht und sich gesagt, ihre Tochter wird es nicht übers Herz bringen, sie im Stich zu lassen. Sie hat mich ja entsprechend erzogen.

Aber eins war meine Mama nicht. Sie war nicht komplett faul. Meine Mama hat früher ihren Eltern, die ja als Melkermeister-Ehepaar auf Gütern tätig waren und viele Gehilfen hatten, durchaus bei der Arbeit in diesem Job und auch im Haushalt geholfen. Auch in meinem Haushalt war meine Mutter mir eine große Hilfe. Wir beide haben einfach aus der Not eine Tugend gemacht. Ich habe Geld verdient, sie hat sich um Haushalt und Kinder gekümmert und sie war nicht faul.

Meine Mutter würde unter einem BGE zu den Menschen gehört haben, die eben Familienpflichten erfüllen, und auch diese Nichtlohnarbeit ist in meinen Augen etwa wert.

Bei uns im Haus wohnt ein geistig behindertes Ehepaar. Beide bekommen überwiegend Sozialhlfe, aber faul sind sie alle beide nicht. Die Frau arbeitet jeden Tag in einer Behinderteneinrichtung und bekommt dafür recht wenig Geld extra, aber sie bringt damit ihre Familie über den Sozialhilfesatz. Der Mann hat früher in der gleichen Behinderteneinrichtung gearbeitet, wo man nach 15 Jahren dann Rentner wird. Er ist noch recht jung, aber deshalb dennoch schon Rentner. Heute trägt er den Kieler Express, ein Werbeblatt der Kieler Nachrichten, aus, und das weit weg in Schellhorn, wo man schon die erste Stunde nur zum Hinlaufen und eine zweite zum Zurücklaufen braucht. Das tut er bei jedem Wetter jeden Samstag und jeden Mittwoch, und zwar in zwei oder drei Gebieten. Er verdient damit nicht allzu viel. Jürgen und ich haben das ja auch mal gemacht. Es ist harte Arbeit für wenig Geld. Zusteller dieser Art gibt es sehr viele in Deutschland.

Wenn es ein BGE gäbe, würden solche Jobs möglicherweise durch einen Mangel an Not besser bezahlt werden. Ich würde das richtig finden, denn auch wenn man für diese Tätigkeiten nicht hoch qualifiziert sein muss, sind sie doch etwas wert und echte körperliche Knüppelarbeit, die besser bezahlt werden sollte.

Jürgen und ich sind freiberufliche Texter. Dieser Job wird auch nicht besonders gut bezahlt, obwohl er hoch qualifizierte Mitarbeiter braucht, denn ohne Bildungund eine gehörige Portion Kreativität schafft das sicher niemand. Ich denke, viele Menschen machen dieser Arbeit gern. Man kann sie von zu Hause aus machen, sie macht Spaß und ist ohne viele Unkosten einfach durchzuführen.

Ich vermute, dass manche Aufträge, die auch zu dieser Arbeit gehören, unter einem BGE besser bezahlt werden müssten. Heute bearbeiten wir auch, weil wir das Geld brauchen, oft Texte, die nicht so toll sind. Das ist manchmal wirklich harte Knochenarbeit, für Centbeträge Dinge wie Müllbeutel, Strohhalme, Putzmittel, Schrauben, Dübel und was weiß ich zu beschreiben. Und es gibt Kunden, die so dreist sind, derartige Texte auch noch mehrmals ändern zu lassen, wenn ihnen etwas daran nicht gefällt oder die Autoren schlecht zu bewerten. Gäbe es ein BGE, würden sicher viele Autoren nur noch schöne Textaufträge annehmen, wenn die nicht gut bezahlt würden, einfach wegen des Spaßfaktors, und den Rest nur dann, wenn mehr als ein Hungerlohn dabei herauskäme.

Das wäre sicherlich in vielen Bereichen der Wirtschaft so.

Nun zu dem Einwand, dass manche Menschen gar nichts mehr täten, wenn es ein BGE gäbe.

Ich glaube, die tun auch schon jetzt nichts, wo wir kein BGE haben.

Wir haben jemand kennengelernt, und zwar unter der Prämisse, sie hätte versucht, Selbstmord zu begehen, weil ihr keiner helfen würde, die anders ist als meine Mutter.

Eins kann sie super, nämlich andere Menschen so zu manipulieren, dass die ein regelrecht schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie sich nicht um sie kümmern. Uns ist das jahrelang nämlich so gegangen. Wir mochten einfach nicht nein sagen, obwohl wir gesehen haben, da ist jemand mit einem zwar starken Übergewicht, die aber wiederum auch wirklich zu faul zu allem ist.

Ich habe noch nie im Leben einen so faulen Menschen wie diese Frau kennengelernt.

Sie hat Kinder bekommen, die überwiegend in Heimen oder bei Pflegeeltern gelebt haben und nur teil weise bei ihr.

Als ich sie kennenlernte, war davor ihre erst 16 Jahre alte Tochter beim Jobcenter Haushaltsvorstand gewesen und ausgerissen, weil die Mama sogar zu faul war, die Termine beim Jobcenter wahrzunehmen, was man heute nicht tun kann, ohne dass dann die ganze Bedarfsgemeinschaft, also auch unschuldige Menschen in so einer Gruppe, sanktioniert werden. Es war ihr offensichtlich egal, dass dieses Verhalten auch ihr Kind trifft.

Ich zeigte ihr, wie man textet, sie wurde auch angenommen, aber sie war auch zu faul, diesen Job länger als nur ein paar Tage durchzuhalten und hat ihn ganz schnell wieder aufgegeben. Übergewicht ist bei unserem Job kein Hindernis, man arbeitet ja am PC. Diese Frau hockt jede Nacht stundenlang vor diversen Online-Games und verschläft die Tage. Sie könnte genauso gut auch am PC jobben statt nur zu spielen.

Sie war zu faul, um auch nur wenige hundert Meter zu Fuß zu gehen, obwohl ich miterlebt habe, dass sie das schaffen kann und mit etwas Training sicherlich auch hätte verbessern können. Sie will es aber nicht. Jammern ist ihre Masche und das Mitleid anderer Menschen zu erregen.

Sie lebt seit sie auf der Welt ist von der Arbeit anderer Menschen, hat früher nur kleine Kellnerjobs gehabt, aber nicht so viele, dass sie heute Frührente bekäme. Sie hat ihre eigene Gesundheit durch ihre Trägheit komplett ruiniert und ist auch nicht bereit, durch eine Kur was daran zu ändern.

Ihr Übergewicht nutzt sie als Alibi, um weder zu arbeiten noch ihren eigenen Haushalt zu machen, selbst zum Einkaufen und für kleine Busfahren in die Stadt ist sie zu faul.

Ich kenne außer dieser Frau niemand mit dieser Mentalität.

Würden solche Menschen die Idee des BGE zunichte machen?

Nein das glaube ich nicht. Diese Person ist eine Ausnahme von der Regel. Menschen, die sogar zu faul sind, den Müll rauszubringen und zum Abwaschen im Sitzen Stunden brauchen, gibt es ganz sicher nicht viele, schon gar nicht im Alter von Anfang 40.

Vielleicht gibt es eine Reihe von Menschen, die nicht mehr Volleit arbeiten würden, wenn es ein BGE gäbe.

Ich glaube, das ist nicht schlimm, denn rein statistisch betrachtet ist sowieso nicht genug Arbeit vorhanden, dass jeder Vollzeit arbeiten könnte.

Viele Pflegetätigkeiten müssen heute in Pflegeheimen erledigt werden. Ein BGE würde das ändern und den Menschen die Möglichkeit geben, sich ohne Probleme selbst um ihre Angehörigen oder andere pflegebedürftige Menschen zu kümmern.

Das gleiche gilt für Kinder, von denen ich denke, dass ihnen eine individuelle Betreuung besser bekäme als das Eingepferchtsein in viel zu früh besuchten Kinderkrippen und Kindergärten. Es entspricht nicht der Mentalität eines Kleinkindes, in großen Gruppen beaufsichtigt zu werden. Vielmehr brauchen kleine Kinder Fürsorge.

Abschließend mus sich sagen, dass ich die Idee des BGE immer noch toll finde. Menschen, die gern arbeiten, würden so ihre Situation schon verbessern können. Es würde weniger Leid für alte und behinderte Menschen geben und Knochenarbeit würde so sicher bald von allein viel besser bezahlt. Und dann würde sie auch gemacht werden.

Da die Menschen arbeiten würden und die meisten deshalb, um sich mehr leisten zu können, würden si das Geld auch wieder ausgeben. Es kämen so genug Steuergelder in die Kassen, um das BGE am Laufen zu halten.

Vielleicht würden Menschen wie die Frau, die uns in den letzten Jahren so ausgenutzt hat und nun sogar mault, weil wir einfach keine Zeit mehr haben, uns von ihr weiter ausnutzen zu lassen, dann trotzdem irgendeinen Dummen finden, der ohne Geld für sie schuftet, weil er sich durch das Gejammer manipulieren lässt .. Menschen mit Helfersyndrom gibt es eben genug auf der Welt, Jürgen und ich sind ja keine Ausnahmen.

Vielleicht würden manche davon auch irgendwann erleben, dass alle nein sagen und müssten ihren Hintern mal selbst vor die Tür bewegen. Verhungern würden sie in diesem Land jedenfalls nicht.

Aber das tun sie auch jetzt nicht.

Aber die Menschen, die gern arbeiten, und ich glaube, das sind die meisten Menschen, die hätten endlich wieder was davon, dass sie es tun, denn jeder verdiente Cent käme zum BGE zusätzlich dazu und müsste nur versteuert werden, was wieder der Allgemeinheit zugute käme.

LG
Renate

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